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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hast du gut gemacht, Madur«, sagte die Fremde. Sie wandte sich von mir ab und blickte Madur an. »Ihr habt Gefangene gemacht?«
    »Vier Männer aus Ancen«, bestätigte er. »Und eine Anzahl Sree. Aber die haben wir getötet.«
    »Bringt die Männer in den Turm«, sagte Mereda. »Du wirst sie später verhören. Möglich, dass sie wertvolle Informationen für uns haben. Diesen da –«, und damit deutete sie auf mich, »- bringt in den Beschwörungsraum. Ich werde mich persönlich um ihn kümmern.«
    Madur zögerte.
    »Missfällt dir etwas an meinem Befehl?«, fragte Mereda lauernd.
    »Er ist … gefährlich«, antwortete Madur. »Ich muss dich warnen, Mereda. Der Mann ist ein Teufel. Du solltest dich vor seinen Kräften vorsehen. Er hat mich zweimal damit angegriffen. Das hier ist das Ergebnis!« Das blutverkrustete Gesicht des Sree-Hauptmannes zuckte erregt, als er mit der Hand über seine Wange fuhr.
    Mereda machte ein abfälliges Geräusch. »Er hat dich zweimal mit seinen Hexerkünsten angegriffen und du lebst noch. Dann ist er schwächer, als ich dachte«, antwortete sie. Doch ihrer Stimme war anzumerken, dass sie weit besorgter war, als sie sich gab.
    Aber auch wachsamer.
    »Wir müssen ihr helfen«, sagte ich. »Sie war noch am Leben, als die Krieger aus Ancen sie entführten, Mereda. Bitte …« Ich versuchte mich trotz meines gefesselten Zustandes hochzustemmen, aber Madur stieß mich zurück, was ihm einen strafenden Blick Meredas einbrachte.
    »Ich flehe Sie an, helfen Sie mir, Sill zu retten«, sagte ich beinahe verzweifelt. »Sie können von mir haben, was Sie wollen.«
    »Was ich will?« Mereda sah mich abschätzend an. »Was gäbe es wohl, was du uns geben könntest, Robert Craven?«
    »Meine Hilfe«, sagte ich schweren Herzens. »Ich … ich bin fremd hier, Mereda. Euer Krieg geht mich nichts an und ich wollte mich nicht einmischen. Aber ich helfe euch, wenn ihr mir helft.«
    »Deine Hilfe?« Mereda lachte. Aber es wirkte nicht ganz ernst. »Warum sollten wir sie wohl benötigen?« Sie lachte, schüttelte ganz sacht den Kopf und wandte sich dann an Madur: »Aber gut – schick eine Sree-Patrouille aus. Sie sollen versuchen den Verbleib des Mädchens zu erkunden.«
    »Wahrscheinlich ist sie längst tot«, sagte Madur düster.
    »Wahrscheinlich«, bestätigte Mereda. »Aber wir wollen sicher gehen. Und nun kommt.« Sie straffte sich sichtlich. »Wir sind lange genug hier gewesen. Ich sehne mich nach der Sicherheit des Turmes. Unterwegs«, fügte sie mit einem lauernden Blick in Madurs Richtung hinzu, »kannst du mir von deinem Feldzug gegen Ancen berichten. Wenn ich mich recht erinnere, hattest du mir gestern prophezeit, dass es hellte keinen Ancen-Turm mehr gäbe.«
    Madur schrumpfte sichtlich in sich zusammen, aber Mereda drehte sich so schwungvoll um, dass ihr Umhang wehte und das blaue Licht ihres Kristalls wie tausend kleine Sternsplitter funkelte, und ging davon. Madur folgte ihr.
    Und das war für viele Stunden das Letzte, was ich von einem der beiden sah.
     
    Ich habe keine genaue Erinnerung daran, wie wir den Conden-Turm schließlich erreichten, denn die Eindrücke wechselten viel zu schnell für meine langsam gewordene Auffassungsgabe. Der Dschungel schien endlos zu sein und die beiden Sree, die meinen Schlitten zerrten, waren alles andere als sanft – wäre ich nicht auf dem primitiven Gefährt angebunden gewesen, so wäre ich mehr als einmal heruntergefallen. Mein Gesicht und meine Hände waren bald zerkratzt von den dornigen Sträuchern, durch die meine beiden Träger rücksichtslos hindurchbrachen – was für sie nicht weiter riskant war, denn ihr zottiges Fell schützte sie gegen Dornen und spitze Zweige. Dass ich über ein solches nicht verfügte, schienen sie nicht einmal zur Kenntnis zu nehmen.
    Schließlich neigte sich der Tag seinem Ende entgegen. Es gab keinen Sonnenuntergang (schließlich gab es ja auch keine Sonne), aber das strahlende Blau des Wasserhimmels hoch über unseren Köpfen begann doch allmählich zu verblassen und die Farben des Dschungels wurden dunkler.
    Mit dem letzten Licht der Dämmerung erreichten wir den Turm.
    Der Dschungel endete unvermittelt und vor uns lag ein mit blaugrünem Gras überwachsener, vielleicht eine Meile messender Geländestreifen, so vollkommen leer, dass nicht einmal eine Maus darauf Deckung gefunden hätte – offensichtlich ein künstlich gerodeter Verteidigungsstreifen, denn als wir aus dem Dschungel traten, gewahrte ich eine Anzahl

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