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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sicher, bei keinem der Indianer, die hinter uns standen, eine Trommel oder irgendein anderes Musikinstrument gesehen zu haben, aber die Nacht war plötzlich erfüllt von dumpfem, unheimlichem Trommelschlag, einem rhythmischen, unangenehmen Dröhnen, das an- und abschwoll, lauter und leiser wurde, schneller und langsamer, und mich ganz allmählich in seinen Bann zu ziehen begann. Ich spürte, wie mein Herz in den hämmernden Takt der unsichtbaren Trommel verfiel, mein Atem plötzlich im gleichen Auf und Ab erfolgte, ja, selbst meine Gedanken plötzlich wie in einem bizarren Versmaß dem Rhythmus der Trommeln gehorchte.
    Sitting Bull begann zu summen. Gleichzeitig bewegten sich seine Beine und Arme im Takt der Pauken und auch meine eigenen Glieder begannen, ohne und fast schon gegen meinen Willen, rhythmische, stampfende Bewegungen auszuführen. Langsam, uns immer noch an den Händen haltend und dumpfe, fremdartige Töne im Takt der barbarischen Musik summend, begannen wir Priscylla zu umkreisen und nach und nach schlossen sich uns auch die anderen Indianer an, bis wir einen weit auseinander gezogenen, summenden, stampfenden Kreis bildeten, in dessen Mitte Priscylla war.
    Wieder fauchte der kalte Wind über das Lager und diesmal schossen die Flammen zehn, zwölf Yards weit in die Höhe, ehe sie, wie gegen eine unsichtbare Wand geprallt, auseinander fächerten und ein brodelndes Pilzdach aus Flammen über dem ovalen Platz bildeten. Funken regneten auf uns herab und ein paar senkten sich auf meine Kleider, mein Haar, selbst mein Gesicht, aber ich empfand keinen Schmerz.
    Sitting Bull begann zu singen und obgleich es Worte in einer Sprache waren, die ich noch nie zuvor gehört hatte, stimmte ich – wie alle anderen – nach wenigen Augenblicken in diesen Gesang ein. Für einen ganz kurzen Moment blitzte der Gedanke in mir auf, dass ich einen reichlich idiotischen Anblick bieten musste, wie ich so inmitten eines Kreises heulender Indianer wechselweise auf einem und dem anderen Bein auf und ab hüpfte und Worte aus einer uralten Indianersprache grölte, aber ich war unfähig, irgendwie auf diesen Gedanken zu reagieren. Der Rhythmus der Trommeln, der Gesang und das schwermütige Klingen von Ixmals Pfeife hatten mich vollends in ihren Bann geschlagen.
    Zum dritten Mal fauchte der eisige Wind über den Platz und diesmal spürte ich, wie irgendetwas mit ihm kam, etwas entsetzlich Großes und Kaltes und Körperloses, das auf den Flügeln des Sturmes aus den Dimensionen des Wahnsinns in unsere Welt hinübertobte und aus unsichtbaren Flammenaugen auf uns herabstarrte.
    In diesem Moment ließ Sitting Bull meine Hand los. Ich stolperte, vom Schwung meiner eigenen Bewegung nach vorne getragen, fand im letzten Moment mein Gleichgewicht wieder und torkelte einen Schritt auf Priscylla zu, begleitet von Sitting Bull und Ixmal, der noch immer seine Flöte blies. Hinter uns schloss sich der Kreis der tanzenden Indianer wieder. Ihr Gesang wurde lauter, der stampfende Rhythmus ihrer Schritte schneller und auch die Töne, die Ixmals Flöte in die Nacht schleuderte, klangen plötzlich anders, irgendwie gereizt, aggressiv. Auf der anderen Seite des Platzes loderte das Feuer zu wabernder Weißglut auf, bis das fünfzehn Schritte messende Oval wie im grellen Licht eines ganzen Scheinwerferbündels dalag. Es gab keine Schatten.
    Direkt zwischen Priscyllas Füßen entstand eine Flamme. Sie war klein und weiß und von einem Kranz giftgrüner Helligkeit eingefasst, und obwohl ich noch weit von ihr entfernt war, spürte ich einfach, dass sie keine Hitze verströmte, sondern irgendetwas anderes, etwas unfasslich Fremdes und Böses. Eine zweite Flamme erschien aus dem Nichts, nur ein Stück von der ersten entfernt, dann eine dritte, vierte, fünfte, bis Priscylla gänzlich von einem Kranz handspannengroßer giftgrüner Feuerkinder eingekreist war.
    Dann begann das Buch zu glühen. Das rissige Schwarzbraun seines Einbandes erstrahlte wie unter einem unheimlichen, inneren Licht und mit einem Male brach Helligkeit zwischen den pergamentenen Seiten hervor, die gleiche, giftig grüne Helligkeit, wie sie auch die Flammen verstrahlten; ein Licht, das sich konzentrierte, sich ausbreiten wollte und von irgendetwas Unsichtbarem zurückgeworfen wurde – und zu einem Band dünner peitschender Tentakel aus Licht wurde, das dicht unterhalb von Priscyllas Herzen in ihrem Körper endete!
    Ich schrie auf, riss die Arme hoch und wollte auf Priscylla zuspringen, aber

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