Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
… in seinem Verlies«, antwortete Dschakid stotternd. »Aber es ist zu spät, Sidi. Hört doch! Nizars Leopardin tötet ihn!«
»Nicht, wenn ich es verhindern kann«, sagte ich, packte Dschakid grob an der Schulter und versetzte ihm einen Stoß, der ihn haltlos vor mir hertaumeln ließ. Abermals erscholl das zornige Fauchen einer Raubkatze und wieder antwortete das Klatschen von Schlägen und ein diesmal eindeutig schmerzerfüllter menschlicher Schrei darauf.
Eine Tür tauchte vor uns auf: ein rot umrandeter Umriss, hinter dem das allgegenwärtige blutige Licht Nizars flackerte. Wieder das entsetzliche Fauchen der Raubkatze. Ich stieß Dschakid weiter, riss den Riegel zurück und wäre um ein Haar gestürzt, als Dschakid sich mit aller Kraft an meinen Arm klammerte und mich festzuhalten versuchte.
»Nicht, Sidi!«, kreischte er. »Sie wird Euch vernichten. Und dann ist es auch um mich geschehen!«
»Dann hilf mir!«, sagte ich barsch und riss die Tür vollends auf.
Das Bild, das sich mir bot, war mir nur zu vertraut.
Nur wenige Schritte vor mir lag Ali am Boden. Er wehrte sich verzweifelt gegen eine riesige Leopardin, deren Reißzähne ihn jeden Augenblick zerfleischen konnten. Sein Körper war bereits mit zahllosen blutigen Schrammen übersät und in seiner linken Schulter klaffte eine hässliche, stark blutende Wunde. Das alles war sehr deutlich zu sehen, denn das einzige Kleidungsstück, das er trug, war sein Turban.
Ohne noch lange zu überlegen, rannte ich los, versetzte der Leopardin einen kräftigen Tritt in die Seite und sprang ihr auf den Rücken, als sie mit einem schmerzerfüllten Fauchen herumfuhr.
Die Raubkatze bäumte sich auf und schleuderte mich mit einer fast spielerischen Bewegung beiseite. Aber die Sekunde, die ich auf ihrem Rücken gehockt hatte, hatte gereicht. Meine Hand hatte ihr Halsband ergriffen und hielt es fest, auch als ich abgeworfen wurde. Instinktiv wollte ich es abreißen, erinnerte mich aber gerade noch rechtzeitig an den Todeskampf der Rubinlöwin und zog das Band nur straff, ohne es zu zerreißen, um der Leopardin die Luft abzuschnüren.
Nun, es war mein erster – und unwiderruflich letzter – Versuch, in die Fußstapfen von Edgar Rice Burroughs’ Tarzan zu treten. Mit einem fast lässigen Prankenhieb fegte sie meine Hand beiseite, war mit einem Satz über mir und schnappte nach meiner Kehle. Wäre Ali nicht im letzten Moment dazwischen gesprungen und hätte sie zurückgerissen, wäre es um mich geschehen gewesen. Aber selbst unsere vereinten Kräfte reichten kaum aus, die tobende Wildkatze zu bezwingen.
»Dschakid – hilf uns!«, keuchte ich.
Ali riss die Augen auf und starrte mich an, aber Dschakid reagierte, wie ich es gehofft hatte.
Im ersten Moment jedenfalls.
Mit einem gellenden Schrei warf er sich vor, zerrte die Leopardin von mir herunter – und zog einen Dolch. Mein warnender Schrei kam zu spät. Dschakids Klinge blitzte auf, drang in den Hals des Tieres und zertrennte das diamantbesetzte Halsband, das den riesigen Rubin trug. Dschakid schrie triumphierend auf und schleuderte das Halsband mit einer kraftvollen Bewegung bis auf den Gang hinaus.
Die Leopardin warf sich zu Boden, begann wie besessen um sich zu schlagen und zu beißen und stieß eine Reihe grässlicher, wimmernder Töne aus. Mit aller Kraft, die ihr der Todeskampf noch einmal gab, versuchte sie Ali, Dschakid und mich abzustreifen. Doch selbst ihre ungeheuerlichen Körperkräfte reichten nicht, es mit drei erwachsenen Männern zugleich aufzunehmen. Ihre Bewegungen wurden langsamer, unsicherer. Gleichzeitig begann die gleiche, entsetzliche Veränderung, die ich bereits bei der Löwenfrau beobachtet hatte. Noch einmal bäumte sie sich auf, fegte Ali beiseite, schnappte knurrend nach Dschakid und erwischte ihn auch tatsächlich an der Schulter. Aber Dschakid drehte sich geschickt weg, sodass nur ein Stück Stoff und ein paar Fetzen Haut zwischen ihren Zähnen blieben. Dann ging es zu Ende. Die Leopardin erschlaffte, während sich ihr Körper auf entsetzliche Weise zu verändern und schließlich aufzulösen begann.
Dschakid taumelte zurück, fiel auf die Knie und umklammerte wimmernd seine verletzte Schulter.
»Du verdammter Narr!«, brüllte ich. »Wer hat dir gesagt, dass du sie töten sollst? Ich wollte sie lebend!«
Dschakid krümmte sich, als hätte ich ihn geschlagen. »Aber Sidi!«, wimmerte er. »Sie war dabei, dich zu töten. Sieh dir nur deine Arme an! Sie bluten überall und
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