Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I
Minuten erst gesehen, wie schon ein einziges dieser grässlichen Wesen mit Boris fertig geworden war, ohne sich dabei sonderlich anzustrengen.
Viktor erbleichte. Mit einem Sprung war er wieder bei seiner Maschine, riss den Hebel herunter, aber nichts geschah. Offensichtlich war die Anlage doch stärker beschädigt worden, als er bisher geglaubt hatte.
Vermutlich hätte es auch nichts genutzt, denn obgleich die Shoggoten – wie ich wusste – weder über Gehirne verfügten, noch in der Lage waren, wirklich zu denken, waren sie keineswegs dumm. Sie bewegten sich schnell auf Viktor und mich zu, schlugen dabei jedoch einen respektvollen Bogen um den immer noch glühenden Tisch und die brodelnden Überreste ihres Kameraden.
Viktor fluchte, wich rückwärts gehend vor den beiden schwarzen Amöbenwesen zurück und sah sich wild um, vielleicht auf der Suche nach einem Ausweg, vielleicht nach einer Waffe. Er fand keines von beidem. Menschliche Waffen vermochten diesen Ungeheuern keinen Schaden zuzufügen, das wusste ich, und der einzige andere Ausgang aus dem unterirdischen Verlies lag auf der anderen Seite des Raumes, unerreichbar. »Robert!«, sagte er. »Tun Sie etwas! Um Gottes Willen – tun Sie irgendetwas!«
Aber was sollte ich denn tun? Ich war ebenso hilflos wie er, mindestens ebenso überrascht und vielleicht noch entsetzter, denn anders als er wusste ich instinktiv, welches Schicksal uns bevorstand, sollten wir in die Hände der Shoggoten fallen. Es gab Dinge, die schlimmer waren als der Tod, und von den Dienerwesen der GROSSEN ALTEN überwältigt und transformiert zu werden, gehörte eindeutig dazu. Denn diese Wesen beschränkten sich nicht darauf, ihre Opfer zu töten, sondern verwandelten sie auch in die gleiche, blasphemische Substanz, aus der ihre eigenen Körper bestanden. Ein entsetzlicher Gedanke überfiel mich, nämlich der, dass das Ungeheuer, das der Blitzschlag getötet hatte, vielleicht Boris gewesen sein mochte. Ich verscheuchte ihn.
Die beiden Shoggoten kamen immer näher. Sie waren jetzt nicht einmal sehr schnell, als spürten sie, dass die Falle zugeschnappt war und wir ihnen nicht mehr entkommen konnten.
Tatsächlich gab es auch keinen Ausweg mehr. Hinter uns lagen noch fünf oder sechs Meter, dann eine fugenlose, glatte Wand, an der allerhöchstens eine Spinne hätte hinaufklettern können.
Trotzdem spielte ich für einen Moment ernsthaft mit dem Gedanken, es zu versuchen, wusste aber gleichzeitig auch, wie sinnlos das war. Es gab kein Davonlaufen vor diesen Ungeheuern. Selbst wenn wir ihnen hier entkamen, sie würden uns verfolgen und überall aufspüren, denn sie waren die erbarmungslosesten Jäger, die diese Welt jemals gesehen hatte; Geschöpfe, die keine Müdigkeit und keine Enttäuschung, kein Erbarmen und kein Aufgeben kannten, sondern ihre Opfer bis ans Ende der Welt und darüber hinaus jagen würden. Nein, es gab nur einen Weg, ihnen zu entrinnen: Wir mussten sie vernichten.
Aber wie?
Schritt für Schritt wich ich weiter vor den näher kriechenden Shoggoten zurück, bis Viktor und ich eng mit dem Rücken gegen die Wand gepresst dastanden. Die Bestien hatten sich geteilt. Jeweils eine kroch nun langsam, aber sehr zielsicher auf Viktor und mich zu und während sie es taten, veränderten sie ihr Aussehen abermals. Sie sahen nun tatsächlich aus wie riesige Schnecken, hatten sogar einen angedeuteten Kopf und zwei plumpe, emsig in der Luft hin und her tastende Fühler, fast als passten sie ihr Aussehen den Gedanken ihres Opfers an, indem sie mit tödlicher Sicherheit das Bild erspähten, das sie am allermeisten erschreckte.
»Robert!« Viktors Stimme war schrill und stand kurz davor, umzukippen. »Tun Sie irgendetwas! Howard hat gesagt, dass sie es können!«
War es der Klang dieses Namens, der etwas Vertrautes in mir berührte, oder einfach die panische Angst, die im gleichen Maße wuchs, in dem die Höllenschnecke näher auf mich zu kroch? Ich wusste es nicht, aber irgendetwas geschah, ein Teil des Schleiers vor meinen Erinnerungen zerriss und irgendetwas in mir ließ mich reagieren und handeln, fast ohne mein Zutun, ja, sogar gänzlich ohne dass ich selbst wusste, was ich tat.
Der Shoggote war fast heran. Er hatte angehalten, nur eine halbe Armlänge von mir entfernt, und begann den vorderen Teil seines Körpers aufzurichten, bis seine tastenden Fühler sich auf gleicher Höhe mit meinem Gesicht befanden. Ein grauenhafter Gestank schlug mir entgegen und nahm mir den Atem und
Weitere Kostenlose Bücher