Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe
zur Seite glitt und den Weg für Nemo freigab. Der schlanke Kapitän der NAUTILUS lächelte übertrieben, als er meinem Blick begegnete, kam näher und streckte die Hand aus, ließ den Arm aber sofort wieder sinken, als sein Blick meine bandagierte Rechte streifte. Hinter ihm ertönte ein dumpfes »Klang«.
Abrupt sah ich auf – und stieß überrascht die Luft zwischen den Zähnen hervor. Der dröhnende Laut war das Krachen gewesen, mit dem der Messinghelm eines Mannes im Taucheranzug gegen den niedrigen Türsturz geprallt war.
»Das ist doch …« Ich vergaß die Warnung des Arztes, setzte mich abrupt auf und fiel um ein Haar in Nemos Arme, als mir prompt schwindelig wurde. Mühsam rappelte ich mich hoch, stützte mich auf den unverletzten linken Arm und starrte das Gesicht hinter der runden Helmscheibe an.
»Rowlf«, murmelte ich. »Wie zum Teufel …«
Ich sprach nicht weiter, denn in diesem Moment erschien eine zweite, ebenso abenteuerlich gekleidete Gestalt hinter Rowlf in der Türöffnung, bewies aber – gewarnt durch sein Geschick – mehr Umsicht und bückte sich tief unter der Tür hindurch.
Es war Howard! Die Vision, die ich gehabt hatte, kurz bevor mir die Sinne schwanden, war keine Vision gewesen!
»Nun, mon Ami«, sagte Nemo freundlich, »wenn Sie sich kräftig genug fühlen, können wir vielleicht reden.«
Ich hörte nicht einmal hin, sondern starrte nur abwechselnd Rowlf und Howard an, die wie zwei Gestalten aus einer anderen Welt in ihren monströsen Unterwassermonturen vor meinem Bett standen und auf mich herabblickten.
»Aber … aber wie … wie kommt ihr hierher?«, stammelte ich. »Was … was bedeutet das alles?«
»Sei froh, dass wa hier sin«, polterte Rowlf auf seine unnachahmlich freundliche Art. »Wenn nich, wärse nämlich jetz Fischfutter, weisse?«
»Du … du hast mich gerettet«, murmelte ich. »Du warst der Mann, der mich von diesem Zeug befreit hat.«
Rowlf nickte. »Warich«, sagte er. »Dich kamma wirklich nichn Moment alleinlassn, ohne dasse inne Bredouille geräts, wie?«
Verwirrt starrte ich ihn an, dann wandte ich mich an Howard. Ich erschrak, als ich sein Gesicht hinter der spiegelnden Helmscheibe erkannte. Howard hat niemals wie das blühende Leben ausgesehen, sondern schon immer einen leicht kränklichen Eindruck gemacht – aber jetzt sah er aus wie der Tod auf Latschen. Sein Gesicht war bleich, die Wangen eingefallen und seine Stirn glänzte fiebrig. Unter seinen Augen lagen tiefe, schwarz umrandete Ringe und seine Haut glänzte wie Wachs.
»Du bist krank!«, sagte ich erschrocken. »Mein Gott, du bist ja -«
Howard unterbrach mich mit einer fast ängstlich wirkenden Handbewegung. Ich hatte das sichere Gefühl, dass es ihm unangenehm war, über dieses Thema zu reden. »Später«, sagte er. »Ich erkläre dir alles, Robert, aber im Moment ist keine Zeit dazu.«
Ich brannte vor Neugier und Ungeduld, aber etwas sagte mir, dass Howards Worte wirklich so ernst gemeint waren, wie sie sich anhörten, und so wandte ich mich wieder an Nemo.
»Was ist passiert?«, fragte ich. »Wieso liegt die NAUTILUS noch hier, und was ist mit Dagon?«
Nemos Gesicht verdüsterte sich. »Dagon hat wenig damit zu tun«, sagte er düster. »Ich fürchte, die Hauptschuld an unserem Unglück liegt bei mir.«
»Sie haben Dagon unterschätzt«, vermutete ich.
Nemo lachte, aber es klang nicht besonders amüsiert. »Unterschätzt?« Er schüttelte heftig den Kopf. »Keineswegs, mein Junge. Dagon trägt nicht die Schuld an unserer Havarie.«
»So?«, frage ich zweifelnd. »Ich kann mich täuschen, aber ich hatte den Eindruck, dass Ihr neuer Tarnanstrich von Dagon ausgeführt wurde.«
Howard lachte leise, während mich Nemo einen Moment irritiert anstarrte, bis er begriff, was ich meinte. »Ach das«, sagte er. »Natürlich – diese Kreatur gehört zu ihm. Aber wir wussten davon und wären längst nicht mehr hier gewesen, wenn alles nach Plan verlaufen wäre.«
»Und was hat Ihre Pläne gestört?«, fragte ich.
»Spears«, antwortete Nemo ernst.
»Spears? Aber wieso?«
»Ich ließ ihn zu meiner unterirdischen Basis bringen«, erklärte Nemo, »um mich später mit ihm zu unterhalten. Aber ich fürchte, ich habe ihn unterschätzt, Robert, und genau das ist mir passiert. Ich dachte, er wäre vernünftig genug, abzuwarten, bis ich zu ihm komme, und ich dachte, meine Sicherheitsmaßnahmen wären ausreichend, ihn zu halten, selbst wenn er einen Ausbruchsversuch unter -«
Ich unterbrach
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