Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Titel: Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
stand ein kahlköpfiger Mann auf, der sofort die Aufmerksamkeit aller anderen auf sich zog. Er trat vor den Hochsitz, verbeugte sich vor dem Fürsten, der darauf saß, und begann dann mit klangvoller Stimme raue Verse vorzutragen. Auch die Sklaven richteten ihre Blicke nach vorne, und Shannon stellte fest, dass sie die Hunde zum Schweigen brachten.
    In die Stille fielen die Worte des Skalden wie Trommelschläge. Sie fesselten sogar Shannon, der sich durch das Spiel von Licht und Schatten wand, das die Flammen auf Wände warfen.
    »Skallagrimson, du verstehst es, deinen König zu preisen!«, rief der goldhaarige Mann auf dem Thron, als der Skalde wieder schwieg. Er war von den Versen sichtlich geschmeichelt, denn er streifte seinen goldenen Armreif ab und warf ihn dem Skalden zu. Dieser fing den Ring geschickt auf und verbeugte sich erneut.
    »Ich danke Euch für das Gold, König Harald. Doch müsstet Ihr Euch für die Verse selber danken. Denn es ist Euer Ruhm, der sie in meinem Munde formt!«
    Die Antwort des Königs hörte Shannon nicht mehr. Er nutzte den Augenblick aus, in dem die Aufmerksamkeit der Wächter ganz auf den Hochsitz gerichtet war, und huschte durch das offene Tor ins Freie.
    Im nächsten Moment versank er hüfttief in nassem Schnee. Beim nächsten Schritt aber fand er sich auf einem ebenen, von einem silbrigen Himmel überspannten Platz wieder. Sein Blick fand keinen Horizont. Doch er fühlte, dass es hier Grenzen gab, die sein Geist nicht mehr erfassen konnte.
    Er trat unsicher in die Ebene hinaus und überlegte, aus welchem Material der Boden unter seinen Füßen bestand. Denn es war weder Erde noch Stein noch Metall. Noch während er den Boden betrachtete, entdeckte er in der Ferne einen Mann. Obwohl dieser wie von einem Wasserschleier verdeckt war, atmete Shannon erleichtert auf und strich mit den Fingerspitzen fast zärtlich über den Griff seines Dolches.
     
    Der magische Kompass zog mich auf das Schallloch zu, durch das Arne Sten gestürzt war, und ich folgte ihm unsicher. Sollte ich etwa die vierzig oder fünfzig Meter bis zum Fuß des Turms an der Mauer draußen hinabklettern?
    Als ich jedoch hinausschaute, verwandelte sich das Schallloch in eine Tür, die auf eine schier endlose Ebene hinausführte. Um mich zu vergewissern, ob das, was ich sah, auch der Realität entsprach, warf ich einen Stein hinaus. Er fiel auf das spiegelnde Pflaster und kollerte einige Schritte weit auf den Platz hinaus. Als ich dann ins Freie trat, begann sich vor mir eine Art Pagode aus dem Nichts zu schälen.
    Zuerst sah das Bauwerk aus, als wenn es durch einen Schleier oder einen Wasserfilm verdeckt würde. Doch mit jedem Meter, den ich darauf zuging, nahm es handfestere Konturen an. Ich fühlte mich immer mehr in eine jener kolorierten Daguerrotypien über Asien versetzt, die ich vor einiger Zeit gesehen hatte. Denn vor mir stand eine naturgetreue Kopie des Palastes des himmlischen Friedens aus der Verbotenen Stadt von Peking.
    Es war absurd, dass ausgerechnet dieses Filigranwerk aus glasierten Ziegeln, vergoldeten Balken und dem drachengeschmückten Dach das äußerliche Symbol finsterster Macht darstellte. Doch aus jedem Fenster und jeder Tür des Palastes kroch schwarzer Nebel und breitete sich über die Ebene aus.
    Innerhalb kürzester Zeit hatten mich die Schwaden erreicht und leckten gierig an meinen Schuhen. Der Nebel strahlte so einen Hunger nach Leben aus, dass ich angeekelt zurückwich. Was immer auch hier entstanden war, es hatte Kräfte entwickelt, die selbst einen Yog-Sothoth vor Probleme stellen würden.
    Ich fühlte mich mehr als nur hilflos. Bisher hatte ich immer einen Ausweg aus dem schlimmsten Schlamassel gefunden. Reichten meine eigenen Kräfte nicht aus, waren Howard und Rowlf für mich eingesprungen. Aber hier musste ich ohne jede Hilfe den Kampf mit dieser Ballung schwärzester Magie aufnehmen. Ich hatte das ungute Gefühl, dass ich hier auf einen Gegner gestoßen war, der alles, womit ich es bisher zu tun gehabt hatte, an Macht übertraf.
    Inzwischen hatten mich die Nebelschwaden eingekreist. Und es war kein normaler Nebel. Dunkle, auf und ab hüpfende Schatten tanzten hinter den grauen Schwaden, dann glaubte ich einen großen, grässlich verzerrten menschlichen Umriss zu erkennen und plötzlich schoss etwas wie ein glühender Feuerball auf mich zu, wurde zu einem irisierenden Stein, der in so rascher Folge seine Konturen änderte, dass es aussah, als wenn er aus allen möglichen und

Weitere Kostenlose Bücher