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Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Titel: Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und Howard waren die Dinge schlimm genug; für McMudock und die anderen Männer mussten sie hundertmal entsetzlicher sein. Was sie sahen, war ein Stück aus einer anderen Welt, einer Welt, die ihnen vollkommen fremd und unbegreiflich sein musste. Im Grunde war es ein Wunder, dass noch keiner von ihnen zusammengebrochen war oder eine Kurzschlusshandlung begangen hatte. Aber das konnte noch kommen. Der winzigste Anlass mochte genügen, die unerträgliche Spannung zur Explosion zu bringen.
    »Ich komme mit«, sagte ich. McMudock nickte stumm, bückte sich nach einer der Äxte, die Brennans Männer mitgebracht hatten, und reichte sie mir. Er selbst zog ein fast unterarmlanges Messer aus dem Stiefel und grinste, als er meinen erschrockenen Blick bemerkte. Er musste die Waffe die ganze Zeit bei sich getragen haben. Howard und ich hatten es nicht einmal gemerkt.
    Einer der Männer aus Durness schloss sich uns an, als wir aus dem Haus traten und uns nach rechts wandten, um den Schuppen auf der Rückseite des Gebäudes zu erreichen.
    Es wurde hell. Die Dämmerung ließ graues Licht durch die niedrig hängende Wolkendecke sickern, in der schwachen Helligkeit wirkte der Anblick unwirklich und Furcht einflößend.
    Der Wald war kahl geworden. Unterholz und Bäume waren nicht verschwunden wie auf der Lichtung, die wir während der Nacht überquert hatten, aber sie waren nackt, nirgendwo war der kleinste Tupfer von Grün zu sehen. Die Büsche standen wie nackte knotige Gebilde aus Stacheldraht auf dem Waldboden und die Kronen der mächtigen, hundert Jahre alten Eichen reckten sich wie grauschwarze, metallene Krallen in den Himmel. Blattwerk, Moos und Flechten waren verschwunden.
    So wie das Gras.
    Statt des aufgeweichten grünen Teppichs, über den wir am Abend zuvor auf die Hütte zugegangen waren, bot sich unseren Blicken ein schwarzes, glänzendes Etwas dar, ein dichter, fast wadenhoher Teppich aus ineinander verwachsenen Wurzeln und Fäden. Und er bewegte sich.
    Ein Gefühl unbeschreiblichen Ekels stieg in mir hoch. Die Bewegung war im Einzelnen nicht wahrzunehmen – sah man genauer hin, dann lagen die fingerdünnen Stränge reglos und wie tot da –, aber im Ganzen war die braunschwarze Masse von einer mühsamen, pulsierenden Bewegung erfüllt. Wie Würmer, dachte ich. Es sah aus, als wäre die Lichtung von einem gewaltigen, lebenden Teppich schwarzer, ekelhafter Würmer bedeckt. Instinktiv packte ich die Axt fester.
    Vorsichtig begannen wir das Haus zu umrunden. Die Front des schwarzen Wurzelteppichs war näher gekommen und jetzt kaum noch drei Schritte vom Haus entfernt. Auf der Vorderseite.
    Als wir das Haus umrundet hatten, sahen wir, dass sie auf der Rückseite der windschiefen Hütte bis an die Wände herangekommen und zum Teil bereits daran emporgekrochen waren …
    »Mein Gott!«, keuchte McMudock. »Die Pferde!«
    Ich begriff sofort, was er meinte. Der Schuppen, in dem zuerst wir und später auch Brennans Leute ihre Pferde untergestellt hatten, war unter einer mächtigen, sanft pulsierenden Masse der schwarzen Wurzeln verschwunden, ein dichtes, undurchdringliches Netz, das das kleine Brettergebäude fast zur Gänze überwuchert hatte. Die Tür war kaum mehr zu erkennen.
    »Schnell!«, befahl McMudock. »Wir müssen die Tiere herausholen!«
    Wir rannten los. Meine Füße verfingen sich immer wieder in den Wurzeln und plötzlich musste ich mich mit aller Macht gegen die bizarre Vorstellung wehren, die Wurzeln wie dünne schwarze Finger nach meinen Knöcheln tasten zu sehen, um mich festzuhalten, damit sich der Boden auftun und mich verschlingen konnte. Ich versuchte die Vorstellung abzuschütteln, aber es ging nicht; im Gegenteil. Die Angst wurde stärker.
    McMudock schwang mit einem wütenden Brüllen sein Messer, als wir den Schuppen erreichten. Die Klinge fuhr mit einem saugenden Geräusch in die verfilzte Wurzelmasse, aber der geschliffene Stahl vermochte die täuschend dünnen Stränge kaum zu durchtrennen. Hastig trat ich neben ihn, packte mein Beil mit beiden Händen und schlug zu, so fest ich konnte.
    Es war fast aussichtslos. Zu dritt hackten und schlugen wir auf den Pflanzenteppich ein, aber die dünnen Ranken schienen zäh wie Draht zu sein; wir schienen Ewigkeiten zu brauchen, um ein Stück der Tür zu befreien, und es kam mir vor, als wüchse die Masse schneller nach, als wir sie wegzuhacken in der Lage waren.
    Schließlich hatten wir die Tür wenigstens notdürftig befreit. McMudock zerrte den Riegel

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