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Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen

Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen

Titel: Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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haben.
    »Blitzhaar?«, murmelte er plötzlich. »Bist … du das?«
    Ich atmete auf, erleichtert, dass er mich wenigstens erkannte. »Ja«, antwortete ich. »Keine Angst, Häuptling. Es ist alles in Ordnung. Ich bin hier, um Sie zu befreien.« Ich griff nach seinem Arm, um ihn in die Höhe und aus der Kammer zu ziehen, aber Sitting Bull schüttelte unerwartet heftig den Kopf und streifte meine Hand ab.
    »Nicht«, sagte er. »Ich wäre … nur eine Last für sie. Ich kann nicht mehr … kämpfen.«
    Rein instinktiv wollte ich widersprechen, aber dann begegnete ich seinem Blick und nickte stattdessen. Es gab Momente, in denen selbst eine barmherzige Lüge nur schadete. Sitting Bull hatte Recht – vor mir saß ein zerbrochener, müder alter Mann, der kaum mehr in der Lage war, auf eigenen Füßen zu stehen. Hätte ich ihn mitgenommen, hätte er uns beide nur in Gefahr gebracht. Aber ich konnte ihn auch nicht hierlassen.
    »Können Sie laufen, Häuptling?«, fragte ich.
    Sitting Bull nickte und ich erklärte ihm den Weg hinunter, so gut ich konnte. Ich verschob das Problem damit nur, statt es zu lösen, denn einen Ausweg aus dieser gewaltigen steinernen Falle gab es auch unten in der Höhle nicht. Aber wenigstens war Sitting Bull dort vor der unmittelbaren Gefahr, sofort wieder gefangen und womöglich umgebracht zu werden, sicher. Und wenn Necron tatsächlich hinunterkam und Shannon besiegte – nun, dann brauchten wir alle uns ohnehin um nichts mehr Sorgen zu machen.
    »Wissen Sie, wo Shadow ist?«, fragte ich zum Abschluss.
    Ein Schatten huschte über Sitting Bulls Gesicht. »In … einer der Zellen«, antwortete er stockend. »Vorne, am anderen Ende des Ganges. Aber es wäre besser, du würdest … nicht hingehen, Blitzhaar.«
    »Warum?«, fragte ich.
    »Du kannst ihr nicht helfen«, sagte Sitting Bull ernst. »Suche lieber das andere Mädchen. Sie ist in Gefahr, das spüre ich. In großer Gefahr. Etwas Böses geschieht.«
    Ich antwortete nicht darauf, sondern blickte ihn nur schweigend an, bis er sich – ebenfalls ohne ein weiteres Wort – umwandte und den Weg zurückzuschlurfen begann, den ich selbst vor wenigen Augenblicken gekommen war. Aber ich wartete noch, bis er das Ende des Korridors erreicht hatte und hinter der Biegung verschwunden war, ehe auch ich mich herumdrehte und die Zellen eine nach der anderen zu durchsuchen begann.
    Sehr viele waren es ohnehin nicht. Der Korridor bestand praktisch aus nichts anderem als dicht nebeneinander liegenden Türen, hinter denen sich Zellen verbargen, aber die meisten standen offen, sodass ich sie auslassen konnte. Die erste Zelle, deren Tür ich öffnete, war leer, ebenso die zweite und dritte. In der vierten fand ich einen Toten, mumifiziert und ausgetrocknet, sodass er eher wie ein verschrumpelter Baumstumpf aussah denn wie ein menschlicher Leichnam, dann kam wieder eine leere Zelle, in der sich nur Spinnen und Wanzen tummelten – und dann fand ich Shadow.
    Irgendwie spürte ich es, noch ehe ich den schweren Riegel zurückschob und die Tür öffnete. Etwas war an dieser Tür anders; etwas wie eine spürbare Ausstrahlung von Leid, in die ich hineintrat und die meine Bewegungen lähmte. Meine Hände begannen zu zittern. Ich hatte Mühe, den Riegel überhaupt zu bewegen. Mein Herz begann zu rasen.
    Und dann sah ich sie.
    Im ersten Moment weigerte sich mein Verstand einfach, zu begreifen. Mein Gehirn schien sich zu einem eisigen Klumpen zusammenzuziehen, als ich auf das blutige Bündel hinunterstarrte, das einmal eine El-o-hym gewesen war.
    Sie lag vor mir, mit leicht gespreizten Armen und Beinen, die von eisernen Ringen am Boden gehalten wurden, und in der Wand, die der Tür gegenüberlag, brannte eine Fackel, als hätte Necron dafür sorgen wollen, dass jeder, der diese Zelle betrat, das entsetzliche Bild auch in allen Einzelheiten wahrnahm. Ihr Gewand hing in Fetzen, sodass ich die blutigen Spuren erkennen konnte, die Necrons Folterwerkzeuge an ihrem alabasterfarbenen Körper hinterlassen hatten.
    Aber all das sah ich zwar, registrierte es aber eigentlich nur am Rande. Mein Blick hing wie gebannt an der Wunde zwischen Shadows Schulterblättern, an der Stelle, an der …
    Nein, dachte ich. Nicht das. Alles, nur das nicht …
    Shadow bewegte sich. Mühsam hob sie den Kopf, blickte mich aus trübe gewordenen Augen an und stieß einen leisen, gepeinigten Laut aus. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, zerrten kraftlos an den rostigen Eisenringen und erschlafften

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