Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire
Frage, aber ich würde doch gerne wissen, wie Sie diese eigenartige Unsichtbarkeit erzeugt haben«, sagte ich.
»Mit Magie, Mister Craven«, antwortete er herablassend. »Durch die Macht über Zauberkräfte, die Sie weder kennen noch verstehen dürften. Damit habe ich uns beide für menschliche Augen unsichtbar gemacht und Sie gleichzeitig durch ein Scheinbild ausgetauscht. Der Rest war ein Kinderspiel!«
»Und wie lange, glauben Sie, werden Yaccur und Sidos auf meinen Doppelgänger hereinfallen?«
»Auf alle Fälle so lange, bis wir uns in das von mir vorbereitete Versteck zurückgezogen haben, in dem uns auch Adurias, die mächtigste Kreatur dieses Labyrinths, nicht finden wird«, erklärte er mit verächtlich klingender Stimme.
»Die Kreatur der Labyrinths? Wer ist das?«
Morjaerd runzelte die Stirn, als fühle er sich durch meine Neugier aufs Höchste belästigt. »Das werden Sie erfahren, wenn es an der Zeit ist. Jetzt müssen wir erst einmal weiter«, sagte er kurz angebunden, wandte sich um und klatschte einmal in die Hände. Ein untersetzter Mann trat hinter einer Säule hervor, verbeugte sich vor ihm und öffnete uns die Tür ins nächste Zimmer.
»Das ist mein Diener Arne Sten«, stellte mir Magnus Morjaerd den Mann vor und ließ sich die große Ledertasche reichen, die Arne Sten mit sich schleppte. Er warf einige magische Utensilien, die er wohl für den Unsichtbarkeitszauber gebraucht hatte, hinein und bedeutete mir, ihm zu folgen.
Er führte mich durch mehrere große Barockräume, deren Wände und Decken unter ihrer Gold- und Stuckverzierung beinahe zusammenbrachen. Ich fühlte mich müde und zerschlagen und jetzt, nachdem die unmittelbare Gefahr vorüber war, begann sich mein Körper wieder zu melden; mein Gaumen schmerzte vor Durst und in meinem Magen machte sich ein Hungergefühl breit, das beinahe an Übelkeit grenzte. Ich blieb stehen, sah Morjaerd Verzeihung heischend an und bat ihn um einen Schluck Wasser.
Aber der Magier schüttelte nur bedauernd den Kopf. »Ich fürchte, in Dingen wie Essen und Trinken kann ich Ihnen nicht dienen, Craven«, sagte er. »Wir Labyrinthgeschöpfe ernähren uns auf … andere Weise.«
Verwirrt starrte ich Morjaerd und sein Faktotum an und wieder fiel mir der sonderbare, kaum in Worte zu kleidende Unterschied zwischen ihnen und wirklichen, lebenden Menschen auf. Mit einer Mischung aus Furcht und einem Gefühl matter Neugier musterte ich meine beiden Begleiter noch einmal genauer, gründlicher.
Natürlich waren sie keine Zombies, dazu sahen sie noch zu sehr wie Menschen aus. Ich glaubte auch nicht, Widergänger oder Vampire vor mir zu haben. Und doch unterschieden sich Morjaerd und sein Diener in irgendeiner Art von lebenden Menschen. Es war weniger die Kälte, die sie verströmten, nicht einmal ihre Augen, die wie gläserne Murmeln aussahen, sondern vielmehr ihre Bewegungen, die seltsam müde und kraftlos wirkten.
Ich erinnerte mich an die Dame in dem Herrenhaus, wo ich zum ersten Mal mit Croff, Sidos und Yaccur gekämpft hatte. Sie war mir schon so leblos vorgekommen. Noch schlimmer war es bei den Gläubigen in der Kirche gewesen, die wie Marionetten in einem obskuren Puppenspiel gewirkt hatten.
»Warum nennen Sie sich Labyrinthgeschöpfe? Was ist mit Ihnen geschehen?«, fragte ich.
Morjaerd zog unwirsch die Augenbrauen zusammen. »Ich sagte Ihnen doch schon: alles zu seiner Zeit!«
Wir kamen durch eine weitere Tür und standen plötzlich in einer düsteren, rußigen Kate. Ihr Boden war dick mit halb verfaulten Binsen bestreut. Die Platte des schmutzigen Tisches war gesprungen und der Schemel, der davor stand, besaß nur noch drei Beine. In der Ecke war ein wirres Strohlager aufgeschichtet, das nach Schweiß und menschlichen Ausscheidungen stank.
Ich konnte mir keinen stärkeren Gegensatz zu den prunküberladenen Räumen vorstellen, durch die wir eben gekommen waren. War dies das Versteck, in das Morjaerd mich bringen wollte?
Doch da räumte Arne Sten auf einen Befehl seines Herrn die schmutzigen Binsen beiseite und öffnete eine Falltür, die darunter zum Vorschein kam. Der Luftschwall, der aus der Öffnung quoll, roch ausnahmsweise nicht nach Moder und Fäulnis, sondern brachte den Geruch von feuchter Erde mit sich.
»Diesen Weg hier kennen nicht einmal Adurias und seine Kreaturen«, erklärte Morjaerd stolz, wandte sich um und machte Anstalten, unverzüglich in die Tiefe zu steigen. Ich fasste ihn am Arm und hielt ihn auf.
»Können Sie mir jetzt
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