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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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weit in den Himmel hinein; hier und da schien sie mit der blauen Kuppel zu verschmelzen, obwohl ich mir dessen nicht vollends sicher war.
    Aber es war unmöglich, dachte ich immer wieder. Was zum Teufel hielt diese ungeheuerlichen Wassermassen zurück?
    Ich beschloss die Lösung dieses Rätsels auf später zu verschieben und konzentrierte mich ganz darauf, Madur zu folgen. Eine Zeit lang kamen wir ganz gut voran, wenn man die reglose Sill berücksichtigte, die wir zwischen uns trugen. Aber meine Kräfte ließen rapide nach und bald stolperte ich mehr hinter meinem hünenhaften Führer her, als ich ging. Schließlich erreichten wie eine runde, mit flachem blaugrauem Moos bewachsene Lichtung, an deren Rand Madur abermals stehen blieb und mich mit einer Mischung aus – wenn auch gutmütigem – Mitleid und Ungeduld ansah.
    »So geht das nicht, Robät«, sagte er. »Wir verlieren zu viel Zeit.« Er seufzte, sah sich um und deutete mit einer Kopfbewegung auf den gegenüberliegenden Rand der Lichtung. »Dort sind junge Bäume und Luftwurzeln«, sagte er. »Lass uns ein paar davon schlagen und eine Trage bauen.«
    Sein Vorschlag erschien mir nur logisch. Vorsichtig legten wir Sill neben einem fast zwei Yards durchmessenden Urwaldriesen ab, wandten uns um und gingen los.
    Schon beim ersten Schritt sank ich bis an die Knöchel ein. Der Boden war feucht und ich spürte, wie er unter meinem Gewicht zitterte wie eine gewaltige, lebende Masse. Wasser lief mir in die Schuhe.
    Ich fluchte, zog wütend den rechten Fuß aus dem Morast und sank mit dem anderen ein gutes Stück tiefer ein.
    »Was hast du, Robät?«, fragte Madur harmlos.
    Eine Spur zu harmlos, für meinen Geschmack. Erschrocken wandte ich mich zu ihm um – und sank allein durch die hastige Bewegung ein Stück weiter ein. Warmer Morast schloss sich um meine Knöchel und begann gluckernd an meinen Waden emporzukriechen. Es war ein Gefühl, als strichen widerlich schleimige Hände über meine Haut.
    Madur grinste. Und es war ganz und gar kein freundliches Grinsen mehr. »Hast du Schwierigkeiten, Robät?«, fragte er hämisch.
    »Du -«
    »Du solltest dir überlegen, was du sagst, du Nicht-Freund der Ancen«, unterbrach mich Madur ruhig. »Wenn du mich ärgerst, bringe ich es glatt fertig, mich herumzudrehen und dich allein zu lassen. Und das«, fügte er nach einer genau bemessenen Pause hinzu, »würde dir sicher nicht gefallen.«
    Ich musste ihm Recht geben. Der Schlamm kroch jetzt langsam an meinen Waden empor; noch eine Hand breit, und er hatte meine Knie erreicht. Madur hatte mich in einen Sumpf gelockt.
    Angst und Zorn gaben mir zusätzliche Kraft. Mit aller Gewalt zerrte ich mein rechtes Bein aus der warmen Schlammmasse (wodurch ich mit dem anderen bis über das Knie einsank), versuchte einen Schritt zu machen und verlor prompt das Gleichgewicht. Der Sumpf, in dem ich mit dem linken Bein bis an den Oberschenkel versunken war, hielt mich in einer grotesken, halb aufrechten, halb nach vorne geneigten Haltung fest. Ich ruderte hilflos mit den Armen, kippte ganz langsam nach vorne und versank nun auch mit den Händen in der tückischen Masse.
    »Ich könnte dich ja herausholen«, sinnierte Madur. »Aber ich fürchte, dann würdest du wieder einen deiner schmutzigen Ancen-Tricks anwenden, um mich zu verzaubern.«
    Ich warf ihm sämtliche Schimpfworte an den Kopf, die ich während meines Arabien-Aufenthaltes gelernt hatte – und das waren eine Menge – brachte das Kunststück fertig, die rechte Hand aus dem Morast zu ziehen und warf mich mit aller Kraft nach vorne. Meine Finger bekamen eine Luftwurzel zu fassen, die sich wie eine vielfingrige Hand ein Stück weit in den Sumpf hinein erstreckte. Hastig verlagerte ich mein Körpergewicht, riss auch die andere Hand los und klammerte mich mit aller Macht fest. Ich lag jetzt fast flach auf dem Bauch, bis zu den Hüften eingesunken und das Gesicht nur noch eine Handspanne über dem blauen Moos, das so friedfertig aussah – und unter dem der Tod lauerte. Verzweifelt raffte ich noch einmal alle Kraft zusammen und versuchte mich an der Wurzel aus dem Sumpf zu ziehen. Es ging, aber an meinen Beinen schienen unsichtbare Riesenhände zu zerren. Jeder Inch, den ich mich aus der schlüpfrigen warmen Masse hervorarbeitete, kostete mich ungeheure Mühe.
    Madur runzelte die Stirn, ging gemächlich auf die Luftwurzel zu und sah kopfschüttelnd auf meine Hände herab. Dann ging er in die Hocke, grinste mich an und zog seinen Dolch aus

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