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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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tiefes, qualvolles Stöhnen. Ich sah auf und blickte Priscylla an – aber es war nicht mehr Priscylla!
    An der wie ein Marterpfahl aufgerichteten Bahre stand ein junger, blondhaariger Mann in einem schwarzen Burnus. Ein dunkler, feucht glänzender Fleck verunzierte sein Gewand an einer Stelle dicht unter dem Herzen und in seinen Augen, sehr klaren, hellblauen Augen, die mich mit tiefem Vorwurf anblickten, glomm ein furchtbarer Schmerz.
    »Willst du das wirklich tun?«, fragte Shannon.
    Ich schrie auf. Neben mir fuhr Sitting Bull zusammen und starrte mich aus schreckgeweiteten Augen an. Er sagte etwas, etwas, das beschwörend und verzweifelt und voller panischer Angst war, aber ich verstand seine Worte nicht. Mein Blick hing wie gebannt an Shannons Gesicht. Aus seinen Augenwinkeln liefen blutige Tränen.
    »Du hast mich schon einmal umgebracht, Robert«, sagte Shannon. »Hier – siehst du?« Und damit hob er seinen Burnus an, sodass ich den kleinen Dolch sehen konnte, der oberhalb seines Herzens aus seinem Leib ragte. »Tu es nicht noch einmal, ich bitte dich.«
    »Nein!«, kreischte Sitting Bull mit überschnappender Stimme. »Nicht, Robert!«
    Aber es war zu spät. Die brodelnden Energien, die mich noch immer durchpulsten, fanden kein Ziel mehr. Aber sie waren da. Und sie entluden sich.
    Es dauerte nur eine einzige, furchtbare Sekunde, und doch war es, als ginge die Welt unter.
    Ein ungeheures Donnern und Krachen erscholl. Die Erde hob sich wie ein bockendes Pferd, bebte und sank wieder zurück. Ein handbreiter, gezackter Riss erschien direkt vor meinen Füßen im Boden und noch während ich stürzte, zerriss ein neuerlicher, peitschender Donnerschlag die Nacht. Ein Gewitter dünner, peitschender Blitze brach aus dem Buch in Priscyllas Armen, brannte lodernde Furchen in den Boden und ließ Erdreich und trockenes Geäst aufflammen. Zwei der grausam hellen dünnen Blitze trafen zwei von Ixmals Indianern und töteten sie auf der Stelle.
    Ich fiel, rollte mich herum und schlug instinktiv die Hände über dem Kopf zusammen, auf weiteres Unheil gefasst.
    Aber es war vorbei.
    Ich spürte es im gleichen Moment, in dem ich die Augen aufschlug. Hinter mir loderte das Feuer höher denn je, der Platz hallte wider von entsetzten Schreien und den hastigen Schritten flüchtender Menschen, aber das Ringen der Urgewalten war vorüber. Die beiden unsichtbaren Giganten waren nicht mehr da.
    Aber das, was ich sah, war noch schlimm genug.
    Priscylla hing schlaff in den Fesseln, die sie hielten. Ihre Augen waren noch immer geöffnet, aber ihr Blick war leer und ihre Finger krallten sich so fest um das Buch, dass Blut unter ihren Nägeln hervorkam. Das riesige Feuer, das Ixmals Krieger entzündet hatten, war auseinander gefallen, als wäre eine Riesenfaust in den Holzstapel gefahren und hätte ihn zertrümmert. Brennende Äste waren in weitem Umkreis verstreut und hier und da glühte die Erde. Aus dem Riss, der eine Handspanne neben mir verlief, stoben Funken und heiße, übel riechende Luft. Einer von Ixmals Männern krümmte sich auf dem Boden, presste beide Hände gegen den Leib und stieß unentwegt kleine, wimmernde Laute aus, während Annie und Bill vergeblich versuchten, nach seinen Wunden zu sehen. Zwei weitere Indianer rührten sich gar nicht mehr.
    Von jähem Schrecken erfüllt, fuhr ich herum und sah Sitting Bull neben mir knien, bei Bewusstsein, aber grau vor Schrecken und Schmerz im Gesicht. Seine Lippen bebten. Aus einer kleinen Wunde über seiner linken Braue lief Blut und verwandelte sein Gesicht in eine dämonische Grimasse.
    Ich wollte die Hände nach ihm ausstrecken, aber ich kam nicht dazu, die Bewegung zu Ende zu führen.
    Irgendwo über mir, auf den Felsen, die die Hälfte unseres Lagers einfassten, blitzte es auf, und eine halbe Sekunde hörte ich das harte drohende Peitschen eines Gewehrschusses. Eine Handspanne vor mir stob der Staub auf. Ich spürte einen Luftzug wie die Berührung einer unsichtbaren glühenden Hand, als die Kugel abprallte und wenige Inches an meiner Wange vorbeizischte.
    Plötzlich ging alles unglaublich schnell. Ich sah, wie Annie und Cody herumfuhren, wie Bill nach seiner Waffe griff und mitten in der Bewegung erstarrte, als weitere Schüsse krachten und rechts und links von seinen Füßen der Boden aufspritzte, dann erfolgte eine ganze Salve krachender Schüsse und mit einem Male waren wir von mehr als einem Dutzend Männern eingekreist, Männer in dunkelblauen, in der Nacht schwarz

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