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Heyne Galaxy 12

Heyne Galaxy 12

Titel: Heyne Galaxy 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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schön«, sagte Carmody. »Aber der Haken scheint mir doch zu sein, daß du niemanden hast, mit dem du einen solchen Dialog fuhren kannst.«
    »Das ist natürlich ein Problem«, gab die Stadt zu. »Aber im Augenblick habe ich ja Sie.«
    »Ja, du hast mich«, sagte Carmody und fragte sich, warum ihn bei diesen Worten plötzlich ein ungutes Gefühl beschlich.
    »Und Sie haben natürlich mich«, fuhr die Stadt fort. »Wir helfen uns gegenseitig, denn so sollte eine Beziehung zwischen Stadt und Bürger sein. Etwas anderes käme gar nicht in Frage. Aber jetzt würde ich vorschlagen, mein lieber Carmody, daß Sie sich ein wenig herumführen lassen, ehe ich Sie richtig unterbringe und mit den Regeln vertraut mache.«
    »Ehe du mich was?«
    »Mit den Regeln vertraut mache – das klingt schlimmer, als es ist. Aber so nennt man das doch wohl. Sie werden sicherlich verstehen, daß eine Verbindung, wie wir sie eingehen, für beide Seiten mit gewissen Verpflichtungen verbunden ist. Anders wäre ein solches Verhältnis überhaupt nicht möglich – oder was meinen Sie?«
    »Wenn es nicht eine Laissez-Faire- Verbindung sein soll – nein.«
    »Und gerade das versuchen wir ja zu vermeiden«, fuhr Bellweather fort. »Das Laissez-Faire wird bekanntlich bald zu einer Doktrin für die Gefühle und führt geradewegs zur Anarchie. Wenn Sie jetzt bitte hier entlang kommen würden …«
     
     
    3
     
    Auf diese Weise wurde Carmody mit den Vorzügen Bellweathers eingehend bekannt gemacht. Er besichtigte das Energiewerk, die Wasser-Filteranlage, das Industrieviertel, den großen Kinderspielplatz und das Rathaus. Er besuchte ein Museum und eine Kunstgalerie, einen Konzertsaal und ein Theater, eine Kegelbahn, einen Billardsaal, eine Go-Cart-Rennbahn und ein Kino. Er war bald müde und hatte genug von der ganzen Sache. Aber die Stadt wollte ihm alles zeigen, was sie zu bieten hatte, und so mußte er sich das fünfstöckige Gebäude der America-Express-Company ebenso ansehen wie die portugiesische Synagoge, das Denkmal Buckminster Fullers, die Greyhound-Busstation und noch einige andere Attraktionen.
    Schließlich war es vorüber.
    »Ein kleines Mittagessen?« fragte die Stadt.
    »Prima«, sagte Carmody.
    Die Stadt geleitete ihn in das moderne Cafe Rochambeau, wo er das Essen mit einer Potage au Petit Pois eröffnete und mit Petits Fours enden ließ.
    »Wie wär's zum Abschluß mit einem wunderbaren Stückchen Brie?« fragte die Stadt.
    »Nein, danke«, sagte Carmody. »Ich bin voll. Um ehrlich zu sein – bereits zu voll.«
    »Aber Käse belastet den Magen überhaupt nicht. Vielleicht ein bißchen erstklassigen Camembert?«
    »Ganz unmöglich. Ich schaff's nicht mehr.«
    »Dann sicherlich ein wenig Obst. Das ist immer sehr erfrischend für den Gaumen.«
    »Mein Gaumen ist erfrischt genug«, sagte Carmody.
    »Wenigstens einen Apfel, eine Birne und ein paar Weintrauben…«
    »Danke, nein.«
    »Ein paar Kirschen?«
    »Nein, nein, nein!«
    »Ohne Obst ist eine Mahlzeit nicht vollständig«, sagte die Stadt. »In frischem Obst sind wichtige Vitamine.«
    »Dann werde ich ohne sie auskommen müssen.«
    »Vielleicht eine halbe Orange, die ich Ihnen gern vorher schäle. Zitrusfrüchte lassen sich immer essen.«
    »Ganz ausgeschlossen.«
    »Nicht einmal eine Viertelorange? Auch nicht, wenn ich sie vorher entkerne?«
    »Unmöglich!«
    »Ich wäre sehr glücklich, wenn Sie doch ein Stückchen Obst nehmen würden«, sagte die Stadt. »Wissen Sie, ich strebe immer nach Vollkommenheit, und keine Mahlzeit ist vollkommen ohne ein bißchen Obst.«
    »Nein! Nein! Nein!«
    »Schon gut. Sie brauchen sich nicht gleich so aufzuregen«, sagte die Stadt. »Wenn Sie das, das ich auftrage, nicht mögen, ist das Ihre Sache.«
    »Aber wer hat denn das gesagt? Natürlich hat mir das Essen geschmeckt!«
    »Und dann wollen Sie kein Obst nehmen, wem es Ihnen so geschmeckt hat?«
    »Jetzt reicht's!« sagte Carmody. »Gib mir ein paar Weintrauben.«
    »Aber ich will Ihnen nichts aufdrängen.«
    »Du drängst mir gar nichts auf. Gib her, bitte.«
    »Sind Sie ganz sicher?«
    »Her damit!« brüllte Carmody.
    »Hier«, sagte die Stadt und brachte eine wunderbare Muskatellertraube, die Carmody großartig schmeckte.
    *
    »Entschuldigen Sie«, sagte die Stadt. »Aber was machen Sie da?«
     Carmody fuhr auf und öffnete die Augen. »Ich will ein wenig schlafen«, erwiderte er. »Was soll die Frage? Hast du etwas dagegen?«
    »Warum sollte ich etwas dagegen haben? Schlaf ist die

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