Hexer-Edition 18: Endstation Hölle
mir eine Zeit des Übergangs gegeben. Mit der Erblindung kam das innere Sehen, ohne das ich nicht in der Lage wäre, meine eigentlichen Fähigkeiten einzusetzen. Das schleichende Gift, das der Templer mir damals gab – es hat seine Wirkung gezeigt!«
Er verstummte und hörte zu, wie Talsah ein Kienholz entzündete und die Höhle durchsuchte. Er kehrte zufrieden zurück und berichtete, dass sich kein Ungeziefer und kein Raubtier in der Höhle aufhielt.
Sundhaies lächelte. Sein Gesicht verstrahlte dieses gütige und alles einnehmende Lächeln, nur die Augen blieben tot, hellblauen Murmeln ähnlich, auf die jemand in künstlerischer Ignoranz zwei weiße Kleckse gemalt hatte.
»Lösche das Holz, wir benötigen es später!« Rajniv erhob sich und stützte sich mit der linken Hand gegen das feuchte Gestein. Die Hand strahlte Wärme ab und trocknete den Fels und der Alte fuhr mit erhobener Stimme fort: »Es ist eine bösartige Ausstrahlung. Sie weht von Westen her und sie hat von einem Menschen Besitz ergriffen. Er tut, was sie ihm eingibt. Er wird verfolgt und er stellt seinen Verfolgern eine Falle. Sei still jetzt, störe deinen Meister nicht. Ich will versuchen, ihn zu retten.«
Er ertastete einen Felsvorsprung und setzte sich darauf, beugte Kopf und Oberkörper nach vorn und stützte den Kopf in die Hände. Seine Augenlider schlossen sich und sein Geist richtete sich nach innen. Rajniv war jetzt nur er selber, ein alter Mann ohne Bezug zu der Welt, in der er lebte.
Er lauschte in sich hinein und erlebte einen Teil dessen mit, was geschah. Sein Körper vermochte nicht ganz, all das zu verbergen, was sein Geist entdeckte. Wie in Trance bewegte sich sein Oberkörper mal nach links, mal nach rechts, formten die Lippen lautlose Worte.
»Es sind drei. Sie reiten einen Hügelkamm entlang«, stieß er plötzlich hervor. »Sie brechen ein. Sie haben sich in der Falle gefangen, in die sie gelockt wurden. Aber warum, Monsieur? Warum sollen sie sterben? Die bösartige Ausstrahlung kommt von dem anderen. Nein, es darf nicht sein. Ich muss etwas tun. Ich muss sie retten!«
Er verstummte mit einem heiseren Röcheln, vergrub den Kopf noch tiefer in den Händen und krümmte sich.
Weit entfernt öffnete sich die Erde. Sie schuf einen dunklen Dom, eine Höhlung unter der Oberfläche, in die die drei Reiter und Pferde stürzten. Sundhaies konnte nicht erkennen, was dort unten war, woran es ihn hätte erinnern können, wenn er es wahrgenommen hätte. Er erfuhr lediglich einen Namen, der Teil jener Bösartigkeit war, die die drei Menschen in die Falle gelockt hatte.
Rajniv holte nochmals tief Luft, rang sich in einem unterdrückten Aufstöhnen die letzte Kraft für seinen Einsatz ab. Das, was er bisher in der Art eines unbeteiligten Beobachters wahrgenommen hatte, veränderte übergangslos die Perspektive, bewegte sich auf ihn zu und wuchs vor ihm auf, als rase er durch einen Tunnel darauf zu. Er fand sich in der Höhlung wieder und spürte nur die Anwesenheit der drei Körper, die stürzten. Auf die Pferde achtete er nicht, sie waren für ihn nichts, weswegen er hätte handeln müssen.
Rajniv Sundhaies mobilisierte seine Fähigkeit, die ihn zu einem Einzelgänger und Ausgestoßenen gemacht hatte, für die er von der Küste einst ins Landesinnere gejagt und vergiftet worden war. Etwas in ihm wurde glühend heiß, verströmte den Odem glühender Lava und griff nach den drei Körpern. Es begann sie zu umweben und einzuhüllen, rasend schnell, denn es blieb nicht viel Zeit.
Ein Knirschen und Quetschen drang an seine Ohren, die schweren Pferdeleiber waren auf Fels aufgeprallt und zerschlagen worden.
Jetzt! Der lautlose Befehl in ihm löste endgültig aus, wozu er fähig war. Der Odem hatte die drei stürzenden Körper ergriffen und ließ keine Lücke um sie herum.
Und es geschah. Ein kurzer, greller Lichtblitz zuckte durch das Dunkel der Höhlung und beleuchtete drei Männer, die wie in einer unsichtbaren Blase hin und her gewirbelt wurden. Der Lichtblitz erlosch, die Dunkelheit kehrte zurück. Die Höhlung verschwand rasend schnell in der Ferne und dann gab es drei dumpfe Geräusche, als die Körper den felsigen Untergrund berührten.
Sundhaies stieß einen Schrei aus und kippte vornüber. Talsah fing ihn behutsam auf und bettete ihn an die Felswand. Er fächelte ihm ein wenig Luft zu und das Zucken im Körper des alten Mannes hörte übergangslos auf.
Langsam, voller Vorbehalte und Zögern, öffnete Rajniv die Lider. Die
Weitere Kostenlose Bücher