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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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antwortete er.
    Ich zollte ihm in Gedanken Anerkennung. Eine solche Schlagfertigkeit hätte ich dem Burschen gar nicht zugetraut. Natürlich ließ ich mir nichts davon anmerken. Und ich wurde auch der unangenehmen Pflicht einer Antwort enthoben, denn in diesem Moment kehrte der Portier bereits zurück. Er schwenkte eine reichlich zerschrammte, aber offensichtlich noch funktionstüchtige Petroleumlampe. Die Augenbrauen des Managers rutschten so weit nach oben, dass sie unter seinem Haaransatz verschwunden wären, hätte er einen gehabt.
    »Darf ich fragen, was das bedeutet?«, krächzte er.
    »Sicher dürfen Sie das«, antwortete ich, nahm die Lampe entgegen und machte mich auf den Weg zur Treppe.
    Wenige Minuten später war ich wieder in meinem Zimmer, verschloss die Tür hinter mir und ging zum Wandschrank. Aber ich machte noch einmal kehrt, ehe ich ihn betrat, nahm einen Stuhl und stellte ihn unter die Klinke.
    Auch wenn es mir mittlerweile eine geradezu diebische Freude bereitete, den Manager zur Weißglut zu reizen, durfte ich nicht den Fehler begehen, ihn zu unterschätzen. Der Mann tat nur seine Pflicht und die tat er nicht einmal schlecht. Es war gut möglich, dass er sich seines Generalschlüssels bediente, um eine überraschende Zimmerinspektion vorzunehmen. Und so sehr mich der Gedanke an das verblüffte Gesicht auch erheiterte, das er beim Anblick des mutierten Wandschrankes machen musste, so sehr erschreckte mich auch die Vorstellung, dass er mir unter Umständen folgen würde.
    Ich weigerte mich immer noch, wirklich über die Bedeutung all der unheimlichen Geschehnisse nachzudenken, die mit der vergangenen Nacht ihren Anfang genommen hatten, aber das änderte nichts daran, dass ich sie im Grunde sehr wohl kannte. Für eine kurze Zeit, einige wenige Tage nur, hatte ich mich der Illusion hingeben können, meine alten Feinde endgültig besiegt zu haben, aber das war wohl nicht mehr als ein frommer Wunsch gewesen. Mittlerweile hatte ich mehr als einen Beweis dafür erhalten.
    Immerhin war die Treppe noch da, als ich vorsichtig den Wandschrank öffnete. Der Kater übrigens auch. Er hockte auf der zweitobersten Stufe und blickte mich vorwurfsvoll an. Umso mehr, als ich auch jetzt noch keine Anstalten machte, ihm sofort in die Tiefe zu folgen, sondern nach kurzem Zögern noch einmal ins Zimmer zurücktrat, um nach Streichhölzern zu suchen, mit denen ich meine Lampe entzünden konnte.
    Endlich aber hatte ich es geschafft. Die Lampe verbreitete beruhigendes gelbes Licht und in den Modergestank mischte sich der Geruch von brennendem Petroleum. Der Kater maß mich mit einem fast menschlich wirkenden, ungeduldigen Blick, lief rasch vor mir die Stufen hinab und blieb wieder stehen, um zu mir zurückzublicken und ein ungeduldiges Miauen auszustoßen. Erneut fiel mir auf, dass er sich ganz und gar nicht wie eine Katze benahm.
    Die Treppe führte in steilem Winkel in die Tiefe. Ich hörte die Schreie jetzt nicht mehr, aber dafür verspürte ich bald einen eisigen, feuchten Hauch und in den unangenehmen Modergeruch mischte sich noch etwas; etwas Bekanntes, das ich nicht gleich einzuordnen vermochte.
    Vielleicht, weil es einfach zu absurd war.
    Ich roch Salzwasser.
    Überrascht blieb ich stehen. Der Kater protestierte lautstark, aber ich verharrte trotzdem noch einige Sekunden lang dort, wo ich war. Die seltsamen Geräusche, den mehr als sonderbaren Kater, ja, selbst die Treppe hätte ich ja vielleicht noch irgendwie erklären können, wenn ich mir ein paar zusätzliche Windungen ins Gehirn gebogen und die Logik vergessen hätte – aber Salzwasser? Hier? Mitten in London? Das war völlig unmöglich!
    Ich war mehr als nur leicht beunruhigt, als ich weiterging.
    Weiter und weiter führte die Treppe in die Tiefe hinab. Ich hatte es längst aufgegeben, die Stufen zu zählen, ebenso, wie ich es aufgegeben hatte mir auszurechnen, wie tief ich mich bereits unter den Kellern des Hilton befinden mochte. Dieser sonderbare Schacht musste unmittelbar bis in die Kanalisation Londons hinabführen und vielleicht noch tiefer.
    Als die Treppe endlich endete, hatte ich schon kaum mehr damit gerechnet. Ich hatte das Gefühl, eine Meile tief in die Erde hinabgestiegen zu sein – natürlich war das unmöglich, aber mein schmerzender Rücken und meine verkrampfte Wadenmuskulatur behaupteten das Gegenteil.
    Erschöpft ließ ich mich gegen die feuchte Wand der halbrunden, niedrigen Kammer sinken, in der ich herausgekommen war, um einige

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