Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
und Eis zu spüren.
    Trotzdem war er in Schweiß gebadet. Er hatte die Hände unter den Stoff seines weißen Zeremonienmantels geschoben, damit Roosfeld und die anderen nicht sahen, wie stark seine Finger zitterten.
    »Er kommt«, sagte Roosfeld plötzlich. Er sah aus, ab wäre er mit knapper Not einem Fleischwolf entsprungen. Zu seinem verbundenen, verrenkten Arm trug er einen passenden Mullverband um die blau glänzende Stirn.
    Tergard nickte, drehte sich mit bewusst langsamen Bewegungen herum und blickte auf die lang gestreckte Baracke, die den Abschluss des freien Platzes bildete, der zwischen den anderen Gebäuden des Gefangenenlagers lag. Ihre Tür stand offen und erst vor Minuten hatte Roosfeld auch die innere, aus Metall gefertigte Tür aufgeschlossen, sodass die rote Glut der Lava aus dem Gebäude leuchtete. Es sah aus, als brenne das Haus. Für einen Moment schloss Tergard die Augen und versuchte, das Chaos hinter seiner Stirn zu beruhigen. Er hatte Angst und er gestand es sich selbst gegenüber ein. Ein Fehler, ein falsches Wort, ja, eine falsche Betonung und er war verloren.
    Aber der Preis, der ihm winkte, wenn er Erfolg hatte, war den Einsatz wert. Wenn er obsiegte, dachte er mit einem raschen, warmen Gefühl vorweggenommenen Triumphes, dann waren seine Tage auf diesem gottverlassenen Eiland am Ende der Welt gezählt. Dann würde er die Robe des Großmeisters tragen. Vielleicht mehr.
    Unter der offen stehenden Tür erschien eine Gestalt und Tergard rief sich innerlich zur Ordnung. Seinen Sieg konnte er feiern, wenn er ihn errungen hatte. Nicht eher.
    »Ihr bleibt hier«, sagte er, als Roosfeld und zwei der anderen ihm folgen wollten. »Ich rede allein mit ihm.«
    Roosfeld widersprach nicht, sondern wich beinahe hastig drei, vier Schritte zurück, sichtbar froh, ihm nicht folgen zu müssen. Tergard beschloss in Gedanken, sich bald nach einem neuen Mann umzusehen, der Roosfelds Stelle einnehmen konnte. Er war zweimal hintereinander geschlagen worden, und wie alle Männer, die im Grunde ihres Herzens feige waren, war eine einzige Niederlage für ihn schon zu viel. Wenn er das nächste Mal in eine gefährliche Situation kam, würde Roosfeld versagen, das wusste er.
    Langsam näherte sich der Tempelritter der Baracke und der schlanken Gestalt, die aus ihrer Tür getreten war, blieb in zwei Schritten Abstand stehen und deutete mit der linken Hand auf die zweite Gestalt, die hinter der ersten aufgetaucht war, einem Wesen wie aus Horn und erstarrter Nacht, ohne Gesicht, ohne Leben, ohne Seele. Seine andere Hand lag verborgen unter dem Mantel auf dem Schwertgriff; eine Geste, die ihm sicherlich keinen Schutz gab gegen diese Wesen, die ihn aber beruhigte.
    »Schicke diese Kreatur fort«, sagte er kalt.
    »Du hast hier nichts zu befehlen«, entgegnete der Mann, dem er gegenüberstand. Seine faustgroßen Fischaugen musterten Tergard kalt. »Du –«
    »Dieses Wesen ist eine Kreatur der Hölle«, unterbrach ihn Tergard. »Schicke es fort oder ich gehe wieder. Du wolltest mit mir sprechen und ich bin hier, um mit dir zu reden. Aber nur mit dir.«
    Dagon starrte ihn an und presste wütend die Lippen aufeinander. Dann fuhr er mit einem Ruck herum, machte eine befehlende Geste und gab einen zischenden Laut von sich. Der Gesichtslose verschwand lautlos im Haus und löste sich in der lodernden Glut hinter seiner Tür auf.
    »Jetzt können wir reden«, sagte Tergard. »Du hast mich gerufen?«
    »Spiele nicht den Narren, Mensch!«, fauchte Dagon. »Du weißt sehr wohl, aus welchem Grund ich dich herbefohlen habe. Hast du unser Abkommen vergessen?«
    »Keineswegs«, antwortete Tergard mit einem flüchtigen, fast abfällig wirkenden Lächeln. »Ich halte es, so gut ich kann.«
    »Du hältst es?« Dagon schrie beinahe. »Versuche nicht, mich zum Narren zu machen, Tergard! Du hast versprochen, mir Sklaven zu schicken, aber meine –«
    »Das habe ich getan«, unterbrach ihn Tergard. »Hunderte, Dagon, in den letzten zwei Jahren. Meine Männer bringen so viele, wie sie nur können.«
    »Nicht genug!«, fauchte Dagon. »Ich brauche mehr, Tergard, weit mehr. Noch heute.«
    »Das ist unmöglich«, sagte Tergard bedauernd. »Sieh dich um. Das Lager ist leer. Du hast alle Männer bekommen, die ich dir geben kann.« Plötzlich wurde seine Stimme schärfer, nur eine Spur, aber doch so, dass Dagon die Drohung darin nicht überhören konnte. »Was verlangst du? Meine Männer haben Schiffe geentert und dir ihre Passagiere gebracht. Wir

Weitere Kostenlose Bücher