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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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versuchte sich hochzustemmen und sank auf die Knie zurück. Sein Schrei wurde zu einem erstickten Keuchen, als der Griff Cravens so fest wurde, dass er ihm die Hand zu zerquetschen drohte.
    »Nicht!«, röchelte er. »Lassen Sie mich. Ich … ich tue alles, was Sie sagen.«
    Reglos stand sein Gegner vor ihm und presste ihn allein mit einer Hand zu Boden. Einige Sekunden lang kreuzten sich ihre Blicke. Kalter Angstschweiß bildete sich auf Jacksons Stirn. Er hatte sich für unbesiegbar gehalten und nun wurde er quasi im Handumdrehen von einem Menschen bezwungen.
    »Wo ist Robert Craven?«, fragte der Mann kalt.
    »Aber …« Der Arzt verstummte, als ihm bewusst wurde, was die Frage bedeutete. Der Mann war nicht Craven, obwohl er genauso aussah, wie Priscylla ihn beschrieben hatte.
    »Ich weiß es nicht«, keuchte Jackson.
    Der Griff verstärkte sich und wieder schrie er vor Schmerz auf.
    »Wo ist Craven?«, fragte der Unbekannte noch einmal.
    »Ich … Im Summers-Sanatorium«, stieß Jackson hervor. Vielleicht würde diese Notlüge ihm helfen. Schreckensstarr blickte er zu dem Mann auf.
    Die ganze Zeit über blieb das Gesicht des Unbekannten völlig ausdruckslos. Auch seine Augen wirkten wie tote Glasmurmeln. Kein Lebensfunke zeigte sich darin. Kein Triumph, kein Hass, nichts.
    Nur eisige Kälte.
    Und plötzlich wusste Vernon Jackson, dass er sich erneut getäuscht hatte. Er wusste nicht, was diese Kreatur darstellte, aber er stand keinem Menschen gegenüber. Die Erkenntnis kam zu spät für ihn und selbst wenn er die Wahrheit früher geahnt hätte, hätte er an seinem Schicksal nichts mehr ändern können. Ein Schlag traf sein Kinn mit solcher Wucht, dass sein Kopf in den Nacken geschleudert wurde und er augenblicklich das Bewusstsein verlor. Das Letzte, was er in seinem Leben spürte, waren die Hände der Kreatur, die sich wie Schraubstöcke um seine Kehle legten und erbarmungslos zudrückten.
     
    Wir brauchten fast zwei Stunden, um das einsam gelegene Sanatorium am Stadtrand von London zu erreichen, da wir alle stark frequentierten Straßen meiden mussten und immer wieder gezwungen waren lange Umwege durch einsame Gassen zu machen. Sicherlich wurde bereits nach uns gefahndet und die Gefahr, dass jemand mich als den gesuchten Mörder erkannte, war zu groß. Wenn das stimmte, was Shadow mir erzählt hatte, musste ich für jeden, der mich sah, einen überaus auffälligen Anblick bieten.
    Aber wir erreichten die Klinik, ohne einmal behelligt zu werden. Der Nebel war uns zugute gekommen, es handelte sich um einen nicht besonders dichten, dafür aber unangenehm feuchten Nebel, der unter die Kleidung kroch und sie klamm werden ließ. Zudem hatte sich die Temperatur empfindlich abgekühlt. Bei diesem Wetter waren nicht viele Menschen unterwegs und die wenigen, denen wir begegnet waren, waren wie Schemen an uns vorbeigehastet, ohne uns auch nur eines Blickes zu würdigen.
    Das Gelände des Sanatoriums wurde von einer fast drei Yards hohen Mauer begrenzt. Es gab ein großes, schmiedeeisernes Tor, doch um diese Zeit war es natürlich verschlossen.
    »Und nun?«, fragte ich niedergeschlagen. Nur mit Mühe brachte ich die Worte heraus. Ich hatte das Gefühl, als wäre mein Mund eingefroren. Fröstelnd schlang ich die Arme um den Körper.
    Wortlos deutete Shadow auf eine Baumgruppe, die sich einige Dutzend Yards von dem Tor entfernt erhoben. Einer der kahlen Äste reichte bis fast an die Mauerkrone heran.
    Shadow hob mich hoch, bis ich den untersten Ast packen und mich hinaufschwingen konnte. Anschließend zog ich sie zu mir hinauf. Ihr Gewicht schien mir die Arme aus den Schultern zu reißen und ich wusste hinterher nicht mehr zu sagen, wie ich es überhaupt geschafft hatte.
    Mit vor Kälte steifen Fingern kletterte ich weiter. Schließlich hatte ich den zur Mauer führenden Ast erreicht. Von unten war er mir wesentlich breiter vorgekommen, als er in Wirklichkeit war. Auf Händen und Knien kroch ich vorwärts. Bei jeder Bewegung neigte sich der Ast und schaukelte. Je weiter ich kam, desto stärker senkte er sich. Jeden Moment rechnete ich damit, hinter mir ein Splittern zu hören, das ankündigte, dass er mein Gewicht nicht länger tragen konnte. Einige Sekunden lang musste ich verschnaufen, bevor ich weiterkroch. Ich hätte nie gedacht, zu welcher Entfernung sich ein so kurzes Stück dehnen konnte, bis ich mich endlich auf die Mauerkrone schwingen konnte.
    Auf der anderen Seite erstreckte sich Rasen. Ich umklammerte die

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