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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erwartete Ausbruch blieb aus. Ganz im Gegenteil – plötzlich lächelte er, trat beiseite und machte eine einladende Geste in Sills Richtung. »Nur zu. Wenn du sie unbedingt mitnehmen willst, dann tu es.«
    Ich starrte ihn finster an, sagte jedoch nichts mehr, sondern ging wütend an ihm vorbei zu Sill zurück. Sie lag noch so da, wie wir sie hingelegt hatten. Ihr Gesicht war bleich wie das einer Toten und als ich ihre Haut berührte, spürte ich, dass sie hohes Fieber hatte.
    So vorsichtig, wie ich überhaupt nur konnte – es war nicht sehr behutsam –, hob ich sie auf die Arme, drehte mich wieder herum und machte einen ungeschickten Schritt in Madurs Richtung.
    Der Riese sah mich kopfschüttelnd an. »Du bist ein Narr, Robät«, sagte er, nicht wütend, sondern im Ton einer rein sachlichen Feststellung. »Du wirst es nicht schaffen. Es sind sieben oder acht Stunden bis zum Conden-Turm. Wir können von Glück sagen, wenn wir nicht auf eine Patrouille der Ancen-Honks stoßen.«
    »Ich werde es schon schaffen«, sagte ich zornig.
    »Wie schon erwähnt«, fuhr Madur ungerührt fort, »befinden wir uns auf der feindlichen Seite des Sees. Um es genau zu sagen, wir sind so nahe am Ancen-Turm, wie seit Jahren keiner mehr aus Conden. Wir werden uns durch die beiden Verteidigungslinien von Ancen hindurch schleichen müssen, um nach Hause zu kommen. Unsere einzige Chance ist dabei die Tatsache, dass wir für diese Honks aus der falschen Richtung kommen. Die Sree und Krieger von Ancen erwarten keine Conden-Leute in ihrem Rücken. Wenn wir Glück haben, stoßen wir auf ein paar von unseren Sree. Aber wahrscheinlich werden wir kämpfen müssen. Kannst du kämpfen, mit der Frau auf den Armen, Zauberer?«
    Ich hätte eine Menge darum gegeben, die Antwort auf diese Frage zu wissen.
     
    Der Kreis zerbrach. Mereda hatte die Adepten unbarmherzig angetrieben, ihnen mehr abverlangt, als sie zu geben imstande waren. Jetzt musste sie sie entlassen. Sie spürte, dass sie sie töten würde, zwang sie sie, weiterzumachen.
    Zwei, drei der jugendlichen Magier brachen erschöpft zusammen, ein blondhaariges Mädchen, das schon während der Beschwörung immer wieder aus dem Kreis auszubrechen versucht hatte, torkelte ein paar Schritte davon und übergab sich vor Schwäche. Andere schleppten sich mit letzter Kraft davon, auf ihre Diener zu, die dem schier endlos währenden Gesang mit wachsender Besorgnis gefolgt waren.
    Und auch Mereda fühlte sich ausgebrannt; leer und müde wie noch nie zuvor. Es hatte sie ungeheure Überwindung gekostet, die Verbindung zu Madur über die gewaltige Entfernung aufrechtzuerhalten.
    Und trotzdem spielte ein sanftes, sehr zufriedenes Lächeln um ihre Lippen, als sie auf Xird zuging.
    Es hatte sich gelohnt.
    Er war es.
    Er wusste es selbst nicht, ganz, wie es die alten Lieder sagten, aber Mereda hatte jetzt keinen Zweifel mehr.
    Und sie zweifelte auch nicht daran, dass Madur ihn hierher bringen würde.
    Ebenso wenig, wie sie daran zweifelte, dass es vollbracht war. Der Krieg war so gut wie beendet.
    In einem, längstens zwei Tagen würde es keinen Ancen-Turm mehr geben.
     
    Der Weg war endlos und jeder einzelne Meter wurde zur Qual. Madur schlug ein geradezu mörderisches Tempo an und er suchte nicht gerade den bequemsten Weg aus, sondern führte uns mitten durch Sümpfe, in die ich bis zu den Knien einsank, dorniges Unterholz, gegen das seine steinharte Lederrüstung vielleicht Schutz bot, meine ohnehin zerfetzten Kleider jedoch nicht, oder über zerklüftete Felsebenen, zwischen denen sonderbar gefärbte Pflanzen hervorwuchsen, die – wie ich auf recht schmerzhafte Weise herausfand – eine Art Super-Brennnessel zu sein schienen. Schon nach wenigen Minuten hefteten sich ein halbes Dutzend fetter, kinderfaustgroßer Blutegel an meine Beine. Da Madur mir keine Pause zugestand, versuchte ich sie mir beim Gehen von der Haut zu pflücken. Dabei kam ich ins Stolpern und stürzte zusammen mit Sill in das nächste Schlammloch. Als ich mich wieder auf die Beine gekämpft hatte, hingen die Egel nicht mehr nur an meinen Beinen. Mühsam hob ich Sill auf, versuchte ihr Gewicht irgendwie auf meinen Armen zu verteilen und machte einen stolpernden Schritt.
    Madur hob die Hand. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Still«, zischte er.
    »Was ist los?«
    Madur fuhr herum und ballte zornig die Faust. »Halte deine Zunge im Zaum«, sagte er drohend, »oder du verlierst sie!«
    Nun, das war ein Argument, dem ich

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