Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen
zerstört und jetzt raste er weiter, den Berg hinauf und auf die Burg auf seinem Gipfel zu. Aber seine Kraft war gebrochen. Balestrano und die beiden anderen sahen, wie die schwarze Woge über den drachenhäuptigen Türmen der Burg zusammenschlug, aber sie sahen auch, dass ihre Gewalt längst nicht mehr ausreichte, ihnen Schaden zuzufügen. Vielleicht löste sie noch ein paar lockere Steine und vielleicht tötete oder verwundete sie die, die nicht rasch genug in Deckung gegangen waren – aber die Mauern hielten ihr stand.
Dafür waren die Verwüstungen, die die drei Männer hier unten erblickten, umso schlimmer. Balestrano konnte sich nicht entsinnen, jemals ein Bild so vollkommener Zerstörung gesehen zu haben. Das Kastell, in dem sich das Templerheer gesammelt hatte, um zum entscheidenden Sturm auf Necrons Burg anzusetzen, war verschwunden. Wo es gestanden hatte, erstreckte sich eine Landschaft aus zermalmten, glatt geschmirgeltem Stein, wirr durcheinander geworfenen Trümmern und schwarzen Lavasplittern. Nur einer der vier Türme stand noch; zu einem Drittel und schräg wie ein zerfranster Stumpf, der aus einem Berg klein gemahlenen schwarzen Steines ragte.
Und nirgends war auch nur die geringste Spur von Leben zu entdecken …
»Mein Gott!«, flüsterte Hayworthy. »Sie … sie können doch nicht … nicht alle … tot sein!« Seine Stimme versagte beinahe.
Balestrano schwieg. Sein Blick tastete über die zerstörte Felslandschaft, die noch vor Minuten der Innenhof des Kastells gewesen war, den zermalmten Turm, dessen Südflanke, die dem Sturm zugewandt gewesen war, wie ein Spiegel glänzte, weiter über die zerborstenen Reste des steinernen Innengebäudes, in dem die meisten der Krieger Unterschlupf gesucht hatten.
»Ein paar müssen doch noch leben!«, wimmerte Hayworthy. »Das … das kann doch nicht sein, Bruder Jean. Bitte, das …«
Ganz langsam stand Jean Balestrano auf. Der Schmerz in seinem gebrochenen Arm war vergessen, ja selbst das lähmende Entsetzen, das er vor Augenblicken noch verspürt hatte, war fort. Er fühlte sich nur noch leer. Sie waren tot, alle, das spürte er, jeder einzelne der fünfhundert Männer, die ihm vertraut und ihr Leben in seine Hände gelegt hatten. Aber der Gedanke erschien ihm seltsam abstrakt.
Es war zu schnell gegangen. Vor einer Minute noch waren sie ein Heer gewesen, eine stolze Armee, nur noch einen Schritt vom endgültigen Sieg entfernt, und jetzt …
Wieder tastete sein Blick über die zertrümmerte Landschaft, in die der Sturm die Festung verwandelt hatte, und wieder sträubte sich etwas in ihm mit aller Macht, das Bild, das ihm seine Augen zeigten, als wahr anzuerkennen. Sein Heer war vernichtet, restlos, bis auf den letzten Mann, in einer einzigen, entsetzlichen Minute.
Was für ein Narr war er doch gewesen, zu glauben, es mit dem Herrn der Drachenburg aufnehmen zu können! Necron hatte seine Armee zerschlagen, ohne sich auch nur anzustrengen, mit den Kräften seiner eigenen Männer! Es war nicht einmal zu einer Schlacht gekommen!
»Bruder André«, flüsterte von Schmid neben ihm, »dafür töte ich dich.«
»Es ist nicht seine Schuld«, sagte Balestrano müde.
Von Schmid keuchte. »Nicht seine Schuld?« Er schrie fast. »Sieh dir an, was er getan hat! Sie sind tot, Jean – alle! Es ist aus! Wir sind geschlagen, und nur, weil -«
»Es ist nicht seine Schuld«, sagte Balestrano noch einmal, ein wenig schärfer und in eindeutig befehlendem Ton. Botho von Schmid verstummte, aber sein Blick sprühte vor Zorn und Trotz, als sich Balestrano umwandte und ihn ansah.
»Glaubst du wirklich, dieser Angriff hätte uns gegolten?«, fragte Balestrano beinahe sanft.
»Natürlich nicht«, fauchte von Schmid. »Dieser verdammte Narr hat versucht, die Burg ganz allein zu vernichten.« Er ballte wütend die Faust. »Aber er hat uns getroffen und es ist mir verdammt nochmal völlig egal, ob er nun einfach schlecht gezielt hat oder ob Necron den Sturm umgeleitet hat! Es ist seine Schuld! Die fünfhundert Männer, die dort draußen gestorben sind, gehen auf sein Konto. Und ich werde ihm die Rechnung präsentieren, mein Wort darauf!« Er zog sein Schwert. »Ich töte ihn, im gleichen Moment, in dem er kommt!«, versprach er.
»Das verbiete ich«, sagte Balestrano streng.
Von Schmid lachte böse. »So? Und wie willst du dieses Verbot durchsetzen, alter Mann?« Plötzlich verzerrte sich sein Gesicht zur Grimasse und wieder spürte Balestrano des Fremde, unsäglich
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