Hexer-Edition 18: Endstation Hölle
Fingerbreite unter dem Kinn. Der Beamte verdrehte augenblicklich die Augen und brach in die Knie. Fogg fing ihn auf und zog ihn zu der Pritsche hinüber. Er legte ihn darauf, stellte den Wasserkrug daneben und deckte den Kopf des Mannes mit dem Handtuch zu. Passepartout packte eilig die Tasche zusammen und steckte auch das Brot mit ein. Dann folgte er seinem Herrn hinaus aus der Zelle, die dieser sorgfältig verschloss. Mr. Fogg steckte den Schlüssel ein, dann verließen sie leise das Gebäude, wobei sie den Haupteingang benutzten, als seien sie Besucher. Sie vermieden es jedoch, draußen an einem der Fenster vorbeizugehen. Sie schlichen darunter entlang bis zur Ecke des Gebäudes, dann richteten sie sich auf und eilten auf die nächste Gasse zu, die zwischen den Lagerschuppen hindurchführte. Als sie außer Sichtweite des Platzes waren, an dem das Gebäude stand, hielt Phileas Fogg an. Er lächelte schelmisch.
»Zum Kai«, sagte er. »Wir haben noch genau zwei Stunden, um unsere Tickets ändern zu lassen und das Schiff zu besteigen!«
Sie wandten sich in die Richtung, aus der sie am Vortag gekommen waren, erreichten die Anlegestege und hielten nach dem Schiff Ausschau, das nach Bombay ging. Es war noch nicht da, aber ein französischer Schoner lag am Kai, der dasselbe Ziel hatte und ebenfalls ohne Zwischenaufenthalt nach Indien fuhr.
Phileas Fogg hatte es plötzlich eilig. Er sprang über den Steg bis an das Schiff und rief einen der Matrosen an, die auf dem Deck herumlungerten. Er erhielt sofort Antwort und die veranlasste ihn, auf dem Fuße kehrtzumachen und noch schneller zu rennen. Passepartout keuchte mit der Tasche hinter ihm her. Sie suchten die nächstbeste französische Reederei auf und dort erhielten sie gegen ein gehöriges Aufgeld eine neue Passagenbewilligung, die sie mit noch größerer Hast zurück zum Schoner laufen ließ.
La Republique hieß das Schiff, eine Mischung aus Segel- und Motorschiff. Phileas Fogg ging an Bord und Passepartout folgte ihm. Sie suchten den Deckmeister auf und ließen sich zwei Kabinen anweisen, in denen sie es sich bequem machten. Als die Glocke auf dem Deck Mittag schlug, ging ein Ruck durch das Schiff. Es löste sich von dem Steg und die beiden Weltreisenden gingen hinauf auf das Achterdeck. Sie blickten am Kai entlang und Passepartout entdeckte ein paar englische Polizisten, die es eilig hatten, auf das englische Schiff nach Bombay zu kommen. Offensichtlich hatte man mittlerweile den Beamten in seiner Zelle entdeckt.
»Viel Spaß«, murmelte Phileas Fogg und verzog geringschätzig sein Gesicht. Er trat an die Reling und zog ein etwas zerknittertes Stück Papier hervor. Es war der Steckbrief. Fogg zerriss ihn säuberlich in sechzehn gleich große Teile und streute diese über das Wasser des Hafens aus, aufmerksam beäugt von den Möwen, die das Schiff bei der Ausfahrt aus dem Hafen begleiteten.
Anschließend widmete Fogg seine Aufmerksamkeit der seltsamen Prozession, die sich dem Hafen näherte. Ein Kriegsschiff führte einen überdimensionalen, total verbeulten Eimer mit sich und zog ihn auf die Pier von Suez zu. Mr. Fogg fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er erkannte, dass es sich bei dem schwimmenden Blechhaufen um ein Schiff handelte, das auf eine unverstellbare Weise zu Schaden gekommen war.
Fogg musterte aus brennenden Augen das Deck des Wracks, auf dem sich die Menschen drängten. Waren sie dort drüben? Kamen die Verfolger mit diesem Schiff?
Und wenn schon. Wenn etwas sie zurzeit verfolgte, dann war es ihre eigene Vergangenheit.
»Passepartout!« Der Diener zuckte bei dem laut gesprochenen Wort zusammen.
»Ja?«, fragte er zaghaft.
»Wir gehen nach unten. Niemand braucht uns zu sehen!«
Der Diener sah, dass sein Herr wieder diesen verteufelten Lederbeutel in der Hand hielt. Ging es wieder los? Kam der nächste Anfall, der nach Meinung Passepartouts eindeutig auf den Einfluss dieses Beutels zurückzuführen war?
Er blieb zum Glück aus, aber Phileas Fogg schloss sich in seiner Kabine ein. Er ließ nur seinen Diener zu sich, der die Mahlzeiten brachte und die Wäsche in Ordnung hielt. Der aufgeschlossene Mann aus London erlebte die Überfahrt zwischen den engen Holzwänden, die ihm Wärme und Ruhe zu geben schienen.
Diesmal war es lediglich ein beschädigter Dampfkessel, der die elftägige Fahrt über den Indischen Ozean zu einem kleinen Abenteuer hatte werden lassen. Er war notdürftig geflickt worden und jetzt lief das Schiff auf die Reede
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