Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
was er zu sagen hatte. Er wollte überhaupt nichts hören.
    »Gehen Sie«, sagte er. »Verschwinde Sie! Sofort! Ich will nichts hören. Ich will nur, dass Sie gehen. Hauen Sie ab, oder –«
    »Oder?«, fragte Shannon lächelnd.
    Eldekerk schluckte krampfhaft, starrt den schlanken jungen Mann an – und zog sein Klappmesser aus der Tasche. »Raus hier«, sagte er.
    Er bekam nicht einmal richtig mit, was geschah. Shannon tat irgendetwas, und der nächste klare Eindruck, den Eldekerk hatte, war der, auf dem Rücken zu liegen und nach Luft zu schnappen, während Shannon das Klappmesser in der Hand hielt und noch immer so freundlich lächelte wie zuvor.
    Und noch kälter.
    »Sind Sie jetzt bereit, mir zuzuhören?«, fragte Shannon ruhig.
    Eldekerk antwortete nicht. Aber das schien der Fremde auch nicht erwartet zu haben.
     
    Die Arrestzelle des Garnisonshauptquartiers unterschied sich kaum von der an Bord der Van Helsing – auch sie war klein, fensterlos und so niedrig, dass ich nicht einmal aufstehen konnte, ohne mir den Schädel an der Decke einzurennen, und an den Wänden klebte an Stelle von Verputz der eingetrocknete Dreck von zehn Jahren. Mindestens. Der einzige wohltuende Unterschied war, dass der Boden nicht ununterbrochen schwankte.
    De Cruyk hatte nicht länger mit mir diskutiert, sondern mich kurzerhand in die Bilge seines famosen Schiffes sperren lassen, wo ich geblieben war, bis die Van Helsing den Hafen anlief. Wie lange das gedauert hatte, wusste ich nicht – ich war irgendwann eingeschlafen und erst wieder erwacht, als mich grobe Hände zuerst auf die Füße und dann von Bord des Schiffes zerrten.
    Mein Körper hatte eine Menge Schlaf nachzuholen und er nahm sich das Versäumte. Ich vermutete, dass ich einen ganzen Tag verschlafen hatte, denn der Abend dämmerte bereits wieder, als ich von Bord der Van Helsing und hierher in die so genannte Garnison gebracht wurde.
    Meine Hoffnungen, damit aus meiner misslichen Lage befreit zu sein, wurden jedoch grausam enttäuscht. De Cruyk hatte mich in die Obhut eines vierschrötigen Marineoffiziers überstellt, der meine energisch vorgebrachte Forderung, dem amerikanischen Konsul vorgeführt zu werden, mit einem Lachkrampf quittiert hatte. Seitdem befand ich mich hier in der Arrestzelle und wenn kein Wunder geschah, würde ich es wohl auch noch sehr lange Zeit bleiben.
    Nun, was das Wunder anging – ich war durchaus in der Lage, eines zu bewirken; oder zumindest etwas, das einem normalen Menschen so vorgekommen wäre. Hätte ich es wirklich gewollt, hätte mir De Cruyk mit Freuden sein Schiff geschenkt und wäre als Pfadfinder bis China vorausgeschwommen. Aber ich wollte nicht.
    Ich hatte gute Gründe, so zu handeln. Die Zeit, die ich schwimmend im Meer und anschließend hier in der Arrestzelle verbracht hatte, war lang genug gewesen, um über alles nachzudenken. Ich wusste weniger denn je, worum es sich bei dem geheimnisvollen Wesen handelte, das mir auf der DAGON beigestanden hatte; es gab Dutzende, wenn nicht Hunderte von mehr oder weniger einleuchtenden Erklärungen, und ich hatte sie alle der Reihe nach erwogen und wieder verworfen.
    Das Einzige, was mir klar geworden war: Es konnte sich nicht gerade um einen Freund Necrons und der GROSSEN ALTEN handeln – was nicht automatisch bedeutete, dass es auch mein oder der Freund der Menschheit war. Und noch etwas war mir bewusst geworden, im gleichen Moment, als ich den Kalender in De Cruyks bewohnbarer Mülltonne gesehen hatte: Es konnte kein Zufall sein, dass mich mein geheimnisvoller Retter mitten im Meer, auf der anderen Seite der Welt und noch dazu mehr als zwei Jahre in der Vergangenheit abgesetzt hatte, nicht einmal böser Wille. Wäre es ihm darum gegangen, mich für den vermeintlichen Verrat zu bestrafen, hatte er andere – und sicherlich wirkungsvollere – Methoden gefunden.
    Nein, hinter dieser scheinbaren Willkür steckte Absicht. Ich wusste bloß noch nicht, welche. Aber ich würde es herausfinden.
    Genau betrachtet, hatte ich keine große Alternative dazu. Selbst wenn ich im Besitz gültiger Papiere und ausreichender Barmittel gewesen wäre, die zigtausend Meilen bis London zu überwinden – es gab noch eine zweite Entfernung, eine Distanz, über die mir alle Freibriefe der Welt und alles Geld nicht hinweggeholfen hätten.
    Die Kleinigkeit von zwei Jahren, die ich mich in der Vergangenheit befand …
    Unruhig rutschte ich auf dem feuchten Steinboden der Zelle hin und her, versuchte meine Gedanken

Weitere Kostenlose Bücher