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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gleich neben der Tür stand ein rußgeschwärzter Kohleherd neben einem offenen Regal, in dem sich eine Anzahl verbeulter Töpfe und wenige Tassen und Teller stapelten. Ein Schrank, ein Tisch mit vier wackeligen Stühlen und zwei niedrige Betten stellten die gesamte übrige Einrichtung dar.
    Aber es bereitete mir Mühe, das Bild überhaupt aufzunehmen. Das Gefühl des Widerwillens, das ich auf der Treppe verspürt hatte, hatte sich fast ins Unerträgliche gesteigert. Mein Atem ging schnell und stoßweise und ich musste die Fäuste ballen, um das Zittern meiner Hände zu verbergen. In diesem Zimmer war etwas. Etwas Fremdes, Böses, Lauerndes. Es war keine Einbildung. Ich spürte überdeutlich, dass außer uns und Miss Winden und ihrer Tochter noch irgendetwas im Zimmer war.
    »Doktor Phillips.« Sean warf Howard einen raschen, fast beschwörenden Blick zu, nickte dann übertrieben und deutete mit der Hand auf eine vielleicht vierzigjährige, schlanke Frau, die bisher auf dem Rand eines der Betten gesessen hatte und bei unserem Eintreten aufgestanden war. »Miss Winden, meine Wirtin.« Er drehte sich um, und ich sah, wie der ernste Ausdruck auf seinen Zügen von einem wirklich herzlichen Lächeln abgelöst wurde. Er musste diese Frau sehr mögen. »Miss Winden, das ist Doktor Phillips. Er möchte nach Sally sehen.«
    »Doktor?« Ein schwacher Schimmer von Hoffnung glomm in den dunklen Augen der Frau auf. »Sind Sie Arzt?«
    Howard schüttelte hastig den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich bin Wissenschaftler, Miss Winden. Die beiden Herren sind mein Leibdiener und mein Neffe.« Er deutete auf das Bett. »Ihre Tochter, nehme ich an.«
    Ich sah die schmale Gestalt hinter Miss Winden erst jetzt. Trotz des heruntergekommenen Zustandes der Wohnung war das Bett mit sauberen weißen Laken bezogen, auf denen das schmale Gesicht des Mädchens fast unsichtbar war. Trotz des schlechten Lichtes erschrak ich, als ich sah, wie bleich ihre Haut war.
    Als Miss Winden nicht antwortete, trat Howard ohne ein weiteres Wort um das Bett herum, ließ sich auf seiner Kante nieder und streckte die Hand nach dem Gesicht des Mädchens aus. Ihre Augen standen offen und bewiesen, dass sie nicht schlief oder das Bewusstsein verloren hatte, aber sie reagierte trotzdem nicht auf die Berührung, als Howards Finger über ihre Wange strichen.
    »Robert.« Howard sah auf und winkte mir heranzutreten. Ich nickte, machte einen Schritt und blieb stehen. Howard sah mich irritiert an, besaß aber gottlob genügend Geistesgegenwart, nichts zu sagen, sondern sich rasch wieder über das Mädchen zu beugen.
    Meine Knie zitterten. Das Gefühl der Bedrohung steigerte sich ins Unerträgliche; ich musste all meine Willenskraft aufbieten, um nicht herumzufahren und aus dem Zimmer zu stürzen, so schnell ich konnte.
    Und plötzlich wusste ich, woher dieses Gefühl kam, wo die Quelle dieser fremden, unsagbar bösartigen Ausstrahlung war.
    Es war das Mädchen.
    Ihre Augen waren weit geöffnet, und ihr Blick war starr in den meinen gerichtet. Und was ich darin las, war ein so grenzenloser Hass, dass ich innerlich aufstöhnte, eine unbeschreibliche Wut auf alles Lebende, Fühlende. Hass, der die Grenzen des Vorstellbaren überstieg und fast körperlich spürbar war.
    Und dieser Hass galt mir.
    Mit aller Kraft, die ich aufzubringen imstande war, machte ich einen weiteren Schritt auf das Bett zu. Das Gesicht des Mädchens zuckte. Blasiger dünner Schaum erschien auf ihren Lippen, und ein tiefer, stöhnender Laut entrang sich ihrer Brust. Ihre Hände krümmten sich auf der Decke zu Krallen, die Fingernägel zerrissen den Stoff.
    »Geh«, keuchte sie. »Geh … weg von … mir.«
    Der Klang ihrer Stimme ließ mich frieren.
    Es war nicht die Stimme eines jungen Mädchens; nicht einmal die einer Frau. Was wir hörten, war ein misstönendes, schauriges Krächzen, in dem die einzelnen Worte kaum zu verstehen waren, ein Laut, als versuche ein Tier, dessen Stimmbänder nicht dafür gedacht waren, zu sprechen.
    Ich machte einen weiteren Schritt, dann noch einen und noch einen, blieb neben dem Bett stehen und sank langsam in die Hocke. Sallys Augen weiteten sich; ein gurgelnder, fürchterlicher Laut kam über ihre Lippen und ihre Hände zuckten, als wolle sie nach mir schlagen. Howard blickte irritiert zwischen mir und dem Mädchen hin und her. Das stumme Duell zwischen uns war ihm nicht entgangen.
    »Geh … weg«, gurgelte Sally. »Geh weg von … mir.«
    »Sie phantasiert«, sagte

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