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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schatten. Mit erschreckender Deutlichkeit wurde ihm bewusst, dass er nicht die Entdeckung durch einen der Bewohner des Hauses fürchtete. Priscylla hatte ihm verraten, dass nur ein gewisser Howard Lovecraft mit seinem Diener Rowlf, die Gesellschafterin Mary Winden und noch einige Bedienstete darin lebten; niemand, den er zu fürchten hätte.
    Was er fürchtete, was das Haus selbst. Er glaubte zu spüren, dass es ihn beobachtete und mit boshafter Gier nur auf eine Gelegenheit wartete, ihn zu verschlingen.
    Er umrundete das Gebäude zur Hälfte, bis er eine kleine Terrasse erreichte. Unkraut wucherte auch hier zwischen den Steinen hervor und hatte sie teilweise aus den Fugen gehoben. Doch er entdeckte, was er gesucht hatte. Ein Fenster stand weit offen; der dahinter liegende Raum war dunkel.
    Vernon Jackson griff in die Tasche und zog einen kleinen Glaszylinder hervor. Rasch entkorkte er das Gefäß und trank die darin befindliche Flüssigkeit mit einem Schluck aus.
    Die Wirkung setzte beinahe augenblicklich ein. Er spürte, wie mit jedem Atemzug neue Kraft durch seinen Körper pulste, Kraft, die ihn jedem Gegner überlegen machte. Muskeln bildeten sich an seinen schmächtigen Armen, sein Brustkorb dehnte sich aus.
    Nach wenigen Sekunden war die Verwandlung abgeschlossen. Er kletterte über die Fensterbank und drang ins Innere des Hauses ein. Dunkelheit umfing ihn. Er holte ein Päckchen Streichhölzer aus der Tasche und riss eines an. Der aufflammende Schwefelkopf tauchte das Zimmer für einen Sekundenbruchteil in flackernde Helligkeit, bevor ein Windhauch die Flamme wieder ausblies.
    Aber so kurz das Licht auch nur aufgeflammt war, reichte es doch, um Vernon Jackson zu zeigen, dass er nicht allein im Raum war.
    Und das Licht hatte auch ausgereicht, ihn das Gesicht des Mannes erkennen zu lassen, der kaum einen Yard vor ihm stand.
    Das Gesicht Robert Cravens!
     
    Mein Erwachen war langsam und voller Qual. Eine Flut peinigender Schmerzen durchzog meinen Körper wie ein feuriges Geflecht. Das Zentrum der Schmerzen lag in meinem Kopf. Sekundenlang blieb ich völlig reglos liegen und kämpfte gegen den rasenden Kopfschmerz an, bis er sich auf ein halbwegs erträgliches Maß abmilderte.
    Ich schlug die Augen auf und kniff sie sofort wieder zusammen, als grelles Licht mich blendete und den Schmerz zu neuer Agonie anfachte. Stöhnend massierte ich meine Schläfen und wartete, bis der Schmerz wieder abflaute.
    Als ich die Augen zum zweiten Mal öffnete, schirmte ich sie mit der Hand ab, was sich jedoch als unnötig erwies, da jemand die Lampe vor meinem Gesicht weggenommen hatte. Ich versuchte die Benommenheit wegzublinzeln und allmählich schälte sich Bills Gesicht aus den Nebelschwaden vor meinen Augen.
    Im gleichen Moment traf mich die Erinnerung mit der Wucht eines Hammerschlages.
    »Shadow!«, hauchte ich. Ich wollte ihren Namen schreien, doch meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich spürte, wie die El-o-hym nach meinem Geist tastete und beruhigende Impulse in mein Gehirn sandte. Diesmal widersetzte ich mich der Beeinflussung nicht. Ich fühlte mich schlagartig besser, die Schmerzen waren wie weggewischt.
    »Warum hast du das getan, Robert?«, fragte sie leise. »Du hast alles gefährdet.« In ihrer Stimme lag kein Zorn, nicht einmal Tadel, sondern nur eine tiefe Niedergeschlagenheit, die ich nicht begriff. Sie hob die Hände und ließ sie resignierend wieder sinken. »Aber ich bin auch selbst schuld. Ich habe mich überschätzt. Meine Kräfte waren noch zu schwach, um die Tarnung dir gegenüber aufrecht zu erhalten.«
    Tausend und mehr Fragen brannten mir auf der Zunge, aber ich war unfähig zu sprechen. Shadow war vor mehr als einem halben Jahr in meinen Armen gestorben, von Necron zu Tode gefoltert.
    Nun saß sie mir wieder gegenüber. Ich war zu benommen, um das Geschehen wirklich zu begreifen; in meinem Kopf war eine dumpfe Leere. Ich verspürte keine Freude, nur Unverständnis. Shadow war die einzige Frau, die ich außer Priscylla jemals geliebt hatte, ein zum Menschen gewordener Engel und nun sah ich sie in der Gestalt eines Mannes vor mir. Es hob alles auf eine Ebene des Unwirklichen; mein Gehirn war nicht in der Lage, diesen Widerspruch zu verarbeiten. Zumindest nicht so schnell. Ich würde Zeit brauchen, viel Zeit. Ich rief mir Shadow in Erinnerung, wie ich sie gekannt hatte, doch dieses Bild verschwand immer wieder hinter dem Anblick, den Bills Körper mir bot.
    »Dieser … dieser Körper«, stammelte ich.

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