Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit
hastig. »Ich erkläre dir alles, aber …«
»Dafür ist jetzt keine Zeit«, unterbrach mich Mahoney grob. »Wir müssen unter Deck, und das schnell. Der Sturm wird schlimmer.« Er fuhr herum, half mir auf die Füße und deutete mit einer knappen Kopfbewegung auf die Kajüte. »Gehen Sie runter und verhängen Sie die Fenster«, befahl er. »Und löschen Sie alle Lampen.«
»Tu es, Howard«, fügte ich hinzu.
Howard blickte einen Moment lang verwirrt von mir zu Mahoney und wieder zurück, dann drehte er sich um, riss die Tür auf und verschwand gebückt unter Deck. Die erloschene Sturmlaterne nahm er mit.
Das Boot erbebte unter einer weiteren gewaltigen Woge und das Brüllen des Sturmes steigerte sich noch mehr, obwohl ich das kaum noch für möglich gehalten hatte. Ein dumpfer, krachender Donnerschlag verschluckte für einen Moment das Brüllen der Wogen, dann hörte ich ein helles, elektrisches Knistern, und das blauweiße Licht eines Blitzes verwandelte das Meer in einen Spiegel.
Ich kam nicht einmal dazu, einen Schreckensschrei auszustoßen. Mahoney fluchte ungehemmt, packte mich bei den Schultern und versetzte mir einen Stoß, der mich haltlos durch die offen stehende Kajütentür torkeln ließ. Wie in einer blitzartigen, grauenhaften Vision sah ich meinen Schatten, den verzerrten Schatten des GROSSEN ALTEN, der mit peitschenden Tentakelarmen nach mir zu greifen versuchte und auf den Stufen der kurzen Treppe zerbrach, als ich durch die Tür fiel. Blindlings versuchte ich mich festzuklammern, bekam irgendetwas zu fassen und schrie noch einmal auf, als Mahoney mir einen zweiten Stoß versetzte – der mich vollends die Treppe hinunterfallen ließ – und verzweifelt die Tür hinter sich zuzog.
Jemand ergriff mich bei der Schulter, zog mich auf die Füße und zerrte mich vom Eingang fort. Ich erkannte Howard in dem dunklen Umriss, und neben ihm, selbst in der Dunkelheit nicht zu verkennen, Rowlf.
Draußen zerfetzte ein weiterer Blitz die Nacht. Das grelle Licht drang selbst durch die Vorhänge, mit denen Howard die beiden runden Fenster verhängt hatte, und tauchte die Kajüte in kaltes blaues Licht und harte Schatten. Ich hörte einen Schrei, spürte einen fürchterlichen Schlag zwischen den Schulterblättern und taumelte an Howard und Rowlf vorüber. Schattenarme griffen nach mir. Etwas streifte meine Wange, eiskalt und brennend, und die Luft in der Kajüte wurde schlagartig schlechter. Ich fühlte den Atem des Dinges in mir, seine Gier, seinen Triumph. Wie lange dauerte dieser Blitz?! Ich stolperte, fiel und rollte mich instinktiv zur Seite, schlug die Arme schützend vor das Gesicht und presste mich in den toten Winkel unter den Fenstern, in den schützenden schwarzen Schatten, wo mich das Ding nicht erreichen konnte.
Dann war es vorbei. Das grausame blaue Licht erlosch, und die Kabine versank wieder in gnädiger Dunkelheit. Das Boot erbebte weiter unter den Hieben der Wellen und des Sturmes, aber das Schlimmste war vorüber. Wenigstens für den Moment.
Ein erstauntes Keuchen ließ mich aufblicken. Ich konnte nicht viel erkennen, aber ich sah, wie dicht vor mir zwei Schatten miteinander rangen, und es gehörte nicht viel Phantasie dazu, sich den Rest zusammenzureimen.
»Lass ihn los, Rowlf«, sagte ich. »Bitte.«
Rowlf knurrte irgendetwas, das ich nicht verstand, richtete sich mit einem Ruck zu seiner vollen Größe auf (wobei sein Schädel lautstark mit der Decke der Kajüte kollidierte) und riss Mahoney wie ein Spielzeug in die Höhe.
Mahoney stieß ein ersticktes Keuchen aus und begann mit den Beinen zu strampeln.
»Lass ihn los, Rowlf«, sagte ich noch einmal. »Er hat mich nicht angegriffen, sondern mir das Leben gerettet. Und euch wahrscheinlich auch«, fügte ich hinzu.
»Na gut«, knurrte Rowlf. Seine Hände lösten sich von der Kehle seines Opfers und Mahoney sog mit einem keuchenden Laut die Luft ein. Rowlf packte ihn blitzschnell ein zweites Mal, jetzt aber nur mit einer Hand und ohne ihm dabei den Atem abzuschnüren, zerrte ihn zu sich heran und schwenkte seine gewaltige Faust vor Mahoneys Gesicht.
»Bedank dich bei’em Kleinen, dass ich dir nich gleichn Schädel einschlagn tu’«, grollte er. »Aber wenne keine verdammt gute Erklärung has’, dann …«
»Rowlf!«, sagte Howard streng. »Lass ihn los.«
Rowlf zögerte noch immer, ließ dann aber Mahoneys Kragen los und wich mit einem fast enttäuscht klingenden Seufzer zurück. Mahoney keuchte, taumelte gegen die Wand und
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