Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I
zu glühen.
Das Ungeheuer brüllte wie von Sinnen. Sein gewaltiges Maul klaffte auf und ein Schwall von übel riechendem, schwarzem Blut schoss heraus. Das Dutzend schlangengleicher Tentakel begann wie in irrsinniger Agonie zu peitschen und dann lief eine krampfartige, zuckende Bewegung durch den riesigen Körper des Ungeheuers. Noch einmal bäumte es sich auf, wuchs zu schier unvorstellbarer Größe heran, so dass sein gesichtsloser Schneckenschädel beinahe die Decke berührte – und sank dann in den Pfuhl zurück, aus dem er heraufgestiegen war, um in dem kochenden Wasser zu versinken.
Als ich mich herumdrehte, war der Kampf vorüber. Cohen hatte mit einem gezielten Schuss einen weiteren Angreifer niedergestreckt und stand jetzt breitbeinig da, die Waffe in beiden Händen haltend. Ihm musste so klar wie mir sein, dass er nur noch zwei Kugeln hatte, sich aber immer noch drei Gegnern gegenübersah – aber es war gar nicht mehr nötig zu schießen.
Die beiden zerlumpten Gestalten waren zur Reglosigkeit erstarrt. Sie standen da wie Statuen, in fast lächerlichen Haltungen, und auch Crowley selbst stand noch immer so grotesk nach vorne gebeugt da, wie ich ihm den Stab entrissen hatte.
Schaudernd richtete ich mich auf, warf einen raschen Blick in die Tiefe und wich dann ebenso rasch vom Rand des wassergefüllten Loches zurück. Crowleys Widderstab ragte wie der Mast eines versunkenen Schiffes aus der stinkenden Brühe und eine schwarze, zähe Flüssigkeit begann sich in trägen Schlieren im Wasser auszubreiten. Ich wollte gar nicht sehen, was weiter geschah.
Als ich mich zu Crowley herumdrehte, erwachte dieser aus seiner Starre. Ganz langsam hob er den Kopf und starrte mich hinter seiner goldenen Maske hervor hasserfüllt an. Seine Augen schienen zu brennen. Vorhin hatte ich sie mit denen eines Fisches verglichen, aber nun erinnerten sie mich an zwei Tümpel voller glühender Lava, aus denen mir lodernder Hass entgegenschlug.
»Dafür werden Sie bezahlen, Craven«, flüsterte er. »Es ist noch nicht vorbei, das verspreche ich Ihnen. Wir werden uns wiedersehen.«
»Ja, und zwar in einer halben Stunde auf der Polizeiwache«, sagte Cohen. »Eine falsche Bewegung und ich schieße Sie nieder!«
Crowley drehte sich langsam zu ihm herum. »Das glaube ich nicht«, sagte er ruhig.
Ich begriff, was geschah, aber ich war unfähig, irgendetwas zu tun. Und selbst wenn es mir möglich gewesen wäre, Cohen eine Warnung zuzuschreien, hätte es wahrscheinlich nichts mehr genutzt. Ich selbst hatte die suggestive Macht dieses Mannes ja schon gespürt und Cohen hatte ihm noch viel weniger entgegenzusetzen als ich.
»Die Sache hier geht Sie nichts an, Inspektor«, fuhr Crowley fort. »Halten Sie sich raus.«
Ein verblüffter Ausdruck begann sich auf Cohens Gesicht breit zu machen. Eine Sekunde lang wirkte er noch erschrocken, als spürte er im letzten Moment, was mit ihm geschah – und dann ließ er die Waffe sinken und schüttelte wie benommen den Kopf.
»Sie … haben Recht«, murmelte er. »Ich sollte mich nicht in Dinge mischen, die mich nichts angehen. Bitte entschuldigen Sie.«
Crowley lachte. »Nichts für ungut. Wissen Sie – im Grunde haben Sie mir sogar einen Gefallen getan. Aus diesem Grund lasse ich Sie auch am Leben, Sie Narr. Aber stellen Sie meine Geduld nicht noch einmal auf die –«
Weiter kam er nicht.
Crowley mochte ein Mann von ungeheurer hypnotischer Macht sein, aber er war auch ein bisschen das, wessen er Cohen gerade selbst bezichtigt hatte: ein Narr. Zumindest ein sehr eitler Mann, denn er hatte der Verlockung nicht widerstehen können, sich im Bewusstsein seines Sieges zu sonnen, statt daran zu denken, dass Cohen nicht sein einziger Feind war.
Ich hatte das keine Sekunde vergessen. Während Crowley mit Cohen sprach, pirschte ich mich schräg von hinten an ihn heran, verschränkte die Hände zu einer einzigen Faust – und schlug sie ihm mit aller Gewalt, die ich aufbringen konnte, in den Nacken.
Crowley taumelte. Mein Hieb war hart gewesen – nicht hart genug, ihn zu Boden zu schleudern, aber immerhin fest genug, ihn zwei Schritte nach vorne torkeln zu lassen. Schließlich fiel er auf ein Knie herab. Er sprang sofort wieder hoch, aber der Sekundenbruchteil hatte Cohen gereicht, die Gewalt über seinen eigenen Willen zurückzuerlangen.
Blitzschnell war er bei Crowley, hob seine Waffe und schmetterte ihm den Lauf des Revolvers ins Gesicht. Es gab einen sonderbar hallenden, metallischen Laut,
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