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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich ein, immer mehr und mehr, bis aus einem Wesen zwei geworden waren, nur noch durch einen haarfeinen Faden miteinander verbunden. Schließlich riss auch er.
    Eine der beiden Hälften – die kleinere – begann sich zusammenzuziehen. Der graue Schleim ballte sich zu einem Klumpen, bildete Arme, Beine, einen Kopf – alles roh und nur angedeutet wie bei einer Lehmskulptur, die nur in Ansätzen fertig geworden war, aber doch erkennbar. Es war, als wolle es die Gestalt des Menschen, den es verschlungen hatte, nachbilden.
    Wieder erstarrte die Masse, als brauche sie Zeit, um neue Kraft zu sammeln, und wieder vergingen Stunden. Dann begannen sich die zwei Wesen, zu denen die Riesenzelle geworden war, zu bewegen, in verschiedenen Richtungen. Die größere, noch immer formlose Hälfte kroch weiter auf den Wald zu und absorbierte dabei alles, was ihr in den Weg kam. Nur Steine und leblose, bis in eine Tiefe von fast einem halben Meter steril gewordene Erde blieben auf seinem Weg zurück.
    Der zweite, menschenähnliche Teil erhob sich schwankend auf die Füße und wandte sich nach Norden, zum Meer. In die Richtung, aus der er den Ruf seines Herrn vernommen hatte.
    Langsam, mit ungeschickten, tapsenden Schritten, setzte sich der Shoggote in Bewegung …
     
    Der Stollen schien kein Ende zu nehmen. Die Decke war so niedrig, dass wir nur stark gebückt gehen konnten, und mehr als einmal blieb Mahoney stehen und räumte fluchend und schnaufend Steine und Erdreich beiseite, die von der Decke gefallen waren, damit wir überhaupt weiter kamen.
    Ich wusste nicht, wie lange wir schon hier unten waren. Mein neuer Kampfgefährte hatte mich durch die Sakristei der Kirche in einen winzigen, mit Gerümpel und Abfällen vollgestopften Kellerraum geführt, von dem aus eine ausgetretene Steintreppe weiter in die Tiefe geführt hatte. Dort hatten wir gewartet, Stunde um Stunde, wie es mir vorgekommen war, bis Mahoney seine Uhr gezogen und verkündet hatte, dass draußen die Sonne untergegangen und es nun Zeit sei, loszugehen. Ich hatte ein paarmal versucht, mit ihm zu reden und mehr über ihn in Erfahrung zu bringen, aber er hatte mir stets nur ausweichend oder gar nicht geantwortet. Irgendwann hatte ich aufgegeben. Aber meine Lage gefiel mir mit jedem Augenblick weniger. Es war nicht sehr erbaulich, auf Gedeih und Verderb einem Mann ausgeliefert zu sein, von dem man nichts wusste als seinen Namen.
    Seitdem tasteten wir uns durch den Gang. Ich hatte vergeblich versucht mich darauf zu besinnen, wie weit die Kirche vom Hafen entfernt war – ich hatte nicht viel von Durness gesehen; eigentlich nur das, was vom Fenster meines Hotelzimmers aus sichtbar war –, aber nach meiner Schätzung mussten es mindestens zwei Meilen sein, wenn nicht mehr. Wenn der Tunnel wirklich noch aus der Zeit der Wikinger stammte, dann hatten die Menschen damals eine erstaunliche Leistung vollbracht.
    Der Gedanke führte einen anderen, weniger angenehmen im Geleit: Wenn der Tunnel wirklich so alt war, dann war das, was Mahoney und ich hier taten, mehr als nur lebensgefährlich. Wir waren immer wieder an Stellen vorbeigekommen, an denen die Decke oder Teile der Seitenwände eingebrochen waren, und mehr als nur einmal hatten wir uns mit bloßer Gewalt Durchgang verschafft. Dabei reichte hier unten wahrscheinlich ein Husten im falschen Moment, das ganze baufällige Gewölbe einstürzen zu lassen …
    Ich verscheuchte die Vorstellung und konzentrierte mich ganz auf die Geräusche, die ich vor mir hörte. Es war stockdunkel hier unten und obwohl Mahoney eine Lampe aus dem Kirchenkeller mitgenommen hatte, wagten wir es nicht, Licht zu machen. Aber ich konnte mich ganz gut an den Geräuschen seiner Schritte und seinen Atemzügen orientieren.
    Mahoney blieb plötzlich stehen und berührte mich an der Schulter. »Wir sind fast da«, sagte er. »Noch alles okay?«
    Ich nickte, ehe mir einfiel, dass er die Bewegung ja im Dunkeln nicht sehen konnte. »Ja«, sagte ich. »Wenn ich hier bald rauskomme, schon. Ich fühle mich, als wäre ich lebendig begraben.«
    Mahoney lachte leise. »Wir haben es gleich überstanden. Vor uns ist die Treppe.« Er schwieg einen Moment, und ich hörte, wie er sich hin und her bewegte und Steine und herabgestürzte Balken aus dem Weg räumte. »Das Beste ist, ich gehe erst einmal allein nach oben und sehe nach, ob Lovecraft und sein Diener schon da sind.«
    »Er wird da sein«, sagte ich. Meine Stimme klang fast zu überzeugt. In Wahrheit hatte ich

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