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Heyne Galaxy 04

Heyne Galaxy 04

Titel: Heyne Galaxy 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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später mußten sie ihn ja bekommen, das wußte ich. Paul war das einzige Kind in der ganzen Stadt. Nun habe ich nichts mehr zu tun. Ich bin überflüssig geworden.«
    »Sie …? Wer sind sie, Miß Terry? Die Atavars …«
    Miß Terry wurde blaß.
    »Sprechen Sie den Namen nicht aus«, warnte sie. Dann: »Mit der Zeit werde ich schon darüber hinwegkommen.«
    »Aber wohin haben sie denn Paul gebracht? Was werden sie mit ihm machen?«
    »Sie lassen ihn sterben, was sonst? Ich aber werde weiterleben, ohne ihn und ohne eine Aufgabe.«
    »Und warum unternimmt niemand etwas dagegen?« Staghorn war von plötzlicher Wut erfüllt. Er deutete auf die vielen jungen Männer, die faul im Park herumspazierten. »Da sind doch genug Männer! Warum gehen sie nicht und befreien Paul?«
    Miß Terry war so schockiert, daß sie sogar aufhörte zu weinen.
    »Aber – das ist unmöglich! Es könnte doch Streit geben! Es könnte jemand verletzt oder gar getötet werden!«
    Staghorn schüttelte verdutzt den Kopf. Seine Wut steigerte sich.
    »Daran denken Sie, wenn das Leben eines Kindes auf dem Spiel steht?« Staghorn war von Natur aus ein reizbarer und jähzorniger Mensch. Er hatte sich bisher nur deshalb beherrschen können, weil er immer wieder daran dachte, daß alles nur eine Illusion und eine mathematische Wahrscheinlichkeit war. Das Gefühl der Illusion wurde aber nun von Sekunde zu Sekunde schwächer. Die Leitmotive der Moral und der Ethik waren selbst nichts als Abstraktionen, und darum existierten sie auch in einem abstrakten Universum mit gleicher Intensität wie anderswo. Staghorn nahm Miß Terrys Arm. »Sagen Sie mir, wo ich sie finden kann. Ich werde Paul befreien.«
    »Das ist unmöglich! Sie werden ebenfalls gefangen werden.«
    »Das nehme ich in Kauf. Wo also sind sie?«
    »Ich werde Ihnen nichts verraten. Man wird mich bestrafen, wenn ich es tue.«
    Staghorn schüttelte sie. Er war offensichtlich am Ende seiner Geduld angelangt. Außerdem war es ihm völlig egal, daß sie bereits (oder erst) fünfzig Jahre alt war.
    »Reden Sie! Die Atavars haben nicht nur Paul, sondern auch Dr. Peccary gefangengenommen. Ich bin für sein Leben verantwortlich. Hoffentlich begreifen Sie jetzt!«
    Miß Terry stieß einen Schrei aus, der ihren ganzen Schreck verriet.
    »Sie haben Dr. Peccary gefangen? Nein! Nein, nur das nicht!«
    »Es ist aber so! Und nun beeilen Sie sich …«
    »Dann werden wir alle sterben!« begann Miß Terry zu heulen. »Wir alle werden sterben! Wir sind verloren!«
    »Wenn das so ist, dann kann es Ihnen auch nichts ausmachen, mir endlich alles zu erzählen.«
    »In den Bergen!« rief Miß Terry, endlich überzeugt. »Im Hohen Tal.«
    Obwohl wenigstens das nun heraus war, fiel es Staghorn immer noch schwer genug, eine brauchbare Ortsbeschreibung von ihr zu erhalten. Die Neuigkeit von Peccarys Entführung mußte sie völlig aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Er behandelte sie nicht gerade sanft und zog ihr die Wörter fast einzeln aus der Nase, aber keiner der in der Nähe stehenden Männer dachte auch nur daran, ihr zu Hilfe zu eilen. Sie hielten sich in sicherer Entfernung und sahen zu.
    Das Hohe Tal, wie Miß Terry es nannte, sollte nördlich der Stadt gelegen sein, in einigen Meilen Entfernung. Man brauchte nur der schmalen, schadhaften Straße zu folgen. Als Staghorn fragte, wo man sich ein Auto mieten könne, starrte die Lehrerin ihn fassungslos an. Schließlich versicherte sie, daß es überhaupt keine Autos gäbe. Man hatte sie schon abgeschafft, bevor sie geboren wurde. Im Stadtmuseum standen noch welche.
    Staghorn sah auf seine Uhr.
    Dreißig Minuten waren vergangen. Ihm blieben noch zweieinhalb Stunden, ins Hohe Tal zu gelangen, Peccary zu befreien und in den Park zurückzukehren. Er wollte kein Risiko eingehen. Lieber ein paar Minuten zu früh im Park, als hundert Jahre zu spät.
    Als er wußte, wo das Museum war, setzte er zu einem Dauerlauf an.
    Schon ein flüchtiger Blick auf die Häuser der Stadt überzeugte Staghorn, daß hier einst Reichtum und Wohlstand geherrscht hatten. Es gab palastartige Bauten, deren Jahreszahlen verrieten, daß sie gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts erbaut worden waren. Genauso klar ersichtlich war aber auch die Tatsache, daß seit mindestens fünfzig Jahren kein neues Haus mehr gebaut worden war und man die alten einfach verkommen ließ.
    Vor dem Museum stand nicht einmal ein Wärter – nur eine Büste Peccarys, die auf einem Podest direkt neben dem Eingang thronte. Auf

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