Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons
darüber nicht, denn nun spürte ich die Schmerzen in meinem übrigen Körper umso deutlicher. Meine Rippen schienen ausnahmslos gebrochen zu sein; weh genug taten sie jedenfalls. Anscheinend hatten die aufgebrachten Männer noch auf mich eingeprügelt, nachdem ich längst ohnmächtig geworden war. Aber wenigstens hatten sie mich nicht gleich aufgehängt, wie sie es wohl ursprünglich vorgehabt hatten.
Niemand nahm von meinem Aufwachen Notiz. Kein Wunder, denn fliehen konnte ich nicht. Die Besessenen hatten sich mit meinen Armen nicht begnügt, sondern mir auch noch die Beine gefesselt. In verkrümmter Haltung lag ich auf der Ladefläche des Wagens.
Nach einigen qualvollen Verrenkungen gelang es mir, in eine etwas erträglichere Lage zu rutschen. Dabei fiel mein Blick auf ein großes Holzkreuz, das hinter meinem Kopf am Kutschbock befestigt war. In ihrem primitiven Aberglauben hielten die Menschen mich immer noch für einen Dämon. Aber wenn ich ehrlich war, so musste ich einsehen, dass sie allen Grund dafür hatten. Meine auf so schreckliche Art veränderte Hand bot ihnen allen Anlass dazu. Sie konnten nicht begreifen, dass sie nur Werkzeuge einer viel größeren Gefahr waren. Einer Gefahr, gegen die ihre christlichen Symbole machtlos waren. Die GROSSEN ALTEN und ihre Helfer entstammten keiner biblischen Hölle, sondern waren Wesen der Urzeit, denen Menschheit und Christentum hilflos gegenüberstanden. Vielleicht war es das Entsetzlichste an den GROSSEN ALTEN, dass für sie keine menschlichen Naturgesetze galten, sondern andere, magische Regeln. Nur mit ihnen konnte man sie bekämpfen.
Der Weg wurde nicht häufig benutzt. Ich merkte es an den harten Stößen, die den Wagen immer häufiger erschütterten. Ein Stück voraus wieherte ein Pferd. Da ich kaum etwas sehen konnte, konzentrierte ich mich auf mein Gehör, um herauszufinden, was um mich herum geschah. Ich erkannte, dass es sich nicht um ein Reitpferd handelte, wie ich erst angenommen hatte. Eine weitere Kutsche musste vor mir fahren. Zügel klatschten auf das Fell des Pferdes, dann knallte eine Peitsche. Der Kutscher schien beträchtliche Schwierigkeiten mit dem Tier zu haben. Ich hörte wüste Flüche.
Und dann sträubte sich auch das Zugtier des Wagens, auf dem ich lag, gegen ein weiteres Vorgehen. Es bäumte sich auf und der Kutscher musste all sein Geschick aufbieten, es zum Weitertraben zu bewegen. Er schaffte es schließlich mit roher Gewalt.
Sein ausgeprägter Instinkt hatte das Tier gewarnt. Auch ich spürte, dass sich etwas um uns herum verändert hatte. Etwas Fremdes schlich sich in meine Gedanken, erfüllte mich gleichermaßen mit Ekel und Angst.
Es war wie in einem schrecklichen Albtraum, in dem tote Dinge plötzlich erwachen und sich gegen den Schlafenden wenden. Alles um mich herum nahm bedrohliche Dimensionen an. Jeder Schatten war mit einem Male von unheimlichem Eigenleben erfüllt, hinter jedem Baum schien namenloses Unheil zu lauern.
Panische Furcht überfiel mich. Mit jeder Faser spürte ich den unsichtbaren Schrecken, der näher und näher kam und mit eisigen Fingern nach meiner Seele griff. Zugleich begann die Aura rötlichen Lichtes, die meine Klauenhand umgab, im Rhythmus meines Herzens zu pulsieren.
Ich schrie auf, wollte mich aufbäumen, um aus diesem verfluchten Teil des Waldes zu fliehen, aber die Fesseln waren zu stark. Die Stricke schnitten in meine Handgelenke, aber ich spürte den Schmerz nicht. Hilflos musste ich zusehen, wie man mich immer weiter in den Wald hineinschleppte.
Nur mit eiserner Willenskraft konnte ich mich zur Ruhe zwingen. Ich dachte an die Erfahrungen, die Jeff Conroy mit dem Anwesen des Grauen Bredshaw gemacht hatte. Er hatte von einer solchen Aura des Bösen gesprochen, die es ihm unmöglich gemacht hatte, in die Nähe des Anwesens zu gelangen. Ich zweifelte nicht daran, dass wir uns im gleichen Teil des Waldes befanden und ich nun selbst erlebte, was er mir zu erklären versucht hatte.
Der Weg machte einen Bogen, und sofort ließ die Panik nach, die mich fast in den Wahnsinn getrieben hatte. Sie wurde zu einer nur unterschwellig spürbaren Furcht, die sich in der Tiefe meines Unterbewusstseins einnistete; nur noch schwach wahrnehmbar, aber bereit, jederzeit neu aufzuflammen und meinen Verstand endgültig hinwegzufegen.
Entweder nahmen meine Entführer die Aura der Feindseligkeit nicht wahr, oder es gelang ihnen, ihre Empfindungen völlig zu unterdrücken. Während ich vor Angst getobt und geschrien
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