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Heyne Galaxy 12

Heyne Galaxy 12

Titel: Heyne Galaxy 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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wichtigere Dinge, über die wir uns unterhalten könnten«, unterbrach ihn die Stadt hastig. »Haben Sie sich schon überlegt, welchen Beruf Sie ausüben möchten?«
    »Ich habe eigentlich noch keine Gelegenheit zum Nachdenken gehabt.«
    »Nun, ich habe darüber nachgedacht. Es wäre nett, wenn Sie Arzt würden.«
    »Arzt? O nein. Dazu müßte ich ein spezielles Studium absolvieren, das wäre viel zu umständlich.«
    »Aber ich kann das alles einrichten«, sagte die Stadt.
    »Kein Interesse.«
    »Nun … wie wäre es dann mit Jura?«
    »Kommt gar nicht in Frage.«
    »Ingenieur ist auch ein sehr aussichtsreicher Beruf.«
    »Kommt für mich ebenfalls nicht in Frage.«
    »Wie steht's dann mit einer Ausbildung als Buchhalter?«
    »Ausgeschlossen!«
    »Was würden Sie denn gern sein?«
    »Düsenpilot«, sagte Carmody impulsiv.
    »Machen Sie keine Witze!«
    »Ich meine es ganz ernst.«
    »Ich habe nicht einmal einen Flugplatz hier.«
    »Dann werde ich eben woanders herumfliegen.«
    »Sie sagen das doch nur, um mich zu ärgern.«
    »Das würde mir niemals einfallen«, sagte Carmody. »Ernsthaft, ich möchte gern Pilot sein. Das habe ich schon immer gewollt – wirklich!«
    Die Stadt schwieg eine Zeitlang, ehe sie sagte: »Ganz wie Sie wollen.« Und ihre Stimme war erschreckend tonlos, so wie sie Carmody noch nie gehört hatte.
    *
    »Wohin gehen Sie?«
    »Oh, nur spazieren«, erwiderte Carmody.
    »Abends um halb zehn?«
    »Na und? Warum nicht?«
    »Ich glaubte, Sie wären müde.«
    »Das ist schon einige Zeit her.«
    »Ich verstehe. Aber ich habe mir gedacht, daß Sie sich vielleicht ein wenig hierher setzen und wir uns ein wenig unterhalten könnten.«
    »Wie wär's, wenn wir uns nach meiner Rückkehr unterhielten?« fragte Carmody.
    »Nein, es ist nicht weiter wichtig«, sagte die Stadt.
    »Mein Spaziergang ist auch nicht wichtig«, sagte Carmody und setzte sich. »Komm, wir unterhalten uns.«
    »Ich habe keine Lust mehr zum Unterhalten«, sagte die Stadt. »Bitte, gehen Sie spazieren.«
     
    5.
    »Nun, dann gute Nacht«, sagte Carmody.
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte ›Gute Nacht‹.«
    »Sie wollen schlafen gehen?«
    »Natürlich. Es ist spät, und ich bin müde.«
    »Sie wollen jetzt schlafen?«
    »Ja, warum nicht?«
    »Es spricht natürlich nichts dagegen«, sagte die Stadt. »Aber Sie haben vergessen, sich zu waschen.«
    »Oh… ich werde mich morgen baden.«
    »Wann haben Sie zum letztenmal gebadet?«
    »Das ist ziemlich lange her. Schon gut, ich werde gleich morgen früh baden.«
    »Glauben Sie nicht, daß Sie sich besser fühlen würden, wenn Sie jetzt …«
    »Nein.«
    »Und wenn ich Ihnen das Wasser einlaufen lasse?«
    »Nein, verdammt! Nein! Ich gehe jetzt schlafen!«
    »Lassen Sie sich nicht abhalten«, sagte die Stadt. »Waschen Sie sich nicht, lernen Sie nichts, kümmern Sie sich nicht um Ihre Ernährung. Aber geben Sie mir hinterher auch nicht die Schuld!«
    »Die Schuld geben: Wofür?«
    »Für – alles«, sagte die Stadt.
    »Jaja. Aber hattest du nicht etwas ganz Bestimmtes im Sinn? Wofür?«
    »Ist nicht weiter wichtig.«
    »Warum hast du dann überhaupt davon angefangen?«
    »Ich habe nur an Sie gedacht«, sagte die Stadt.
    »Das ist mir bewußt.«
    »Dann wissen Sie auch, daß es mir im Grunde egal sein kann, ob Sie sich waschen oder nicht.«
    »Natürlich.«
    »Wenn man sich um jemanden richtig sorgt«, fuhr die Stadt fort, »hat man es nicht gern, angeflucht zu werden.«
    »Ich.. ich war eben ein bißchen nervös.«
    »Das muß am Rauchen liegen.«
    »Mein Gott, fang bitte nicht schon wieder an!«
    »Keine Sorge«, sagte die Stadt. »Qualmen Sie ruhig wie ein Schlot. Was geht's mich an?«
    »Ganz recht«, sagte Carmody und zündete sich eine Zigarette an.
    »Aber ich habe versagt«, meinte die Stadt.
    »Nein, nein«, widersprach Carmody. »Sag das nicht!«
    »Vergessen Sie's«, sagte die Stadt.
    »In Ordnung.«
    »Manchmal bin ich eben übereifrig.«
    »Klar.«
    »Und es fällt mir besonders schwer, weil ich doch recht habe. Ich habe nämlich recht, wissen Sie.«
    »Ich weiß«, sagte Carmody. »Du hast recht, du hast recht, du hast immer recht. Recht recht recht recht recht…«
    »Regen Sie sich nicht auf«, sagte die Stadt. »Möchten Sie gern ein Glas Milch?«
    »Nein.«
    »Bestimmt nicht?«
    Carmody stützte den Kopf in die Hände. Er fühlte sich seltsam. Er fühlte sich schuldbeladen, schmutzig, unsicher, krank und verkommen. Kurz – er fühlte sich ausgesprochen schlecht, und daran würde sich

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