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Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Titel: Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie. Es war kein gewöhnlicher Nebel; ich hatte das Gefühl, geschmacklosen Sirup zu inhalieren. Einen fürchterlichen Moment lang glaubte ich zu ersticken, aber dann fühlte ich mich plötzlich auf die Füße gerissen und von kräftigen Armen geschüttelt.
    »Reißen Sie sich zusammen, Mann!«, herrschte mich eine barsche Stimme an.
    Eine Männerstimme!
    Mühsam hob ich den Blick.
    Die Rattenfrau war verschwunden, hatte sich wie eine Illusion verflüchtigt und das Heer der Alptraumgestalten mit sich genommen. Ihren Platz hatte ein Riese eingenommen, ein Mann, der mich um Haupteslänge überragte. Ich hatte alles erwartet, eine Horrorfratze, die Tentakel eines urzeitlichen Monsters, aber nicht das …
    »Sean!«, krächzte ich.
    Meine Stimme hatte kaum noch etwas Menschliches. Die Luft, die ich ausstieß, mischte sich mit Nebelschwaden.
    Wortlos starrte ich in das Gesicht des Mannes, den ich zuletzt in Durness gesehen hatte.
    Und der sich dann als Reinkarnation meines toten Vaters Roderick Andara entpuppt hatte!
     
    Es war ein strahlend schöner Tag gewesen und Pri hatte in Begleitung von Mrs. Sunday einen Spaziergang durch die großzügig angelegte Gartenanlage machen dürfen. Die Sonnenstrahlen hatten ihre Haut gekitzelt und sie mit Bedauern daran denken lassen, dass jetzt der Winter einkehren würde. Die Freude über den Sonnentag war noch nicht einmal durch Dr. Baltimore getrübt worden, der sie heute erstaunlicherweise in Ruhe gelassen hatte.
    Als sie jetzt die gleichmäßigen, schmalen Stufen aus spiegelndem Stein hinabstieg, hatten ihre Schritte wieder etwas von der alten Kraft an sich, und die Gedanken, die sie in den letzten Monaten gequält hatten, waren in den Hintergrund getreten.
    Dr. Baltimore war ein schlechter Mensch, der ihr unbedingt einreden wollte, dass sie krank war. Dabei war er es, der krank war und Hilfe brauchte, darüber waren sich alle einig. Er hielt sie hier wie Gefangene und nur wer auf den schwarzen Grund seiner Seele zu blicken vermochte, konnte ahnen, warum er das tat.
    Pri hatte ihm nichts getan und sie hatte auch sonst niemandem etwas getan. Es war böse und gemein, sie trotzdem hier festzusetzen. Draußen wartete die große Welt auf sie und sie hatte sich geschworen, sie nicht ewig warten zu lassen.
    Es würde der Tag kommen, an dem diese Festung fallen würde. Acorn, Santers und sie selbst bildeten eine starke, zentrale Kraft, der sich auch Dr. Baltimore nicht entziehen konnte.
    Sie kicherte bei dem Gedanken daran, was der gute Doktor sagen würde, wenn er wüsste, wohin sie jetzt gerade ging. Das Haus lag im Schlaf und natürlich war es den Patienten nicht gestattet, nachts geheime Versammlung abzuhalten. Noch dazu diese Art von Versammlungen, zu der sie sich zusammenfanden.
    Wie nannte es doch Acorn gleich? Es hatte irgendetwas mit Messe zu tun. Ja, richtig, Schwarze Messe, das war es. Sie flehten die Kräfte des Bösen um Unterstützung an, um dem Treiben des Doktors Einhalt zu gebieten.
    Pri erreichte das Ende der Treppe und tastete sich vorsichtig durch das Dunkel des Kellergewölbes weiter. Sie durften hier kein Licht machen, wenn sie nicht auffallen wollten. Vom Personal wusste niemand etwas von dem alten Gewölbe, oder wenn sie es wussten, mieden sie es. Ein Glück für die Mitglieder der Schwarzen Verbindung, wie Acorn ihre kleine Gruppe nannte.
    Er war ein schrecklich pedantischer Kerl und musste immer für alles einen Namen haben. Und er war ein wenig unheimlich, aber gerechterweise musste sich Pri eingestehen, dass sie ohne ihn gar nicht so weit gekommen wären.
    Sie war nur noch ein paar Meter von der Abzweigung entfernt, die zu ihrem geheimen Treffpunkt führte, als sie ohne Vorwarnung von einem Schwindelanfall überrascht wurde.
    Von einem Moment auf den anderen verlor sie vollkommen die Orientierung, und eine Welle der Übelkeit brach über ihr zusammen. Sie hielt keuchend an und suchte an der rauen Wand des Ganges Halt. Feurige Kreise tanzten vor ihren Augen. Ihr Atem ging stoßweise, setzte kurze Zeit ganz aus und beruhigte sich dann nur langsam.
    Sie glaubte einen Mann vor sich zu sehen, einen Mann mit einem gezackten weißen Haarstreifen und einem grausigen Ausdruck in den Augen. Ein Mann, der sie vernichten wollte.
    »Nicht«, keuchte sie und streckte abwehrend die Hände aus.
    Der Mann kam näher – sie spürte es, er kam seit Tagen näher, und er würde nicht ruhen, bis er sie vernichtet hatte! Es war etwas Bekanntes und Vertrautes in seiner Art, aber auch

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