Heyne Galaxy 06
Spritzen. Der letzte Psychiater hätte zusammen mit dem letzten Werbefachmann verschwinden müssen. Mein Vater hat sich geirrt, Sue. Das weiß ich jetzt. Aber die Hauptschuld trägt dein Vater.«
»Daddy?« rief Sue erschrocken aus. »Was hat denn der damit zu tun?«
Anson lachte humorlos.
»In deiner Familie ist die Robotik Tradition. So wie in meiner eben die Psychologie Tradition war. Einer deiner Vorfahren meldete das erste Patent an, das später entscheidend für die Robotentwicklung wurde. Ihm ist es zu danken, daß sich die Welt veränderte. Ohne ihn lebten wir noch heute wie in den alten Tagen, und es gäbe noch Leute, die schwermütig wären, von Depressionen verfolgt und Traumata …«
»Wie kannst du nur so reden!« unterbrach ihn Sue empört.
»Du weißt so gut wie ich, was die Roboter für uns getan haben und tun. Niemand muß heute noch mit seinen Händen arbeiten, das tun die Roboter für uns. Es gibt keine Kriege mehr! Alles ist im Überfluß vorhanden. Und glaube nur nicht, daß die Entwicklung stillsteht. Gerade Daddy will das nicht.«
»Nein, das nehme ich auch nicht an. Was plant er denn nun schon wieder?«
Sue errötete.
»Dein Ton klingt respektlos, aber du würdest anders sprechen, wenn du Bescheid wüßtest. Vater muß hart arbeiten, er und sein Chefingenieur Mr. Mullet. Sie entwickeln gerade einen Robotpiloten für die Raumfahrt.«
»Davon hörte ich schon. Seit zehn Jahren wird ein entsprechendes Probemodell angekündigt.«
»Es gibt immer Schwierigkeiten, aber früher oder später werden sie beseitigt. Probleme sind da, um gelöst zu werden – das solltest doch gerade du wissen. Nichts ist perfekt, Liebling. Je komplizierter die Modelle werden, um so schneller schleichen sich Fehler ein, die beseitigt werden müssen.«
»Und doch wird versucht, die Perfektion zu erreichen. Überlege doch nur, wohin das führt, Sue. Der Mensch wird überflüssig werden. Zuerst die Arbeiter, heute die Psychiater. Morgen andere Berufe. In zwei oder drei Generationen wird einer den anderen nicht mehr brauchen. Dein Vater – oder sonst jemand – wird den Ultimaten Roboter konstruieren. Einen Roboter, der imstande ist, weitere ultimate Roboter zu bauen und ihnen Befehle zu erteilen. Der erste Schritt dazu wurde bereits getan, Sue. Alle eure Fabriken sind automatisch und produzieren ohne menschliche Wartung. Nun fehlt uns nur noch ein Roboter, der die Stelle deines Vaters einnimmt. Das, Sue, bedeutet das Ende unserer Rasse. Vielleicht werden die Roboter noch einige Menschen leben lassen, um sie als Spielzeug oder Haustiere zu benutzen – aber zum Glück werden wir das nicht mehr erleben.«
»Na also, warum machst du dir dann Sorgen? Genieße das Leben, solange du noch kannst. Wir werden heiraten, und Daddy wird dir einen Job verschaffen, der …«
»Was für einen Job?«
»Er macht dich zum Vizepräsidenten oder so. Du brauchst nicht einmal zu arbeiten.«
»Fein! Eine wunderbare Zukunft!«
»Was ist daran verkehrt? Du solltest glücklich sein, eine solche Chance zu bekommen.«
»Hör zu, Sue. Du verstehst einfach nicht, wie ich fühle und denke. Achtzehn Jahre meines Lebens habe ich auf der Schule verbracht, und weitere sechs mußte ich praktisch arbeiten, ehe ich selbständig werden durfte. Das ist alles, was ich weiß – aber ich kenne jeden Winkel meines Berufs. Ich bin trotzdem ein Psychiater, zu dem niemals ein Patient kam. Einmal wird einer kommen, und darauf habe ich zu warten. Das ist meine Aufgabe und mein Leben. Ich habe keine Lust, untätig herumzusitzen, fett zu werden und Kinder aufzuziehen, die eines Tages von Robotern übernommen werden. Unter diesen Umständen, Sue, will ich dich niemals heiraten.«
Sue begann zu schluchzen.
»Ich bin dir wohl nicht gut genug, das ist es. Oder du hast Schuld- und Minderwertigkeitskomplexe – Dinge also, die du bei anderen heilen möchtest. Du könntest dein eigener Patient sein.«
»Nein, das ist es durchaus nicht«, wehrte sich Anson verbittert. »Ich will wirklich nicht, daß die Welt wieder so wird wie früher, nur damit es Verrückte gibt, die zu mir in die Praxis kommen. Aber ich will auch nicht, daß es so weitergeht wie bisher. Wir streben die Perfektion an, und dagegen habe ich etwas. Wenn sie erreicht wird, werden wir überflüssig. Es gibt dann keine Funktion mehr, die wir zu erfüllen haben. Wer aber überflüssig wird, der stirbt.«
Das Mädchen sah ihn beleidigt an.
»Willst du damit sagen, daß ich auch überflüssig
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