Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit
fort.
Mahoney schüttelte den Kopf, seufzte hörbar und schwieg einen endlosen Moment. »Na gut«, sagte er. »Vielleicht sollte ich Ihnen die Wahrheit sagen. Obwohl wir eigentlich keine Zeit haben, um uns mit langen Erklärungen aufzuhalten. Robert ist in Gefahr. Und nicht nur er. Aber bitte.« Er bewegte sich im Dunkeln, ging einen Moment nervös auf und ab und blieb wieder stehen.
»Der Mann, den Bensen als Floyd Mahoney kennt, ist wirklich vor seinen Augen ertrunken«, begann er schließlich. »Er hat Sie nicht belogen, Mister Lovecraft.«
»Tot«, sagte Howard, »sehen Sie nicht gerade aus.«
Mahoney lachte. »Ich bin es auch nicht, mein Wort darauf«, sagte er. »Aber ich bin auch nicht Mahoney. Ich bediene mich seiner, weil er gerade greifbar war und ich dringend einen Körper brauchte.«
»Und wer sind Sie?«, fragte ich. Ich spürte, wie fremd meine eigene Stimme in meinen Ohren klang. Sie zitterte. Plötzlich wurde ich mir der Tatsache bewusst, dass ich die Antwort kannte.
Und dass ich panische Angst vor ihr hatte.
Mahoney wandte langsam den Kopf und sah mich an. Trotz der absoluten Dunkelheit fühlte ich seinen Blick und das spöttische Funkeln, das darin lag.
»Weißt du das wirklich nicht, Robert?«, fragte er.
Ich wollte antworten, aber ich konnte es nicht. Meine Kehle war wie zugeschnürt.
»Du weißt es, nicht wahr?«, fragte er.
»Verdammt, was soll das Theater?«, fragte Howard gereizt. »Wer sind Sie?«
»Er ist ein Freund von dir, Howard«, sagte ich leise. »Dieser Mann ist Roderick Andara. Mein Vater.«
Der Sturm war während der letzten Stunden immer schlimmer geworden; viel schlimmer, als es Bensen überhaupt für möglich gehalten hätte. Er hatte als normales, nicht einmal sonderlich heftiges Gewitter begonnen und sich dann zu einem tobenden Orkan gesteigert, der mit Urgewalt auf die Küste einschlug und das Meer zu drei Meter hohen, schaumigen Wogen aufpeitschte, die brüllend gegen das Ufer anrannten.
Bensen klammerte sich verzweifelt an den Felsen. Seine Finger waren taub vor Kälte und Schmerzen und er fühlte, wie seine Kraft von Augenblick zu Augenblick mehr nachließ. Der Sturm presste ihn wie eine unsichtbare Riesenfaust gegen die Wand, aber die Wogen, die in regelmäßigem Takt gegen die Steilküste anrannten und die gewaltige Felsmasse wie unter einem Hagel titanischer Hammerschläge erbeben ließen, versuchten ihn mit der gleichen Kraft von seinem Halt herab und ins Meer zu zerren. Er spürte, dass er nicht mehr lange durchhalten würde. Diesmal hatte er zu hoch gespielt.
Der Gedanke weckte einen fast kindischen Trotz in Bensen. Er war so dicht davor gewesen! Seine große Chance, der einzige, große Schlag, mit dem er sein ganzes Leben hätte ändern können, heraus aus diesem Dreckskaff und wie ein normaler Mensch in einer der großen Städte im Süden leben … Verdammt, dachte er, sollte wirklich alles umsonst gewesen sein? Er hatte zugesehen, wie einer seiner Freunde ertrunken war, er hatte einen Mann erpresst und einen Mord begangen – und jetzt hockte er zitternd und bis zum Zusammenbruch erschöpft auf einem schmalen Felsvorsprung, hilflos dem Toben der Elemente ausgeliefert, und wartete auf den Tod. Er war zurück zum Hotel gegangen, um noch einmal mit Phillips zu sprechen, aber Phillips war nicht mehr dagewesen und der Portier hatte ihm verraten, dass er bereits ausgezogen war und seine Rechnung bezahlt hatte.
Bensen hatte getobt vor Wut. Es war klar, was Phillips vorhatte: Er hatte erkannt, dass Bensen ihn nach Belieben erpressen konnte, und er hatte das Einzige getan, was er konnte – nämlich sofort gehandelt. Irgendwie hatte er herausbekommen, wo das Wrack lag, und wahrscheinlich versuchte er jetzt seinen Schatz zu bergen, ehe Bensen erneut auftauchen und seine Forderungen stellen konnte.
Wenigstens war es das gewesen, was Bensen geglaubt hatte. Er war wie der Teufel hierher geritten und wieder zum Strand hinabgestiegen, um auf Phillips und seine beiden Begleiter zu warten. Aber Phillips war nicht gekommen.
Stattdessen war der Sturm losgebrochen, so schnell, dass er keine Zeit mehr gefunden hatte, wieder zur Küste hinaufzusteigen und sich in Sicherheit zu bringen.
Eine neue Welle rollte heran, brach sich brüllend an der Steilküste und ließ Bensens Halt wie unter einem Hammerschlag erzittern. Eisiges Wasser überschüttete ihn und zerrte an seinen Händen; er fühlte, wie die Spannung in seinen Muskeln unerträglich wurde, wie sich die Woge
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