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Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Titel: Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mir leicht und gleichmäßig ins Gesicht. Die Schläge taten nicht wirklich weh, aber sie waren lästig, und nach einer Weile öffnete ich widerstrebend die Augen. Ich lag rücklings ausgestreckt auf dem Boden und Howard kniete neben mir und schüttelte und schlug mich unentwegt.
    »Ist ja gut«, murmelte ich und hielt seine Hand fest. »Ich bin wach. Du brauchst mich nicht wieder bewusstlos zu prügeln. Was ist passiert?«
    »Außer, dass du vor Angst in Ohnmacht gefallen bist, nichts«, antwortete Howard lächelnd. »Bist du okay?«
    Ich vermochte die Frage nicht gleich zu beantworten. Hinter meiner Stirn schien sich ein großes, finsteres Mühlrad zu drehen und meine Schultern und Arme schmerzten, aber ich nickte vorsichtshalber erst einmal, setzte mich auf und sah mich um.
    Die tote Baumkreatur lag wenige Schritte neben mir und sie war jetzt wirklich nicht mehr als ein Stück lebloses Holz. Der dämonische Zauber, der sie beseelt hatte, war von ihr gewichen. Ich konnte nicht lange bewusstlos gewesen sein. Da und dort glommen noch immer Funken in der bizarren Karikatur eines menschlichen Körpers und Rowlf und zwei von den Männern aus Durness waren noch dabei, die kleinen Brandherde auszutreten, die die Spur des Unheimlichen markierten.
    »Was ist passiert?«, fragte ich noch einmal.
    Diesmal verzichtete Howard darauf, mit einem dummen Witz zu antworten, sondern half mir beim Aufstehen, zuckte mit den Achseln und stieß den erstarrten Körper mit der Fußspitze an. »Ich habe keine Ahnung«, sagte er. »Ich stand hinter dir und … ihm, als es geschah. Ich hatte gehofft, du wüsstest es.«
    Enttäuscht starrte ich ihn an, aber alles, was ich in seinem Blick las, war Ratlosigkeit. »Ich kann es genauso wenig erklären wie du«, antwortete ich. »Ich dachte schon, es wäre aus, und plötzlich …« Ich stockte. Während ich die Worte sprach, schien die fürchterliche Szene noch einmal vor meinem inneren Auge abzulaufen, in jeder schrecklichen Einzelheit. Ich sah noch einmal, wie der Dämon wie eine lebende Fackel auf mich zustürmte, wie ich stürzte und dabei den Toten mit mir riss, wie …
    »Der Shoggote!«, sagte ich. »Er … er hat den toten Shoggoten berührt, Howard. Das muss es sein. Er starb im gleichen Moment, in dem er ihn berührte!«
    Howard starrte mich einen Moment zweifelnd an, dann fuhr er herum, fiel auf die Knie und wälzte den Holzdämon mühsam auf den Rücken.
    »Dort!« Ich deutete auf seine Hand. Sie war in der gleichen Haltung erstarrt, in der er zugeschlagen hatte – die Finger zu einer fünfzackigen Klaue gespreizt. Und an seinen Nägeln klebten noch winzige Fetzen der grauen Protoplasmamasse, in die sie sich gegraben hatten. Ich wollte die Hand danach ausstrecken, aber Howard schlug meinen Arm mit einer erschrockenen Bewegung zur Seite.
    »Nicht berühren!«, keuchte er.
    Ich zog die Hand so hastig zurück, als hätte ich sie mir verbrannt. Es war nicht das erste Mal, dass Howard mich warnte, den toten Shoggoten zu berühren. Aber ich kam auch diesmal nicht dazu, ihn nach dem Grund seiner Warnung zu fragen.
    Denn in diesem Moment erscholl aus dem Erdgeschoss ein markerschütternder Schrei!
    »Mary!«, keuchte ich. »Das ist …«
    Howard sprang auf, ehe ich den Satz zu Ende bringen konnte. Der Schrei wiederholte sich nicht, aber dafür ertönte jetzt aus dem Erdgeschoss ein fürchterliches Kratzen und Schaben, ein Geräusch, als scharrten Millionen chitingepanzerter, harter Insektenbeine über Holz und Erdreich, und als ich auf die Treppe zustürzte, glaubte ich, das Haus unter meinen Füßen wie unter einem Hieb vibrieren zu fühlen.
    Dicht hinter Howard und Rowlf stürzte ich die Treppe herab – und erstarrte!
    Es war vollends hell geworden und im goldglänzenden Licht der Morgensonne war das furchtbare Geschehen in aller Deutlichkeit zu erkennen.
    Durch die Tür, die zerborstenen Fenster, ja selbst durch winzige Risse und Löcher in den Außenwänden des Hauses quoll eine schwarze, pulsierende Masse herein. Das Wurzelgeflecht, das aus dem Boden gequollen war und das Haus umzingelt hatte! Aber es bewegte sich jetzt nicht mehr nur scheinbar, sondern kroch mit unglaublicher Geschwindigkeit über den Boden, fast so schnell, wie ein Mensch laufen konnte, und es wuchs dabei unaufhörlich. Aus der knöcheltiefen Schicht, die ich draußen vor dem Haus gesehen hatte, war eine halbmeterhohe schwarze Woge geworden, eine Masse so dicht ineinander verfilzter Strünke und Wurzelfäden, dass sie

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