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Heyne Galaxy 04

Heyne Galaxy 04

Titel: Heyne Galaxy 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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den Rest. Und zwar sehr gründlich.«
    »Sie wollen die Fabrik zerstören?«
    »Restlos und endgültig.«
    »Und was wollen Sie damit erreichen? Die Formel für das Y-Hormon existiert weiter.«
    Der Bärtige lachte.
    »Ja, man sieht wirklich, daß Sie jede Verbindung zur Wirklichkeit verloren haben. Seit dreißig Jahren gibt es schon keinen Menschen mehr, der mit der Formel etwas anfangen könnte. Vor dreißig Jahren, sollten Sie wissen, wurde die letzte Universität geschlossen.«
    »Erschreckend«, gab Peccary zu. »Aber ich begreife das alles nicht. Meine früheren Experimente haben eindeutig bewiesen, daß mein Hormon keine nachteilige Wirkung auf die Entwicklung der Intelligenz haben kann. Glauben Sie mir, ich habe keinerlei Vorsichtsmaßnahme außer acht gelassen.«
    »Mit der Intelligenz der Menschen ist alles in bester Ordnung, aber keiner sieht eine Veranlassung dazu, sie auch zu benutzen. Wenn die ganze Zukunft plötzlich unbegrenzt vor einem liegt, verschiebt man die Dinge leicht auf den nächsten oder übernächsten Tag. Auch das Lernen und die Erziehung. Bis man es endlich ganz aufgibt. Es gibt auf dieser Welt nur noch einen Menschen, der etwas mit der Formel anfangen kann.«
    »Und wer ist das?«
    Der Bärtige sah ihn kalt an.
    »Sie, Dr. Peccary. Darum bin ich ja so glücklich, Sie endlich erwischt zu haben. Ich werde dafür sorgen, daß Sie nie mehr die Formel anwenden können.«
    Peccary starrte ihn erschrocken an.
    »Jetzt verstehe ich. Sie wollen mir die Formel stehlen. Sie wollen selbst das Hormon produzieren.«
    Die Reaktion des Bärtigen war unerwartet und heftig. Er griff Peccary beim Jackenaufschlag und hob ihn aus dem Bett. Mit aller Wucht stellte er ihn auf die Füße. Er zitterte vor Wut.
    »Sie Narr! Wollen Sie vielleicht behaupten, daß Sie immer noch nicht wissen, wer ich bin und wo Sie sich befinden?«
    Peccary war dem Ersticken nahe und brachte keinen Ton hervor. Er konnte nur verzweifelt den Kopf schütteln. Das bärtige Gesicht näherte sich dem seinen. Die Züge waren vor Wut ganz entstellt.
    »Wir sind die Sterblichen!« Er warf Peccary auf das einfache Lager zurück. »Wir sind mit unserer natürlichen Lebensspanne zufrieden, und danach ist eben Schluß. Aber in der Zwischenzeit leben wir! Wir müssen, denn vor uns liegt keine Ewigkeit, sondern wir haben nur wenig Zeit.« Er sah Peccary einige Sekunden an, dann beruhigte er sich wieder. Seine Stimme wurde etwas sanfter. »Wenn wir Ihre Fabrik zerstört haben, Dr. Peccary, werden wir Sie töten. Es ist die einzige Möglichkeit, absolut sicher zu sein, daß es niemals mehr ein Y-Hormon geben wird.« Er lächelte verständnisvoll. »Nehmen Sie es nicht so tragisch, Doktor. Wenn die Fabrik nicht mehr existiert, werden Sie ohnehin bald alt und sterben. Die kurze Frist, die Ihnen bis zu Ihrer Exekution bleibt, können Sie dazu benutzen, das wirkliche Leben kennenzulernen.« Der Bärtige bückte sich plötzlich und hob Peccary wieder auf die Füße. »Sie haben es bestimmt inzwischen vergessen. Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen, was Leben bedeutet. Ich werde Ihr Gedächtnis auffrischen.«
    Er schob Peccary vor sich her und schob ihn durch die Tür hinaus ins Freie.
    Peccary sah sich um. Er stand auf der flachen Talsohle des Canons, den er schon als Kind gekannt hatte. Er war oft hierher gekommen, zusammen mit Jugendfreunden, um nachts zu zelten. Sie hatten riesige Lagerfeuer entfacht und die Romantik der Vergangenheit wieder aufleben lassen. Das Tal war eine wunderbare Wildnis gewesen, durch die sich ein breiter Bach schlängelte.
    Aber sie hatte sich nun gewandelt.
    Auf der schattigen Seite der Südwand standen gegen vierzig Hütten. Grüne Felder bedeckten die einstige Wildnis; Frauen und Männer arbeiteten darin. Am Bach und in den Felsen spielten Kinder und bauten Burgen. Auf der Veranda einer kleinen Hütte saßen zwei ältere Männer und spielten Schach.
    »Die letzten Sterblichen«, sagte der Bärtige ruhig. »Vielleicht gibt es noch andere Ansiedlungen, aber wir kennen sie nicht. Wenn Sie, Dr. Peccary, erst einmal tot sind, wird diese Kolonie hier die Keimzelle einer neuen Rasse sein. Einer Rasse, deren einzelne Individuen sterben, aber vorher leben werden. Sie fragten mich doch, was wir mit dem Jungen planten, den wir entführten. Sehen Sie – dort ist er.« Er deutete in Richtung der nahen Felswände. Peccary sah Paul sofort. Er kletterte über Baumstämme und ausgetrocknete Bachläufe. Der Bärtige formte mit den Händen einen

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