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Heyne Galaxy 01

Heyne Galaxy 01

Titel: Heyne Galaxy 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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endlich damit anfinge, betete Holt inbrünstig. Wenn er mich doch angreifen würde und mir einen Grund zur Vergeltung gäbe! Ich bin bereit. Ich bin mehr als bereit!
    Wieder das Summzeichen.
    Die Robotstimme des Sekretärs sagte:
    »Ich habe mit ihm gesprochen, Eure Lordschaft. Er will mir nichts sagen, sondern mit Ihnen selbst reden.«
    Holt seufzte.
    »Also gut. Stell die Verbindung her.«
    Als der Roboter auf den Außenkanal umschaltete, huschten elektronische Störblitze über den Schirm. Es dauerte nicht lange, aber die Sekunden erschienen Holt wie Stunden. Die Spannung in ihm wuchs. Auf einmal kam ihm zu Bewußtsein, daß er schon längst vergessen hatte, wie McDermotts Stimme klang. Seit Jahren bestand ihre einzige Verbindung in mehr oder weniger freundlichen Botschaften, die sie durch ihre Roboter übermitteln ließen.
    Der Schirm wurde hell. Ein Testbild erschien.
    Dann sagte eine müde, mürrische Stimme:
    »Holt! Sind Sie da?«
    »Ich sitze vor meinem Gerät, McDermott. Was wollen Sie?«
    »Schalten Sie die Aufnahmeapparatur ein, Holt. Ich möchte Sie sehen.«
    »Können Sie nicht auch so reden, McDermott? Oder wollen Sie mir weismachen, daß mein Gesicht Sie plötzlich interessiert?«
    »Ich bin zu keinen Scherzen aufgelegt, Holt. Bitte, tun Sie mir den Gefallen. Schalten Sie die Kamera ein.«
    »Darf ich Sie daran erinnern«, sagte Holt kalt, »daß schließlich Sie es waren, der anrief? Die gesellschaftlichen Regeln besagen, daß die Wahl der Nachrichtenform dem Angerufenen überlassen bleibt. Ich ziehe es vor, nicht gesehen zu werden. Außerdem hege ich nicht den ausdrücklichen Wunsch, mit Ihnen zu reden. Ich gebe Ihnen darum genau dreißig Sekunden, Ihre Beschwerde vorzubringen. Glauben Sie nicht, meine wertvolle Zeit länger in Anspruch nehmen zu können.«
     
    Schweigen.
    Holt umklammerte die Sessellehnen und signalisierte nach einer weiteren Massage. Zu seiner unbeschreiblichen Verwirrung mußte er feststellen, daß seine Hände zitterten. Er starrte auf den Schirm, als könne er so seinen Gegner vernichten. Aber das Gerät übertrug seine Haßgedanken nicht auf das Gehirn des Teilnehmers.
    Endlich sagte McDermott:
    »Ich will mich nicht beschweren, Holt. Ich will Sie nur einladen.«
    »Wohl zum Tee, was?« Holts Stimme klang höhnisch.
    »Meinetwegen auch das, wenn Sie so wollen. Werden Sie also zu mir kommen?«
    »Sie sind übergeschnappt!«
    »Noch nicht. Kommen Sie zu mir. Ich möchte, daß wir einen Waffenstillstand schließen. Wir sind beide alt und krank, Holt. Der Haß ist schuld daran. Es wird Zeit, daß wir ihn begraben.«
    »Ja, alt sind wir beide.« Holt lachte. »Aber ich bin nicht krank. Finden Sie nicht auch, daß Sie ein bißchen spät auf den Gedanken kommen, mit der Friedensfahne zu schwenken?«
    »Es ist niemals zu spät!«
    »Sie wissen selbst, daß es nie Frieden zwischen uns geben kann«, sagte Holt. »Wenigstens solange nicht, wie Ihr Bauwerk mir die Aussicht versperrt. Ich werde Ihnen niemals verzeihen können, McDermott, daß Sie es mir vor die Nase setzten.«
    »Jetzt hören Sie mir einmal gut zu, Holt. Wenn ich tot bin, können Sie von mir aus mein Haus in die Luft jagen, wenn es Ihnen Spaß macht. Im Augenblick aber habe ich nur den Wunsch, daß Sie mich besuchen. Ich brauche Sie, Holt. Bitte, kommen Sie zu mir.«
    »Und warum kommen Sie nicht zu mir?« Holt lachte schrill. »Ich werde dafür sorgen, daß alle Türen weit geöffnet werden und daß man Sie einläßt. Wir werden uns vor den Kamin setzen und über die alten Zeiten plaudern, über all die vielen Jahre, in denen wir uns haßten.«
    »Ich kann nicht mehr zu Ihnen kommen«, sagte McDermott. »Wenn ich es könnte, hätte dieses Gespräch nie stattgefunden.«
    »Wie meinen Sie denn das nun wieder?«
    »Schalten Sie die Kamera ein, genau wie ich. Dann werden Sie alles wissen.«
    Michael Holt runzelte die Stirn. Er wußte selbst, daß er alt und vertrocknet geworden war. Er hatte kein Interesse, sich dem Gegner so zu zeigen. Aber er konnte McDermott auch nur dann sehen, wenn beide Bildkanäle eingeschaltet waren.
    Mit einer fast explosiven Gebärde hieb er auf den Knopf der Kamera.
    Das Testmuster verschwand vom Bildschirm. Ein Gesicht trat an seine Stelle.
    Es war ein verrunzeltes Gesicht, denn McDermott war noch älter als Holt. Man sah es ihm an. Auf den Knochen saß fast kein Fleisch mehr, nur noch vertrocknete und zum Zerreißen gespannte Pergamenthaut. Die Mundwinkel hingen herab. In den Augen war kein

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