Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen
abfallenden Stufen Halt, aber der Angreifer gab ihm keine zweite Chance. Blitzschnell war er neben ihm, riss seinen Kopf in den Nacken und versetzte ihm einen Schlag gegen die Kehle. Ohne einen weiteren Laut stürzte der Mann nach hinten, kollerte ein Stück weit die Treppe hinab und blieb mit ausgebreiteten Armen liegen. In seinem schwarzen Gewand sah er aus wie eine vom Himmel gefallene Fledermaus.
Langsam wandte ich mich um. Ich wusste, wen ich vor mir hatte. Es gab nur einen Mann in dieser Festung, der die Kleidung eines Drachenkriegers trug und trotzdem auf meiner Seite stand. Und trotzdem gelang es mir nur mit Mühe, einen erfreuten Schrei zu unterdrücken, als der Schwarzgekleidete die Hand hob und das Tuch fortnahm, unter dem sich sein Gesicht verbarg.
»Shannon!«, murmelte ich. »Du lebst!« Fast kam ich mir bei diesen Worten selbst albern vor – und nicht unbedingt zu Unrecht – aber es war einfach das Einzige, was ich im Moment hervorbringen konnte. Ich war beinahe gelähmt vor Freude und Erleichterung. Es war ein Gefühl, das sich nicht in Worte kleiden ließ, aber es war fast so intensiv wie das vom Tage zuvor, als ich Priscylla wiedergesehen hatte.
Und dem jungen Drachenkrieger schien es kein bisschen anders zu ergehen. Einen Moment lang blickte er mich auf seine unnachahmlich spöttische Art an, aber dann lachte er und streckte die Arme aus und für endlose Augenblicke taten wir nichts anderes, als uns gegenseitig zu umarmen und auf die Schultern zu klopfen; zwei alte Freunde, die sich nach einer Ewigkeit wiedergesehen hatten.
Aber wie immer war Shannon derjenige von uns, der zuerst auf den Boden der Realität zurückfand. Entschlossen löste er sich aus meiner Umarmung, schob mich ein Stück weit von sich und deutete auf die beiden reglosen Gestalten am Fuße der Treppe. »Wir müssen hier weg, Robert«, sagte er. »Die beiden da waren nicht allein. Wenn Necron uns erwischt, wirst du dir wünschen, niemals geboren zu sein.«
Er drehte sich um, um die Treppe wieder hinaufzugehen, und zog mich dabei am Arm mit sich, aber ich blieb stehen und deutete in die Richtung zurück, aus der wir gekommen waren. »Die anderen, Shannon«, sagte ich. »Wir müssen zurück und Shadow, Priscylla und Sitting Bull befreien. Necron wird sich an ihnen rächen, wenn er meine Flucht bemerkt.«
Shannon blieb auch tatsächlich stehen, aber in seinem Blick war plötzlich etwas, das mir gar nicht gefiel. »Necron hat im Moment anderes zu tun«, sagte er ausweichend. »Und Priscylla ist ohnehin … nicht dort unten.«
Das unmerkliche Zögern in seinen Worten entging mir keineswegs. Ich hatte plötzlich das sichere Gefühl, dass Shannon in Wahrheit etwas ganz anderes hatte sagen wollen.
»Was soll das heißen?«, fragte ich scharf.
Shannon sog hörbar die Luft ein. »Das soll heißen, dass sie nicht dort unten ist«, antwortete er unwillig. »Und um die anderen kümmern wir uns später. Und nun komm, zum Teufel! Ich kenne ein paar Verstecke, in denen wir sicher sind. Aber nur, wenn wir sie auch lebend erreichen.«
Diesmal widersprach ich nicht mehr.
Es war unmöglich. UN-MÖG-LICH!, hämmerten Laguerres Gedanken, immer und immer wieder. Es war vollkommen unmöglich! Er hatte gehört, wie das Genick des Mannes gebrochen war, hatte gespürt, wie sich sein Körper in einem letzten entsetzlichen Krampf aufbäumte und dann urplötzlich erschlaffte, als das Leben aus ihm wich. Er war tot! TOT!
Aber er bewegte sich. Langsam, mit seltsam ziellos wirkenden, umständlichen Bewegungen, stemmte er sich auf Hände und Knie hoch, taumelnd und fahrig (und tot), aber er bewegte sich.
Laguerre wich mit einem keuchenden Laut vor der entsetzlichen Erscheinung zurück, hob beide Hände wie schützend vor das Gesicht und schlug mit der Linken das Kreuzzeichen, ohne sich dessen auch nur bewusst zu werden. Seine Augen quollen vor Entsetzen fast aus den Höhlen, während er dem unglaublichen Schauspiel folgte.
Rings um ihn wich die Stille des Wüstenmorgens einem Chor überraschter Schreie und dann den Lauten eines rasch heftiger werdenden Kampfes, als plötzlich überall die Schatten lebendig zu werden begannen und Dutzende der schwarz vermummten Krieger über die überraschten Tempelherren herfielen, aber das registrierte Laguerre nur am Rand, mit einem Teil seines Bewusstseins, das wie durch ein Wunder noch zu rationalem Denken fähig, aber vollkommen machtlos über seinen Körper war. Für einen Moment spürte Laguerre den
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