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Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Wie ich. Sie werden keinen feigen Mord begehen, wenn Sie Ihrem Gegner eine faire Chance gewähren könnten, oder?« Er lächelte abermals. »Geben Sie sie mir.«
    Ganz langsam senkte Shannon das Gewehr, überzeugte sich mit einem raschen Blick in die Runde davon, dass keiner der drei anderen im Moment eine Gefahr für ihn bedeutete, und legte die Waffe neben sich auf den Tisch. Es war Wahnsinn, was er tat, aber der andere hatte Recht – er war ein Krieger, ein Mann, der erbarmungslos tötete, wenn es sein musste. Aber er war kein Mörder.
    »Ich bin nicht hier, um mit Ihnen zu kämpfen«, sagte er.
    »Sondern?«, fragte der andere.
    »Sie haben jemanden hier im Lager«, antwortete Shannon. »Einen Fremden. Er wurde heute gebracht.«
    »Von wem reden Sie?«
    »Von einem Mann mit einer weißen Haarsträhne«, antwortete Shannon mit einer Spur von Ungeduld. »Sie wissen genau, wen ich meine. Geben Sie ihn mir und ich verschwinde so schnell, wie ich gekommen bin.«
    Einen Moment lang schien der andere ernsthaft über seinen Vorschlag nachzudenken, dann schüttelte er mit einem bedauernden Seufzen den Kopf. »Sie wissen, dass das nicht geht«, sagte er. »Wer ist dieser Craven? Ein Freund von Ihnen?«
    »Das spielt keine Rolle«, sagte Shannon und trat einen Schritt auf den anderen zu. Seine Hände waren leicht geöffnet und pendelten scheinbar locker neben seinen Hüften. Er wirkte äußerlich entspannt, aber in Wahrheit war jeder Muskel seines Körpers bis zum Zerreißen angespannt. Und er wusste, dass der andere sich nicht täuschen ließ.
    Langsam wich der Mann in der bestickten Robe bis zur gegenüberliegenden Wand zurück, griff mit der Linken an seinen Kragen und löste die Spange, die das bizarre Gewand hielt. Darunter trug er nichts als schwarze, knöchellange Hosen und einen metallenen Gürtel, in dem ein Dolch blitzte. Rasch zog er die Waffe aus der Scheide, warf sie achtlos in eine Ecke und sah Shannon herausfordernd an.
    »Ich könnte um Hilfe rufen«, sagte er.
    »Aber das werden Sie nicht tun«, vermutete Shannon.
    Der andere nickte. »Nein, mein Freund. Ich weiß nicht, wer Sie sind, und ich weiß auch nicht, wer Sie geschickt hat. Aber Sie waren fair zu mir. Ich bin es auch.«
    Shannon nickte. Er hatte keine andere Reaktion erwartet.
    Zwei, drei Sekunden lang musterte er sein Gegenüber noch schweigend, dann hob er die Hände, verlagerte sein Körpergewicht um eine Winzigkeit und griff an.
     
    Die Höhle war so groß wie ein unterirdischer Dom und vom blutig roten Widerschein brennender Lava erfüllt. Die Hitze war unbeschreiblich. Die Luft, die ich atmete, schien zu brennen. Ich war schweißgebadet. Das Licht war so grell, dass es mir die Tränen in die Augen trieb, als ich versuchte, das gegenüberliegende Ufer des zischenden Lavasees zu erkennen, an dessen Ufer mich der Gesichtslose abgesetzt hatte.
    Trotzdem sah ich nicht weg, sondern zwang meine schmerzenden Augen, weiter offen zu bleiben, denn es mochte sein, dass es lebenswichtig für mich war, mir den Weg zu merken. Der Schacht hatte nicht sehr weit in die Tiefe geführt – zehn, im Höchstfalle fünfzehn Yards, bis er sich plötzlich zu einem gewaltigen klaffenden Riss erweitert hatte, der die Decke des unterirdischen Domes spaltete.
    Mein dämonischer Begleiter hatte mich sanft wie eine Feder abgesetzt und war verschwunden, ohne dass ich zu sagen gewusst hätte, wohin oder auf welche Weise, denn während der ersten Momente waren meine Augen von dem lodernden roten Schein hier unten dermaßen geblendet gewesen, dass ich so gut wie blind war.
    Als ich wieder sehen konnte, waren die anderen gekommen – ganz normale Menschen wie ich, keine knöchernen Dämonenwesen, aber Menschen in einem wahrhaft bemitleidenswertem Zustand. Es war ein gutes halbes Dutzend Männer, das mich umringt und mir auf die Füße geholfen hatte.
    Keiner von ihnen konnte mehr als hundert Pfund wiegen.
    Sie waren nicht etwa zwergenwüchsig oder verkrüppelt, aber auf eine Weise ausgemergelt, wie ich sie niemals zuvor bei lebenden Menschen gesehen hatte. Ihre Gesichter waren so eingefallen, dass sich die Haut über den Knochen spannte und sie eher wie Totenschädel aussahen denn wie die Gesichter lebender Menschen. Ihre Haut war unter den verkohlten Lumpen, die sie trugen, narbig und von Pusteln und eiternden Geschwüren übersät und viele von ihnen trugen hässliche, zum Teil noch nicht einmal verheilte Brandwunden, die ein deutliches Zeugnis davon abgaben, dass sie

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