Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
Dampfmaschine. Das zeigt also, dass das Konzept von Singularitäten durchaus schon länger stattfindet.
F: Wobei allerdings eine sich in Zukunft abzeichnende alle bisherigen in den Schatten stellen könnte.
A: Was für mich ein interessanter neuer Aspekt ist, ist die Miniaturisierung. Wenn man das Moore’sche Gesetz ernst
nimmt und es weiter fortspinnt, bis in die 2020er-Jahre, dann kämen wir in einen winzigen Größenbereich, wo die Gesetze der Quantenphysik wirksam werden …
F: … und ein Quantencomputer notwendig würde.
A: Genau. Andererseits ist es mit dem Quantencomputing so ähnlich wie mit der Fusionsforschung. Vor vierzig Jahren hörte ich als Student: »Das wird in vierzig Jahren realisiert sein.« Dasselbe höre ich heute auch über Quantencomputer, mit derselben Jahreszahl.
F: Übrigens hören wir auch schon seit mehr als dreißig Jahren, dass in dreißig Jahren eine echte K.I. realisiert sein würde.
A: Obwohl, bei der K.I. ist es ja wie gesagt eine Frage der Definition. Mit dem Quantencomputer ist es so, dass wir die Mathematik dafür im Wesentlichen haben. Auch die hierfür nötige Physik ist im Prinzip bekannt. Und wieder ein großer Österreicher vermag da bereits erste Schritte zu realisieren …
F: Sie meinen Anton Zeilinger, den »Quantenpapst«?
A: Ja, mit seinen nichtlokalen Korrelationen und Superpositionen, die er in Experimenten realisierte. Es wäre ja durchaus denkbar, dass da eine Kommunikationstechnologie heranwächst, die sozusagen – ich will nicht sagen: die Einstein’sche Lichtgeschwindigkeit ausschaltet, aber umgeht. Eine Technologie, die möglicherweise sogar für die Weltraumfahrt von Bedeutung sein könnte, was weiß man. Das wäre vielleicht so ein grundlegender Entwicklungssprung. Denn wenn diese neuen Computer kämen, würden die Karten ganz neu gemischt. Zum Beispiel würden sämtliche Sicherheitscodes auf einen Schlag obsolet.
F: Genau, da ein umfassender Quantencomputer sämtliche Entschlüsselungsalgorithmen parallel ablaufen lassen könnte. Aber Sie erwähnten die Raumfahrt: Spielen Sie darauf an, dass Raumfahrer keine weiten Distanzen mehr überwinden
müssten, wenn sie einfach nur ihren Quantenzustand auf einen Empfänger irgendwo im Weltall übertragen könnten?
A: Ja. Also ob das schon bald realisiert wird, dass ich mich sozusagen auf den Mars teleportiere, also »Beam me away, Anton« (Lacht) , das ist die große Frage. Es wäre ja schon nützlich, wenn wir auf diese Art und Weise Informationsübertragung realisieren könnten. Oder eine Vorstufe, die ich jetzt kürzlich aus dem CERN hörte, ist, dass man – zwar immer noch mit Lichtgeschwindigkeit, aber doch – gewissermaßen quer durch den Erdboden Informationen schicken kann.
F: Sie sprechen von den Neutrinos, die ja nun leider die Lichtgeschwindigkeit doch nicht unterboten haben.
A: Stimmt, die hätten dennoch den Vorteil, dass wir mit Fast-Lichtgeschwindigkeit Informationen von hier nach Kapstadt senden könnten. Und das ist möglicherweise ebenfalls so eine »singuläre« Zukunftstechnologie. Oder wenn wir noch weiter gehen: dass in der Raumfahrt irgendwann mal Antimaterie genutzt werden kann. Das ist ja alles nicht ausgeschlossen. Unser fernster Rahmen sind die Gesetze der Physik und der Mathematik – die Mathematik ist sozusagen unser äußerster Rahmen. Das mit der Antimaterie wäre jedenfalls im Bereich der Physik realisierbar.
F: Ein spezielles Problem der Raumfahrt sind ja die großen Massen, die bewegt werden müssen – etwa wenn wir einen Menschen beschleunigen wollen. Wenn wir den »zerlegen« könnten und statt ihm selbst nur seinen auf eine Festplatte »heruntergeladenen« Geist zu transportieren bräuchten, dann könnte ich diese natürlich viel einfacher beschleunigen und transportieren.
A: Wenn wir wieder Zeilinger weiterdenken, der Superpositionen anfangs nur für Photonen realisierte, dann jedoch für Atome und schließlich sogar für Moleküle, dann können
wir fragen: Wann ist es erstmals mit Bakterien so weit? Wann mit Zellen, und so weiter. Aber wie ich höre, gibt es ab den Molekülen aufwärts einige Probleme …
F: … weil größere Systeme leider ständig mit irgendetwas wechselwirken und die Quantenüberlagerungen dadurch zusammenbrechen.
A: Ja, die Gesetze der Physik. Man hat den Eindruck, diese Superpositionen sind hochempfindlich und werden zum zentralen Problem für den Quantencomputer. Solange das nicht gelöst ist, wird man schwer weiterkommen,
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