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Heyne Galaxy 01

Heyne Galaxy 01

Titel: Heyne Galaxy 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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Turm sah. Es gab genug Planeten, mehr als genug. Und dieser hier war groß, sehr groß sogar. Warum mußte McDermott seinen häßlichen Metallhaufen ausgerechnet dorthin setzen, wo er, Holt, ihn bei jeder Gelegenheit sehen konnte? Dabei hatte McDermott genug Land, um fünfzig oder hundert Kilometer östlicher wohnen zu können. Dort gab es breite Täler und flache Ströme, an deren Ufern er sich hätte niederlassen können. Aber nein! Ausgerechnet hier, ihm direkt vor der Nase, mußte es sein. Als die Vermessungstechniker und Architekten von der Erde gekommen waren, hatte er höflich auf die Möglichkeit eines anderen Bauplatzes hingewiesen. McDermott hatte genauso höflich geantwortet und seinerseits darauf hingewiesen, daß er sein Haus genau dort bauen könne, wo es ihm passe.
    Ja, und da stand es nun auch.
    Michael Holt starrte hinüber und fühlte erneut den Haß in sich aufsteigen. Langsam ging er zu den Kontrollen seiner Waffensteuerzentrale. Vorsichtig legte er seine dünnen und knochigen Finger auf die blitzenden Knöpfe und Hebel.
    In den Bewegungen seiner Hände war eine fast sinnliche Zärtlichkeit. Eine Zärtlichkeit, die seine Frauen seit langem nicht mehr zu spüren bekamen, denn Holt war nun bald zweihundert Jahre alt – und alles hat einmal seine Grenze. Außerdem liebte er seine Frauen nicht so sehr wie diese automatisch funktionierende Steuerzentrale, mit deren Hilfe er jederzeit, wenn er wollte, McDermott und seine protzige Festung in Atome verwandeln konnte.
    Würde er mich doch nur einmal dazu herausfordern, dachte Holt bitter.
    So stand er da, ein hochgewachsener, hagerer Mann mit zerfurchtem Gesicht, einer vorspringenden Hakennase und erstaunlich dichtem, feuerrotem Haar. Er hatte die Augen jetzt geschlossen. Was er nun sah, war keine Wirklichkeit, sondern ein Traum. Er hatte ihn schon oft geträumt und sich dabei immer wieder gewünscht, er möchte eines Tages doch Wirklichkeit werden …
     
    Er stellte sich vor, McDermott hätte ihn beleidigt. Nicht nur einfach damit, daß sein Haus den Horizont verschandelte, sondern mit voller Absicht: Entweder hatte er die Grenze zwischen den beiden Grundstücken überschritten oder einen Roboter damit beauftragt, einen Baum abzusägen, der ihm nicht gehörte. Oder er hatte an seinem Turm eine weithin sichtbare Leuchtschrift angebracht, auf der eine obszöne Aufforderung zu lesen stand. Es gab tausend Möglichkeiten, jemanden zu beleidigen. Holt erlebte den Wunschtraum so realistisch, daß er alles genau vor sich sah. Er würde hier in die Zentrale eilen, die Funkstation in Betrieb nehmen und dem Gegner ein Ultimatum stellen.
    Etwa so: »Weg mit der Leuchtschrift, McDermott!« oder: »Holen Sie Ihren Roboter zurück, wenn Sie keinen Krieg riskieren wollen!«
    Natürlich würde McDermott den gutgemeinten Rat nicht befolgen, dazu war er viel zu eigensinnig. Er würde höchstens mit einer Salve aus seinen Strahlgeschützen antworten. Holts Energieschirm würde leicht damit fertig werden. Mehr noch: die in die Speicher abgeleiteten Energien würden sogar dazu dienen, die eigenen Waffen wieder aufzuladen.
    Eine solche Herausforderung würde jede Gegenmaßnahme vollauf rechtfertigen. Holts Finger würden sich entschlossen auf die Kontrollknöpfe pressen. Gewaltige Energieblitze würden hinauf in die Stratosphäre rasen und sich von dort auf McDermott herabstürzen. Sie würden den lächerlichen Schutzschirm von oben durchschlagen, als wäre er nicht vorhanden.
    Holt sah sich vor dem Kontrollpult stehen, die weißen, blutleeren Hände um Schalter und Hebel gekrallt. Jede Zuckung würde einen neuen Energieschlag zum Feind hinübersenden. Drüben am Horizont würde der verhaßte Metallturm in sich zusammensinken, und Bäche flüssigen Stahls würden den Schnee verdampfen lassen. Ein Schauspiel herrlicher und grausiger Vernichtung! Ein Tag, für den es sich lohnte, Jahrzehnte gelebt und gewartet zu haben. Der Tag des höchsten Triumphes.
    Schließlich, wenn alles vorüber war, würde er zurückkommen und ans Fenster treten. Er würde hinausblicken, hinüber zum Horizont, wo nur noch ein glühender Krater den Standort von McDermotts einstiger Festung anzeigte. Er würde dankbar seine Kontrollen streicheln, als wären sie die Flanken eines tapferen und geliebten Pferdes, ehe er hinausfuhr, über die Grenze, um sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, daß von seinem Todfeind nichts übriggeblieben war.
    Es würde später natürlich eine amtliche Untersuchung

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