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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hinein verfolgte mich das Bild, das ich die ganze Zeit über durch die Visionen hindurch gesehen hatte.
    Das Bild einer Frau von zarter, elfenhafter Gestalt, mit alabasterfarbener Haut und einem feingeschnittenen Gesicht, umrahmt von schulterlangem, goldenem Haar.
    Das Bild einer Frau, die vor mehr als einem halben Jahr in meinen Armen gestorben war.
    Shadow!
     
    Es gab nichts Besonderes an dem Haus am Ashton Place 9, sah man davon ab, dass es in einer der exklusivsten Wohngegenden Londons lag und der verwahrloste Garten gerade hier für den Geschmack eines jeden Engländers eine empfindliche Beleidigung darstellte. Trotz der Dunkelheit und des Nebels, der wie eine Decke über dem Boden lag und sich als bizarres, vielarmiges Gespinst an den Pflanzen hochwand, war der schlechte Zustand des Grundstücks zu erkennen. Ein zufällig vorbeikommender Passant hätte dem Anwesen wohl nur einen flüchtigen Blick gewidmet und wäre dann kopfschüttelnd – und vielleicht eine Spur hastiger als zuvor – weitergegangen.
    Aber Vernon Jackson war nicht zufällig hier vorbeigekommen und er ging auch nicht weiter. Im Gegenteil, wie gebannt starrte er das Haus an.
    Es war groß, sehr groß sogar; dreieinhalb Stockwerke hoch und mehr als hundert Fuß breit, aber es war nicht die alleinige Größe des Bauwerks, die ihn in ihren Bann schlug. Der Nebel ließ es nur verschwommen sichtbar werden, aber was Jackson sah, weckte in ihm nicht die Neugier auf mehr. Das Gebäude schien auf eine unbegreifliche Art zu leben, es schien im Rhythmus eines riesigen schwarzen Herzens zu pulsieren und Gestalt gewordene Düsternis wie einen verderbenden Odem auszuatmen. Der Arzt glaubte schattige schwarze Arme zu sehen, die aus den Mauern nach ihm griffen, das ganze Haus beugte sich über ihn und öffnete sein Maul, um ihn zu verschlingen, dann …
    Schlagartig zerplatzte die Vision. Schwer atmend lehnte sich Jackson gegen die rostigen Gitterstäbe, die das Anwesen umgaben, und wischte mit dem Handrücken den kalten Schweiß fort, der sich auf seiner Stirn gebildet hatte. Als er nach einigen Sekunden aufblickte, war Andara-House wieder ein Gebäude wie jedes andere.
    Zumindest fast …
    Er versuchte die Visionen zu verdrängen, die auf ihn eingestürmt waren, aber sie hatten sich wie ein schleichendes Gift in seinem Geist eingenistet und nahmen Einfluss auf seine Gedanken. Was er erlebt hatte, war weit mehr als nur eine Illusion gewesen. Das Haus hatte erkannt, dass er seinem Besitzer feindlich gesonnen war, und es hatte ihm eine eindeutige Warnung zukommen lassen.
    Unsinn, schalt Jackson sich selbst. Gerade er, der tiefer als jeder andere Mensch in die Geheimnisse der Existenz vorgedrungen war, wusste, dass es nichts gab, das totem Stein ein wie auch immer geartetes Leben einhauchen konnte. Seine Nerven waren überreizt und er hatte sich etwas eingebildet. Kein Wunder, bei allem, was er in den letzten Tagen erlebt hatte. Er, der wahrscheinlich bedeutendste Wissenschaftler der Welt, der auf dem Wege war, den perfekten Menschen zu erschaffen, ließ sich wie ein Kind von einer Patientin herumkommandieren und sogar zu einem Einbruch überreden, nur weil er ihre Launen ertragen musste, bis seine Forschungen endlich abgeschlossen waren.
    Etwas in ihm sträubte sich dagegen, ihren Befehl zu befolgen. Er wollte nicht in dieses verdammte Haus und schon gar nicht aus den dürftigen Gründen, die Priscylla ihm genannt hatte, aber ihr Befehl war stärker. Er hatte den Tag verstreichen lassen und bis zum Abend gewartet, aber nun durfte er nicht noch mehr Zeit vergeuden.
    Ohne länger zu zögern, zog er sich an den Gitterstäben hoch und tastete mit den Füßen so lange umher, bis er eine Querstrebe fand, an der er sich abstützen konnte. Dann schwang er sich über die Eisenspitzen und sprang auf der anderen Seite des Gitters zu Boden. Das weiche Erdreich dämpfte seinen Aufprall. Er kauerte sich in den Schatten der Büsche und wartete einige Sekunden, ob sich im Haus etwas regte. Auch jetzt erinnerte er sich noch deutlich an die Vision, in der ihm das Gebäude wie ein steinerner, tentakelbewehrter Wächter erschienen war.
    Doch alles blieb ruhig. Jetzt kamen Jackson der Nebel und der verwilderte Zustand des Gartens entgegen. Selbst wenn zufällig jemand aus dem Fenster schauen würde, könnte er ihn inmitten der Büsche und des beinahe mannshohen Unkrauts kaum entdecken.
    Lautlos wie ein Schatten huschte er weiter, aber die Unsicherheit folgte ihm wie ein zweiter

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