Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
Falle ausnahmsweise mal gar nicht so sehr weit hergeholt wie in zahllosen anderen Filmen, die einfach völlig unmotiviert irgendwas dazu erfinden, denn tatsächlich impliziert der 82er-Film eine Art Vorgeschichte: Bevor das titelgebende Ding aus dem All die Mannschaft der amerikanischen Forschungsstation um Kurt Russell dezimiert, wütet es in einer norwegischen Einrichtung. Ein Schrecken, der sich Russell & Co. in einer höchst effektiven Sequenz lediglich anhand seiner Auswirkungen offenbart; was hier passierte, überlässt
Carpenter der Fantasie seiner Protagonisten und damit auch der der Zuschauer.
Man muss das alles also nicht wirklich zeigen, um eine Wirkung zu erzielen. Kann man aber machen. Und genau hier liegt das Problem des 11er-Films: ist durchaus in Ordnung, braucht aber kein Mensch. Alles ist irgendwie kompetent inszeniert, die Special Effects sind angemessen nasty, die Bezüge zu Carpenters Film werden nicht mit der Brechstange hergestellt – ein Problem, mit dem sich viele Prequels herumschlagen (siehe Star Wars ). Dennoch wirkt The Thing 2011 herzlich überflüssig, denn auch in den Momenten, in denen die Macher der Carpenter-Vorlage neue Elemente hinzufügen, bleiben diese völlig ineffektiv und somit bedeutungslos. So ist hier als größter Unterschied statt der homogenen Männergruppe aus dem Original eine multinationale, gemischtgeschlechtliche Schicksalsgemeinschaft zu sehen, deren Konfliktpotenzial aber leider völlig verschenkt wird. Die Konstellation der großäugigen Heldin als einziger Frau unter bärbeißigen Typen ist durchaus vielversprechend, doch schon früh wird ihr ein weiterer weiblicher Charakter an die Seite gestellt. Auch die Opposition Amerikaner – Norweger beschränkt sich in erster Linie darauf, dass die Skandinavier die lustigeren Bärte haben und sich überhaupt ständig wie Trolle benehmen. Ansonsten folgt diese recht unentschlossene Mischung aus Prequel und Remake dem Plot des Originals und fügt dem Ganzen einen total überdrehten Showdown im Inneren des außerirdischen Raumschiffs hinzu. Während die Credits laufen, wird dann noch das letzte Verbindungsstück zum Carpenter-Film eingefügt und Ende.
Wolverine hatte sich leider verlaufen … The Thing
Ein ordentliches und durchaus sehenswertes Genrestück ist das geworden, eine Neuauflage, die für sich genommen tatsächlich aus der Masse der zurzeit alles dominierenden Zweitverwertungen herausragt. Doch wie in all diesen Fällen muss sich auch The Thing am Original messen lassen. Und hier kann dieses Ding leider nur verlieren. Am Ende bleibt ein durch und durch egales Stück Kino, ein in jeder Hinsicht perfektes Beispiel filmischer Mittelklasse.
Lars Zwickies
THOR
USA 2011 · Regie: Kenneth Branagh · Darsteller: Chris Hemsworth, Natalie Portman, Tom Hiddleston, Anthony Hopkins
Dietmar Dath nannte den Hauptdarsteller Chris Hemsworth in seiner Rezension von Joss Whedons Avengers -Film den »unehelichen Sohn von Hägar und Heidi Klum«, und das trifft den Amboss genau in der Mitte – deppert, aber ziemlich lustig und einnehmend kommt dieser Thor daher, bei dem es sich immerhin um eine der – je nach Tagesstimmung – konzeptuell schwächsten bis bescheuertsten Superheldenfiguren handelt. In gewisser Weise ist eine Gestalt wie der Odin-Sohn geradezu das Gegenstück zur Idee des Comic-Helden, da zu Letzterem immer auch gehört, Teil oder Mittelpunkt einer neuen, urbanen, populären Mythologie zu sein. Mit genau diesem Fremdkörper-Motiv spielt Thor – unter der Regie des komischerweise für dieses Projekt naheliegenden Kenneth Branagh – sehr geschickt herum, sobald der blonde
Hammer-Schwinger seine Heimatwelt, das Götterreich Asgard, verlassen hat und sich in seinem Zwangsexil, der guten alten gegenwärtigen Erde, zu orientieren versucht. Daneben gibt es noch Asgard feindlich gesonnene Frostriesen, Thors zickigen Halbbruder Loki, den amtsmüden und von Anthony Hopkins sparsam gegebenen Vater Odin, eine Regenbogenbrücke zwischen den Welten der halbgöttlichen Asen, der Frostriesen und der Menschen sowie ein glänzend goldiges, wie von Rudolph Moshammer gestaltet es Asgard. Doch siehe da – der Marvel-Film, von dem man es wahrscheinlich am allerwenigsten erwartete, ist trotz der geschmacklosen Set-Designs, des infantilen Hochanspruchs (für den der Regisseur steht) und der sich aus fundamentalen Superheldencomicverfilmungsproblemen ergebenden Albernheit ein solider Schritt in Richtung The
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