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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mit dieser – zugegeben – neuerlichen Unverschämtheit fertig zu werden, sondern knallte ihm die Tür vor der Nase zu.
    Trotzdem: Irgendwie hatte ich nicht das Gefühl, die anderen aus-, sondern vielmehr das, mich selbst eingesperrt zu haben.
     
    Ich fand keine Ruhe mehr an diesem Abend. So müde ich vorher auch gewesen war, mittlerweile fühlte ich mich wieder putzmunter. Man hatte mir etwas zu essen und auch die bestellten Häppchen und die Milch gebracht, doch Merlin – wie ich den Kater mittlerweile getauft hatte – war bislang nicht zurückgekehrt. Da ich keine Lust hatte, stundenlang wach im Bett zu liegen und auf den Schlaf zu warten, hatte ich mich an den Schreibtisch gesetzt und damit begonnen, einen Teil des gewaltigen Papierwustes abzuarbeiten, der sich im Laufe der letzten Tage darauf angesammelt hatte, aber meine Gedanken weigerten sich, den aneinander gereihten schwarzen Symbolen auf dem Papier irgendeinen Sinn abzugewinnen. Wann immer ich es versuchte, schienen sie plötzlich zu eigenem Leben zu erwachen und sich neu zu ordnen, bis sie ein sinnverwirrendes, düsteres Labyrinth bildeten, in das etwas in mir hineintauchen und sich verlieren wollte.
    Schließlich resignierte ich und trat vom Schreibtisch zurück. Der Papierberg darauf schien mich höhnisch anzugrinsen. Er war eindeutig gewachsen, während ich so leichtsinnig gewesen war, für einen Moment nicht hinzusehen. Ich verfluchte nicht zum ersten Mal die britische Bürokratie, die den Weg dorthin, mein eigenes Erbe anzutreten, mit schier unüberwindlichen Hindernissen gepflastert hatte.
    Hätte Dr. Gray nicht nach seiner Rückkehr sofort alle nur denkbaren Vorkehrungen getroffen – und hätte es da nicht Rowlf gegeben, der mich mit den besten nur vorstellbaren gefälschten Papieren versorgt hatte –, hätte ich schon längst resigniert.
    Das Zimmer, so groß und hell es auch sein mochte, kam mir plötzlich winzig und stickig vor. Ich hatte das Gefühl, kaum noch richtig atmen zu können. Und das, eingesperrt zu sein. Ich hätte mir sogar gewünscht, dass Rowlf auftauchen würde, so sehr er mir mit seiner Anhänglichkeit in der letzten Zeit auf die Nerven gegangen war. Einen Moment lang überlegte ich ernsthaft, ob ich hinuntergehen und mich ein bisschen mit MacIntosh streiten sollte. Natürlich war dieser Gedanke albern – aber er machte mir auch klar, wie sehr ich mich im Augenblick nach menschlicher Gesellschaft sehnte.
    Bevor ich tatsächlich in die Verlegenheit kommen konnte, irgendetwas Voreiliges zu tun, hörte ich ein Kratzen an der Tür. Ich ging hin und öffnete. Im ersten Moment starrte ich nur verblüfft ins Leere, dann wuselte ein goldfarbener Schatten zwischen meinen Füßen hindurch ins Zimmer und mir wurde erst in diesem Augenblick klar, dass mein samtpfotiger Freund zurückgekommen war.
    Hastig schloss ich die Tür und bückte mich nach Merlin, aber er wich meiner Hand aus. Immerhin konnte ich sehen, dass er etwas Kleines, Helles im Maul trug. Vielleicht eine Maus oder gar eine Ratte. Die Aussicht, dem Hotelmanager ein solches Ungeziefer zu präsentieren, das in seinen heiligen Hallen gefangen worden war, stimmte mich regelrecht fröhlich.
    Ich versuchte ein zweites Mal nach dem Kater zu greifen, aber das Tier schien Gefallen an dem Spiel gefunden zu haben. Er wartete, bis ich ihn fast erreicht hatte, dann brachte er mit einem Satz wieder gute zwei Meter Distanz zwischen uns.
    Wir wiederholten dieses Spielchen sieben oder acht Mal, ehe ich seiner überdrüssig wurde und aufgab. Der Kater maunzte mich unter dem Tisch hervor noch ein paar Mal auffordernd an, aber schließlich gab er auf und lieferte seine Beute wie ein gut abgerichteter Jagdhund zu meinen Füßen ab. Automatisch bückte ich mich danach. Ich nahm sie in die Hand und drehte sie einen Moment ratlos in den Fingern.
    Es war keine Ratte. Und schon gar keine Maus.
    Was der Kater da voller Stolz vor mich hingelegt hatte, das war ein lockiges weißes Ohr.
    Das Ohr eines weißen Pudels, um genau zu sein.
    Es klopfte an der Tür. Ich ging hin und öffnete, aber ich war aus irgendeinem Grund vorsichtig genug, es nur einen schmalen Spalt breit zu tun; ein überaus kluger Entschluss, wie sich schon im nächsten Augenblick herausstellen sollte.
    Draußen auf dem Hotelflur stand MacIntosh. Er war nicht allein. Hinter und über ihm ragte die enorme Leibesfülle der Pudelbesitzerin empor. »Ja?«, fragte ich.
    »Mister Craven, es geht noch einmal um diese Katze«, begann der

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