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Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Titel: Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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an, die in geradezu unverschämter Harmlosigkeit an der Wand hinter mir thronte. Für einen Moment glaubte ich, ein leises, schabendes Kratzen durch das fingerdicke Eichenholz zu hören. Ich konnte das Gefühl nicht begründen – aber die Ahnung, dass die Ereignisse der Nacht in direktem Zusammenhang mit der verunglückten Seance standen, wurde immer drängender.
    Schließlich löste ich meinen Blick von der Uhr, wandte mich an Lady Audley und starrte sie abermals sekundenlang an, ohne etwas zu sagen.
    Nach einer Weile lächelte sie, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Ich habe mich erkundigt«, sagte sie. »Der nächste Zug geht um acht Uhr fünfzehn.«
    »Worauf warten wir dann noch?«, fragte Howard.
     
    Während im Haus die Dienerschaft allmählich erwachte und die Stille der Nacht den noch müden Geräuschen des neuen Tages wich, trafen Howard und ich die letzten Reisevorbereitungen. Viel gab es ohnehin nicht zu tun; obgleich die letzten Wochen beinahe Misstrauen erweckend friedlich verlaufen waren, hatten Howard und ich es uns zur Angewohnheit gemacht, immer einen Koffer mit dem nötigsten Reisegepäck griffbereit zu haben, desgleichen eine eiserne Reserve an Bargeld und Papieren, um auch für einen überraschenden Aufbruch gerüstet zu sein.
    Auch Lady Audley hatte ihren Kutscher unter einem Vorwand weggeschickt und ihm aufgetragen, zu Hause irgendetwas von einem Telegramm zu erzählen, das sie für einige Tage fortrief; eine recht fadenscheinige Ausrede, die aber ihrem Zweck dienen mochte. Jetzt war sie bei mir – in meinem Schlafzimmer, wohlgemerkt – sah mir zu, wie ich die letzten Kleinigkeiten zusammensuchte und redete dabei ununterbrochen. Nachdem wir uns bereit erklärt hatten, sie zu begleiten, schien der Bann gebrochen; Lady Audley hatte endgültig alle Hemmungen über Bord geworfen und sprudelte alles hervor, was sie über Magie, Geisterbeschwörungen und Okkultes nur wusste; und das war eine Menge.
    Das meiste davon war ein geradezu gotteslästerlicher Blödsinn.
    »Wissen Sie, Robert«, sagte sie gerade, »es gibt tatsächlich so etwas wie einen Astralleib, auch wenn die meisten so genannten normal denkenden Menschen nicht daran glauben.« Sie lächelte geheimnisvoll. »Jedenfalls behaupten sie, es nicht zu tun. Aber im Innersten glauben sie alle daran, bloß sind wir ja heutzutage so aufgeklärt und zivilisiert, dass wir nicht mehr zugeben können, an okkulte Dinge zu glauben.« Sie wälzte ihre gut zwei Zentner ein Stück näher und legte den Kopf in den Nacken, um mir ins Gesicht blicken zu können.
    »Sie sind da selbst ein gutes Beispiel, mein lieber Junge«, fuhr sie mit einem Verschwörerblinzeln fort. »Sie sind ein sehr begabtes Medium. Sie wissen es nur noch nicht.«
    »So?«, machte ich und tat so, als suche ich in einer Schublade. Sie enthielt absolut nichts von Bedeutung, aber Lady Audley begann langsam, mir auf die Nerven zu gehen; ich dachte insgeheim an die zweistündige Bahnfahrt, die ich zusammen mit ihr durchzustehen hatte, und glaubte Howards schadenfrohes Grinsen schon jetzt zu sehen.
    »O ja«, sagte Lady Audley bestimmt. »Sie werden es noch besser verstehen, Junge. Später, wenn Sie älter und erfahrener sind.«
    Ich drehte mich betont langsam zu ihr herum und sah sie an. »Lady Audley«, sagte ich ruhig. »Es gibt da etwas, was ich Ihnen gestehen muss. Sie werden es ohnehin erfahren, wenn sie mit uns nach St. Aimes fahren, und -«
    »Sie brauchen nichts zu sagen, Robert«, unterbrach sie mich, plötzlich ebenso ernst wie ich. Ein neuer, sonderbarer Ausdruck war in ihren Augen erschienen. »Ich weiß von Ihrem Vater, Robert.«
    »Sie … wissen?«, wiederholte ich verstört.
    Sie nickte, plötzlich ganz gönnerhafte Mutter. »Aber selbstverständlich, Junge«, sagte sie. »Jeder hier in London weiß, wer Ihr Vater war – Roderick Andara, der Hexer, nicht?« Sie schüttelte den Kopf, als sie mein Erschrecken bemerkte, und fuhr noch immer im gleichen, sanften Ton fort: »Ihr Vater war drüben in den Staaten ein berühmter Mann und wir hier in London leben nicht hinter dem Mond. Aber sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Niemand trägt Ihnen nach, was Ihr Vater getan hat.«
    »Sie wissen, von … von seinem … seinem Geheimnis?«, wiederholte ich verstört. Ein Eimer eiskalten Wassers, der urplötzlich über meinem Kopf ausgegossen worden wäre, hätte mich nicht mehr erschrecken können als dieses plötzliche Eingeständnis.
    »Aber natürlich«, sagte sie, trat

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