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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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begriff, dass sein Wahnsinn von einer ganz besonders gefährlichen Form war. Er wusste, was wirklich geschehen war, und gleichzeitig wusste er es auch nicht. Offenbar vermochte er nicht mehr zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu unterscheiden. Ich hätte mir keinen schlechteren Verbündeten ausdenken können als ihn. Aber zugleich war er auch der einzige, den ich hatte.
    »Wir müssen zurück nach Brandersgate«, sagte ich. »Wir müssen Hilfe holen.«
    Es dauerte Sekunden, bis Tom überhaupt reagierte. Er nickte und starrte an mir vorbei ins Leere. »Hilfe, ja«, sagte er. »Wir müssen den Wagen finden. Wo ist er? Wir brauchen den Wagen, um zum Arzt zu fahren.«
    Mir war klar, welches Risiko ich damit einging, aber mir blieb keine Wahl. »Sie haben ihn weggenommen«, sagte ich.
    Tom sah auf. »Sie?«
    »Die anderen«, sagte ich. »McGillycaddy und Joshua und die anderen. Ich weiß nicht, wo sie ihn hingebracht haben.«
    »Weggenommen?«, murmelte Tom. »Aber wieso weggenommen? Ich brauche den Wagen. Ich muss Alyssa zum Arzt bringen. Das habe ich Barney und ihr versprochen.«
    »Wir holen ihn zurück«, sagte ich. »Ich helfe Ihnen dabei, Tom. Aber Sie müssen mir auch helfen. Ich weiß nicht, wohin sie den Wagen gebracht haben. Und dass sie ihn uns nicht freiwillig zurückgeben wollen.«
    »Dann werden wir ihn trotzdem nehmen«, sagte Tom. »Wir brauchen ihn.«
    »Aber das schaffen wir nicht alleine«, fuhr ich vorsichtig fort. »Aber keine Sorge – Cohen wird uns dabei helfen. Er ist Polizist, das wissen Sie doch, oder? Er ist von Scotland Yard. Niemand wird einem Beamten von Scotland Yard widersprechen, wenn er den Wagen haben will.«
    »Ja«, sagte Tom. Seine Stimme klang monoton, wie die eines Schläfers. »Wenn er uns hilft, dann … dann geben sie uns den Wagen vielleicht, und ich kann …«
    »Aber ich weiß nicht, wo sie ihn hingebracht haben«, unterbrach ich ihn. »Wir müssen ihn befreien, aber wir müssen sehr vorsichtig dabei sein. Wenn sie uns sehen, bevor wir Cohen befreit haben, werden wir den Wagen nicht bekommen.« Ich behielt ihn bei diesen Worten aufmerksam im Auge, achtete auf das kleinste Anzeichen von Misstrauen oder einem neuen Tobsuchtsanfall in seinem Blick, aber er nickte nur. »Wissen Sie, wo er sein kann?«
    Tom nickte immer noch, und die Bewegung hörte auch nicht auf, als er mir antwortete. »In der alten Fabrik«, sagte er. »Sie haben ihn zum Sägewerk gebracht, wo sie sich nachts immer versammeln.« Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. »Vielleicht ist der Wagen auch dort?«
    »Vielleicht«, sagte ich. »Wenn Sie mir den Weg zeigen, dann gehen wir hin und sehen nach. Aber wir müssen sehr vorsichtig sein, haben Sie das verstanden? Wenn sie uns entdecken, dann werden sie wissen, dass wir den Wagen stehlen wollen, und uns auch gefangen nehmen.«
    »Ich kenne den Weg«, antwortet Tom, der immer noch nickte. Seine Züge verdüsterten sich. »Sie werden uns den Wagen geben müssen. Kommen Sie, Craven. Ich bringe Sie hin.«
     
    Wir brauchten länger als eine Stunde, um das aufgegebene Sägewerk auf der anderen Seite des Ortes zu erreichen, und meine Hoffnung, dass sich Toms Wahnsinn wieder legen würde, schmolz in dieser Zeit endgültig dahin. Er erwies sich als ausgezeichneter Führer und er sprach auch sehr wenig in all dieser Zeit, aber was er sagte, das ließ mich immer mehr und mehr daran zweifeln, ob ich in der Wahl meines Verbündeten wirklich gut beraten gewesen war. Tom würde zu einer Gefahr werden, das war mir jetzt klar, spätestens in dem Moment, in dem wir Cohen befreit hatten und er begreifen musste, dass es keinen Wagen mehr gab, mit dem er seine vermeintlich kranke Frau zum Arzt im Nachbardorf bringen konnte. Darüber hinaus gab es eine zweite Gefahr, die ich nicht unterschätzen durfte – dass nämlich auch seine Freunde und Nachbarn aus Brandersgate begriffen hatten, dass der Schmerz Toms Verstand verwirrt haben musste, und ihn möglicherweise suchten.
    Aber wir trafen auf keine lebende Seele, bis Tom plötzlich am Waldrand stehen blieb, die Hand hob und mit der anderen auf eine Ansammlung halb verfallener, großer Gebäude auf einer halbkreisförmigen Lichtung vor uns deutete. Er sagte nichts, hob sogar im Gegenteil den Finger zu einer mahnenden Geste über die Lippen und wich einen Halbschritt in den Wald zurück, als drüben bei den Gebäuden eine Bewegung sichtbar wurde. Ich hatte ihm mehr als einmal eingeschärft, wie wichtig es war, dass wir Cohen völlig

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