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Heyne Galaxy 12

Heyne Galaxy 12

Titel: Heyne Galaxy 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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die Umstände!« schnaubte Grey. »Sie wissen ganz genau, was ich meine! Es springt einem ja direkt in die Augen! Dieser Wirtschaftsbericht ist ein brillanter Betrug, ausgeführt von einem der geschicktesten Marktbeeinflusser, die es jemals gegeben hat. Ein bestimmter Umstand ist verräterisch für den geheimnisvollen Autor. Sie wollen doch nicht etwa sagen, daß Sie nicht wissen …?«
    Die Nervosität, die Casson nach seinem eindrucksvollen Vortrag überwunden geglaubt hatte, kehrte mit einem Schlag zurück. Langsam schüttelte er den Kopf.
    »Dann sind Sie leichtgläubiger, als ich angenommen hatte«, schnappte Grey. »Vielleicht sollte ich mir ernsthaft überlegen, meine Vertretung einem anderen anzuvertrauen. Verdammt, Mann! Überlegen Sie doch mal! Alle diese Wirtschaftsberichte folgen dem gleichen Schema. Sie enthalten jeweils ein Körnchen Wahrheit – das infizierte Fleisch, die arsenvergiftete Farbe – Tatsachen, die jedem zugänglich sind, der die richtigen Informationsquellen kennt. Ich möchte wetten, daß ich aus dem Kopf etwa zwanzig Tatsachen aufzählen könnte, die sich für verschiedene Hersteller von Haushaltswaren katastrophal auswirken würden! Dazu könnte ich mühelos weitere ähnliche Geschichten erfinden und diese mit eindrucksvollen Statistiken anreichern, die keiner beweisen oder widerlegen kann, die aber von dem Kernpunkt ablenken. Und ich wette, daß das die Arbeitsmethode des Unbekannten ist. Wenn ich dann die Suppe richtig angerührt habe, würze ich das Ganze mit einem kleinen Bonbon über eine Gesellschaft, die besonders empfindlich ist – wie zum Beispiel Lupton & White. Das Ergebnis ist das erklärte Idealziel jedes Marktforschers, die tatsächlich eintretende Vorhersage.«
    Casson sagte: »Aber …«
    »Aber was?« fragte Grey und fuhr fort: »Jetzt sind Sie an der Reihe. Was halten Sie von dem Mann, der diesen Unsinn verzapft?«
    »Nun …«
    »Sie sehen ihn wohl als öffentlichen Wohltäter an, der die Aufmerksamkeit auf gefährliche Produkte lenkt – der die Öffentlichkeit davor bewahrt, krank zu werden, sich die Finger abzuschneiden oder bei einem Unfall getötet zu werden? Warum kümmert er sich dann nicht um die wirklich großen Gesellschaften, die seinen Beschwerden wirklich nachgehen könnten? Direkt oder indirekt kontrolliere ich etwa sechzigtausend Arbeitnehmer, stimmt's? Ich könnte also morgen früh hundert oder zweihundert Leute einstellen und nachprüfen lassen, warum so und so viele Autos mit Ultrac-Reifen im letzten Monat in Verkehrsunfälle verwickelt wurden oder warum dreizehn Hausfrauen in Wunderwirbel-Waschmaschinen ums Leben gekommen sind.«
    »Würden Sie das wirklich«? fragte Casson.
    »Würde ich was?«
    »Würden Sie wirklich Leute einstellen, um eine solche Anschuldigung zu überprüfen? Als vor einiger Zeit die Wagentests einer großen Zeitschrift ergaben, daß Ultrac-Reifen wenig rutschfest sind und sich bei hoher Geschwindigkeit leicht von der Felge lösen…«
    »Jaja – da hab' ich Fanny Adams ein kleines Schmiergeld gezahlt, stimmt. Was hätte ich machen sollen? Jeder Reifen zeigt Mängel, wenn man ihn hart genug fährt! Und was hat sich durch die Tests geändert? Gar nichts. Ultrac-Reifen lassen sich gut verkaufen, weil sie billig sind und in der Werbung gut ankommen. Verbrauchertests nehmen vielleicht Einfluß auf hunderttausend Käufer im ganzen Land – aber es geht um Millionen und Abermillionen von Leuten. Das sind die Tatsachen der Wirtschaft, Casson. Ich habe den Markt und seine Gewohnheiten nicht geschaffen und fühle mich ebensowenig verantwortlich für die Menschen, die ihn bilden. Aber Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet: Sind Sie etwa der Meinung, daß der Herausgeber dieser Wirtschaftsberichte ein Ritter in schimmernder Rüstung ist, der gegen gefährliche Gebrauchsgüter zu Felde zieht? Für so naiv halte ich Sie eigentlich nicht.«
    Fassungslos vernahm Casson die verächtlichen Worte, die ihn erröten ließen. Er war über fünfzig und galt auf seinem Gebiet als qualifizierter Fachmann. Aber Grey hatte etwas an sich, das in ihm jedesmal einen Widerstreit der Gefühle erzeugte. Vielleicht war es das, was die bewundernden Klatschkolumnisten offen als Rücksichtslosigkeit bezeichneten; vielleicht lag es auch nur daran, daß Greys unverhohlene Gier ihn für die Sehnsüchte der Leute, die seine Produkte kauften, besonders empfindlich machte. Er hatte mit Haushaltswaren angefangen, wobei er sehr schnell die Entdeckung

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