Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel
entgegnete sie ausweichend. »Aber es gibt Spuren, die auf das Summers-Sanatorium hindeuten.«
Nach allem, was ich in den letzten Minuten erfahren hatte, hatte ich nicht mehr geglaubt, dass mich irgendetwas noch aus der Fassung bringen könnte. Shadows letzte Worte aber trafen mich wie ein Schlag. Ich taumelte und glaubte zu spüren, wie das Blut aus meinem Gesicht wich.
»Das Summers-Sanatorium?«, vergewisserte ich mich mit vor Erregung zitternder Stimme. »Das … das ist die Klinik, in der Pri behandelt wird!«
»Komm«, sagte Shadow anstelle einer Antwort und wandte sich zur Tür.
Für einen Sekundenbruchteil schockierte der unglaubliche Anblick Vernon Jackson, aber dank des Serums überwand er seinen Schrecken um ein Vielfaches schneller als ein normaler Mensch es vermocht hätte. Er fragte sich nicht erst, wieso Craven trotz der Spritze normal geblieben war, sondern handelte rein instinktiv.
Das aufflackernde Streichholz hatte ihm gezeigt, dass der Mann bereits zum Schlag ausholte. Jackson sprang zur Seite. Das dürftige zum Fenster hereinfallende Licht reichte kaum aus, um vage Umrisse wahrzunehmen. In einem Haus wie diesem würde es wahrscheinlich bereits elektrischen Strom geben und er glaubte an der Decke eine Lampe erkannt zu haben. Er musste den Schalter erreichen, um den Kampf schnell zu beenden. Gefahr drohte ihm nicht, schließlich handelte es sich bei seinem Gegner nur um einen Menschen, doch er durfte keinen Lärm verursachen und damit Hilfe herbeiholen. Es wunderte ihn, dass Craven das nicht schon längst getan hatte. Offensichtlich rechnete er damit, allein mit dem vermeintlichen Einbrecher fertig zu werden.
Nun, er würde eine böse Überraschung erleben. Jackson lächelte grimmig, während er seinen Gegner in großem Bogen umrundete und sich der Tür näherte. Durch diese glückliche Wendung der Geschehnisse konnte er sowohl Craven wie auch die unbekannte Frau in seine Gewalt bringen, wenn er es geschickt anstellte.
Gegen das Rechteck des Fensters konnte er sehen, wie Craven blindlings im Raum umhertastete. Mittlerweile war der Arzt an der Tür angelangt. Mit der Hand tastete er über die Wand, bis seine Finger den Lichtschalter berührten. Die plötzliche Helligkeit des aufflammenden Deckenlichts blendete ihn.
Nicht so Craven. Unglaublich schnell fuhr der Mann herum und stürmte auf ihn zu. Als Jackson ihn dicht vor sich sah, war es fast schon zu spät um noch zu reagieren. Im letzten Moment konnte er sich unter dem wuchtigen Schlag ducken.
Kaum eine Hand breit über seinem Kopf traf Cravens Faust die Tür. Das Holz splitterte mit lautem Krachen. Es handelte sich um massives, mehr als ein Inch dickes Eichenholz.
Jetzt befand sich ein faustgroßes Loch darin.
Von seinem eigenen Schwung wurde Robert Craven vorwärts gerissen. Jackson sprang zur Seite, um nicht mit ihm zusammenzuprallen. Fassungslos starrte er auf das Loch in der Tür, durch das Cravens Arm fast bis zur Schulter verschwunden war. Er begriff nicht, wie so etwas passieren konnte. Kein normaler Mensch hätte einen solchen Schlag überstehen können, ohne sich nicht wenigstens die Hand zu brechen. Craven sah nicht einmal besonders kräftig aus. Er schrie nicht, nicht der geringste Schmerz zeigte sich auf seinem Gesicht.
Mit einem Ruck zog er den Arm zurück. Die Haut an den Knöcheln war aufgeplatzt, doch kein Tropfen Blut quoll aus der Wunde. Stattdessen sah Jackson etwas Metallisches blitzen. Der Anblick war so unglaublich, dass er an seinem Verstand zweifelte.
Craven nutzte den Moment der Unachtsamkeit ohne zu zögern aus. Seine Hand zuckte vor und bekam Jacksons Arm zu packen. Wie eine Stahlklammer schlossen sich die Finger um sein Handgelenk.
Jetzt erst überwand der Arzt seinen Schock. Zum Teufel, er war jedem anderen Menschen durch das Serum an Kraft überlegen. Was Craven gezeigt hatte, war beeindruckend gewesen, aber es gab ganz einfache Erklärungen dafür. Vielleicht sah die Tür nur so massiv aus und war in Wirklichkeit innen hohl. In jedem Fall war der Mann mit der närrischen weißen Haarsträhne kein ernst zu nehmender Gegner für ihn.
Entschlossen wollte er sich losreißen. Der einzige Erfolg war, dass der Griff noch fester wurde. Mit einem kurzen, unglaublich harten Ruck brachte Craven ihn aus dem Gleichgewicht und riss ihn zu sich heran.
Jackson schrie auf, weniger vor Schmerz als vor Entsetzen über die Kraft seines Gegners, die selbst der seinen noch weit überlegen war. Er fiel nach vorne,
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