Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
mit der Zunge über die Lippen und bog den Kopf in den Nacken, aber die Degenspitze folgte seiner Bewegung. Ein einzelner Blutstropfen sickerte dort hervor, wo sie sich gegen seine Kehle presste.
»Das … das war …«
»Nicht fair, ich weiß«, unterbrach ich ihn. »Aber sehr wirkungsvoll, nicht? Also lass den Dolch fallen, ehe dein Kopf fällt.«
Das Argument schien ihn zu überzeugen. Er ließ das Messer fallen, wich einen weiteren Schritt zurück und hob die Hände über den Kopf. »Töte mich nicht«, sagte er.
»Töten?« Ich überlegte einen Moment. »Ich hatte zwar nichts dergleichen vor, aber immerhin – keine schlechte Idee.« Dschakid wurde blass. »Es sei denn«, fuhr ich fort, »du beantwortest mir ein paar Fragen.«
»Jede, Sidi«, antwortete er hastig.
»Dieser Rubin …«, ich deutete mit der freien Hand auf den zerborstenen Riesenrubin, »… war er die Quelle von Nizars Macht? Ist sie jetzt gebrochen?«
Dschakid nickte – ein wenig zu schnell, wie ich fand. Ich piekste ihn ein wenig heftiger mit dem Degen. »Lüg mich lieber nicht an«, sagte ich. »Denn du wirst mich begleiten, Dschakid. Und ich finde bestimmt noch Zeit, dich zu töten, sollte sich herausstellen, dass Nizar mir noch immer überlegen ist.«
»Ich … ich habe mich getäuscht«, sagte Dschakid hastig. »Er lenkte nur die Krieger. Aber alle Krieger, Sidi, das schwöre ich.«
»Alle?« Ich runzelte demonstrativ die Stirn. »Überlege dir deine Antwort gut. Wenn wir noch einen einzigen von ihnen zu Gesicht bekommen, Dschakid, wird sein Anblick das Letzte sein, das du jemals sehen wirst.«
»Ich sage die Wahrheit!«, keuchte Dschakid, der den Kopf mittlerweile so weit in den Nacken gelegt hatte, dass er jeden Moment nach hinten zu kippen drohte. Ich lockerte den Druck der Degenklinge ein wenig.
»Gut. Wo sind Letitia und Ali?«
»Der … der Beni Assar befindet sich im Kerker«, stöhnte Dschakid. »Wo die Frau ist, weiß ich nicht.«
Und diesmal spürte ich, dass er die Wahrheit sprach. Er hatte viel zu viel Angst, um mich zu belügen.
»Im Kerker«, wiederholte ich. »Gut. Dann wirst du mich jetzt dorthin bringen.«
»Das ist unmöglich!«, keuchte Dschakid. Sein Gesicht verlor alle Farbe. Er war der erste kreidebleiche Araber, den ich sah.
»Warum?«, fragte ich. »Wenn Nizars Krieger ausgeschaltet sind, droht doch keine Gefahr mehr, oder?«
Dschakid schluckte ein paar Mal. Aber er sagte nichts mehr.
Der Weg zurück erschien mir weiter als der hinab in die Schwarze Stadt, aber Dschakid reagierte auf meine dementsprechenden misstrauischen Fragen nur mit einem ebenso dümmlichen wie ausdauernden Lächeln.
Da er wie ich ein Mensch und somit auf Licht angewiesen war, um zu sehen, wäre es mir vermutlich ein Leichtes gewesen, ihm die Fackel wegzunehmen und ihn im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln stehen zu lassen. Aber ich traute Dschakid nicht einmal so weit, wie ich ihn sehen konnte. Der Bursche war alles andere als ein Dummkopf – vermutlich hätte er auch mit verbundenen Augen den Weg hinauf zu Nizar fünf Mal schneller gefunden als ich. Wenn es überhaupt einen Platz gab, an dem Dschakid im Moment sicher aufgehoben war, dann war es der an der Spitze meiner Degenklinge.
Ich atmete instinktiv auf, als wir die Schwarze Stadt verließen und wieder in die Kellergewölbe von Nizars Albtraumburg vordrangen – die freilich nichts als eine Fortsetzung des unterirdischen Labyrinthes darstellte. Trotzdem hatte ich das Gefühl, mit einem Male wieder freier atmen zu können. Selbst wenn es Kreaturen wie Dschakid und Nizar waren – dieser Teil der Festung wurde von Menschen bewohnt, während der Rest …
Für Augenblicke sah ich noch einmal das entsetzliche Ding, das mir um ein Haar den Verstand geraubt hätte. Allein die Erinnerung daran ließ mich schaudern. Ich verscheuchte das Bild.
Nach einer guten halben Stunde blieb Dschakid stehen, drehte sich vorsichtig um und drückte mit spitzen Fingern und einem vergebungsheischenden Lächeln die Degenspitze zur Seite, die auf seine Nase deutete.
»Wir sind da, Sidi«, sagte er. »Gleich am Ende des Ganges hier.«
»Dann geh voraus«, sagte ich.
Dschakid nickte, wandte sich um und wollte einen Schritt machen, aber ich hielt ihn mit einem scharfen Befehl zurück. Seine plötzliche Kooperationsbereitschaft war mir nicht ganz geheuer.
»Vielleicht gehst du besser hinter mir«, sagte ich. »Du wirst mir wohl kaum in den Rücken fallen, oder?«
Dschakid schluckte,
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