Hexer-Edition 18: Endstation Hölle
gelangte mit dem Oberkörper ins Freie und würgte den Ekel erregenden Brei aus mir heraus, schnappte wie ein Ertrinkender nach Luft.
Nach Minuten erst kam ich halbwegs zur Ruhe. Vorsichtig wand ich mich vollends aus dem zähen Schleim, kroch auf allen vieren ein paar Yards über steinigen Boden und drehte mich schließlich erschöpft auf den Rücken.
Mein Gott, ich lebte!
Ich schickte ein Dankgebet zum Himmel, bevor ich die Augen öffnete und das bizarre Wunder sah, dem ich mein Leben verdankte.
Hoch über mir wölbte sich ein seltsam anmutendes Dach; ein gigantischer Schirm rosafarbener Lamellen, aus dessen Mitte ein weißer, sich nach unten verdickender Stamm wuchs. Ein Stamm, der mir irgendwie feucht und aufgedunsen erschien und in dessen unterem Ende eine fleischfarbene Wunde klaffte: das Loch, durch das ich nach draußen gekrochen war.
Der Anblick der Lamellen erinnerte mich an irgendetwas, ohne dass ich sagen konnte, woran. Verwirrt erhob ich mich, taumelte ein paar Schritte weiter und sah abermals nach oben.
Und jetzt erkannte ich, was mich gerettet hatte. Mir stockte der Atem.
Es war ein Pilz!
Ein wahrhaft gigantischer, ins Riesenhafte vergrößerter Pilz!
Über eine Minute lang stand ich einfach nur da, ehrfurchtsvoll zu dem weißen Titanen aufblickend, dem ich mein Leben verdankte. Ich musste mitten auf seine Kappe gestürzt sein. Mein Fall war von dem weichen, nachgiebigen Fruchtfleisch abgebremst worden und ich war durch den Stamm fast bis zum Boden durchgedrungen.
Die Chancen, auf diese Weise gerettet zu werden, standen nicht einmal schlecht – um mich herum erstreckte sich ein ganzer Wald dieser riesigen Pilze, dicht an dicht gedrängt. Von oben hatten sie wie flache, weiße Hügel ausgesehen.
Eine plötzliche Heiterkeit stieg in mir auf. Einem … einem Champignon verdankte ich mein Leben! Ich würde nie mehr ein Pilzgericht essen können, ohne andächtig vor dem Teller niederzuknien!
Ich ließ mich zu Boden sinken … und lachte. Lachte mir all die schreckliche Anspannung und Todesangst der letzten Stunden von der Seele, lachte, bis mein Bauch schmerzte und die Tränen in Strömen über meine Wangen rollten.
Lachte, bis mich ein plötzlicher Gedanke mit einem Schlag ernüchterte.
Sill! Was war mit Sill el Mot geschehen?
Ich sprang wieder auf die Beine, lief einige Schritte ziellos in den Wald hinein, rief ihren Namen – und blieb wie erstarrt stehen, als mein Blick auf einen länglichen, das spärliche Licht reflektierenden Gegenstand fiel, der unweit von mir am Boden lag.
Ihr Schwert.
Mit wenigen Schritten erreichte ich die beidseitig geschliffene Waffe. Sie war gezogen – die edelsteinbesetzte Scheide lag einige Yards entfernt – und auf ihrer Klinge glänzte Blut!
Ich kniete nieder und nahm das Schwert vom Boden auf. Sill hatte es doch am Gürtel getragen; wie kam es also hierher? Dann bemerkte ich noch etwas: Ein Büschel weißer, strähniger Haare lag vor mir auf der Erde. Verwirrt griff ich danach und rieb es zwischen meinen Fingern.
Was, um alles in der Welt, war hier geschehen? Ich erhob mich wieder und sah mich nochmals um. Schließlich entdeckte ich den Pilz, in den Sill gestürzt sein musste, denn auch hier klaffte eine Öffnung im aufgeschwemmten weißen Fruchtfleisch des Stammes, doch war sie viel größer und zog sich fast um den gesamten Stamm herum. Gerade so … als hätte man Sills Körper von außen aus dem Pilz gegraben!
Dazu das Haarbüschel und das blutige Schwert – ich konnte nur zu einem Schluss kommen: Sill war von den Einwohnern dieser unterirdischen Welt entdeckt, überwältigt und entführt worden!
Und es war nicht einmal schwer, ihre Spur zu finden. Sill musste sich wie eine Löwin gewehrt haben. Hier war der Boden aufgewühlt, dort glänzten matte Blutstropfen auf den Steinen. Es war eine deutliche Fährte, eine Spur, der ich folgen musste, wollte ich Sill aus den Händen dieser Eingeborenen befreien.
Ich zögerte keine Sekunde. Das Blut am Boden war noch frisch; weit konnten die Entführer noch nicht gekommen sein. Ich nahm das Schwert auf, ließ die Klinge in die kostbare Scheide gleiten und folgte der Spur. Mein Respekt vor Sill wuchs mit jedem Schritt; das Schwert besaß ein solches Gewicht, dass ich geraume Zeit damit verbrachte, die günstigste Position zu finden, um es überhaupt tragen zu können.
Dass ein so schlankes und zartes Wesen wie Sill es mit spielerisch anmutender Leichtigkeit zu führen vermochte, erschien mir fast wie ein
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