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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Heilkundiger wird sich um die Wunden deiner Gefährtin kümmern.«
    Erleichtert ließ ich mich abermals neben ihm nieder, rollte ihn herum und löste die Lederriemen, die seine Hände zusammenhielten. Madur nickte dankbar, setzte sich auf und entfesselte seine Beine aus eigener Kraft.
    Wenige Augenblicke später hoben wir die bewusstlose Sill behutsam auf, nahmen sie zwischen uns und verließen die Grabkammer.
     
    Mereda nahm dankbar den Becher entgegen und trank die heiße Flüssigkeit mit tiefen, gierigen Zügen, ohne darauf zu achten, dass sie sich den Gaumen damit verbrannte. Zu viel war in den letzten Stunden auf sie eingestürmt. Es war allein ihrem rastlosen Drängen zu verdanken, dass sich sofort nach Cardas Tod und dem Ende des alten Kreises ein neuer magischer Kreis im Conden-Turm gebildet hatte, mit ihr als neuer Versteherin. Wie es Sitte war, hatte sie das Lied der Macht angestimmt, mit dem sie sich auf den Kreis und der Kreis sich auf sie einstimmte.
    Es war ihr gelungen, besser als sie es bei ihren Adepten erwarten konnte, deren Kräfte teilweise noch sehr schwach und kaum ausgebildet waren. Sie hatte sich zur Herrin des Kreises aufgeschwungen und damit zur Herrin den Conden-Turmes. Bis zu jenem Augenblick, in dem eine fremde Kraft auf die Magie des Kreises eingewirkt hatte.
    Noch jetzt spürte Mereda das Entsetzen in sich, das sie dabei empfunden hatte. Zunächst hatte sie geglaubt, es sei der Dämon das Ancen-Turmes, der nach ihr greifen würde, um auch den neuen Magierkreis von Conden zu vernichten, so wie er den ersten zerstört hatte.
    Aber es war etwas anderes gewesen, eine neue Kraft, die – und dessen war sich Mereda vollkommen sicher – irgendwie mit dem Bild des Fremden mit den Haaren im Gesicht zu tun hatte, wenn es auch vielleicht nicht seine Kraft war. Einen Angriff des Kampfdämons von Ancen hätte sie nicht durchgestanden. Nicht mit einem Kreis, der aus Kindern bestand, die gerade erst begannen, ihre Kräfte zu entdecken.
    Doch es handelte sich um eine völlig fremde, unbekannte Kraft, die sich in das Zusammenspiel des Kreises einmischte, eine Kraft, die sie nicht abwehren konnte, ohne den Kreis und sich selbst zu vernichten. Hilflos hatte sie zusehen müssen, wie diese fremde Macht alle Kraft des Kreises an sich zog und für sich selbst verwendete. Sie hatte nicht erkannt, wozu. Es war auch nicht unbedingt eine feindliche Kraft gewesen. Aber nicht jeder, der nicht ihr Feind war, war dadurch automatisch auch ihr Freund. Ganz und gar nicht.
    Sie reichte den Becher an Xird zurück, fuhr sich mit einer betont ruhigen Geste durch das Haar und wandte sich wieder zu den anderen Mitgliedern des neuen Kreises um. Keiner dieser Narren hatte wirklich bemerkt, was geschehen war. Der eine oder andere mochte gespürt haben, dass nicht alles so verlaufen war, wie Mereda es wünschte. Aber keiner ahnte die Wahrheit.
    Nämlich die, dass Mereda auf eine Kraft gestoßen war, die der ihren grenzenlos überlegen war.
    In Meredas Gedanken hallte auch noch Madurs überraschter Ruf nach, als dieser mit seinen drei Leibwächtern so plötzlich auf die beiden Fremden gestoßen war. Die nächsten Bilder, die sie seinem erregten Gehirn entnahm, zeigten einen düsteren, nach Tod und Blut riechenden Raum. Und jenen fremden Mann, bei dessen Anblick sich irgendetwas in ihr zusammenzog.
    Der Fremde hatte noch ein zweites Mal in das Zusammenspiel ihres Kreises eingegriffen und ihr und allen Mitgliedern das letzte Quäntchen an Kraft entzogen, dessen er habhaft werden konnte.
    Langsam trat sie wieder in den Kreis zurück. Die Adepten blickten sie an, erwartungsvoll, manche mit eindeutiger Angst, alle voller Unsicherheit. Alles war so schnell gegangen. Sie hätten noch so lange gehabt, wäre die Katastrophe nicht eingetreten. Jetzt mussten sie in Tagen, ja, Stunden, lernen, wozu Jahre vorgesehen gewesen waren.
    Trotzdem konnte sie in den Augen der in den Saal drängenden Leute nirgends eine Spur von Vorwurf erkennen. Sie hatte versagt, das wusste sie, aber niemand schien es bemerkt zu haben. Sie war erleichtert.
    Doch Mereda wusste auch, dass sie sich nicht von ihren Gefühlen leiten lassen durfte. Wenn sie ihre Macht über den Conden-Turm nicht verlieren wollte, musste sie kühlen Kopf bewahren. Nicht alle Adepten standen auf ihrer Seite.
    Im Hintergrund der Halle sah sie Tonn, den zweiten Sree-Hauptmann des Turmes mit Aneh tuscheln. Aneh hatte eine Zeit lang als ihre ärgste Konkurrentin für Cardas Nachfolge gegolten.

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