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baltischen Staaten würde man vorzeitig mit den reizbaren Sowjets zusammenprallen. Die Schweiz wird mal wieder durch ihren Ruf als uneinnehmbare Festung gerettet, noch mehr als durch ihre Neutralität. Der Kreis hat sich also verkleinert und umfasst jetzt eine Zone, die aus nur zwei Ländern besteht: Hitler verkündete, das erste Ziel müsse sein, «die Tschechei und gleichzeitig Österreich niederzuwerfen, um die Flankenbedrohung eines etwaigen Vorgehens nach Westen auszuschalten» . Wie man sieht, hatte Hitler kaum sein erstes Ziel im Visier, und schon dachte er darüber nach, den Kreis zu vergrößern.
Abgesehen von den zwei Vollblut-Nazis Göring und Raeder traf Hitlers Zuhörerschaft vor Schreck fast der Schlag, für Neurath galt das im wörtlichen wie übertragenen Sinne, denn er erlitt in den Tagen nach der Verkündung dieses brillanten Programms mehrere Herzanfälle. Blomberg, Reichskriegsminister und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, und Fritsch, Oberbefehlshaber des Heeres, protestierten mit einer Vehemenz, die so gar nicht den Sitten des Dritten Reiches entsprach, gegen Hitlers Pläne. 1937 wähnte sich die alte Armee noch stark genug, den Diktator in Schach zu halten, dem sie unvorsichtigerweise geholfen hatte, die Macht an sich zu reißen.
Man hatte Hitler völlig verkannt, und Blomberg und Fritsch sollten ihn noch gründlich kennenlernen.
Kurz nach jener aufrüttelnden Konferenz musste Blomberg, der in zweiter Ehe seine Sekretärin geheiratet hatte, zu seinem Verdruss miterleben, wie enthüllt wurde, dass seine deutlich jüngere Frau eine ehemalige Prostituierte war (vermutlich wusste er es auch schon längst). Der Skandal nahm Riesenausmaße an, und in den Ministerien kursierten Nacktaufnahmen seiner Frau. Couragiert lehnte Blomberg eine Scheidung ab, doch er wurde mit sofortiger Wirkung entlassen. Von jeglicher militärischen Verantwortung befreit, blieb er seiner zweiten Frau bis zum Ende treu, das heißt bis 1946, als er in Nürnberg verstarb, während er auf seinen Prozess wartete.
Fritsch wurde Opfer einer noch heikleren Intrige, die, wie könnte es anders sein, von Heydrich gekonnt inszeniert wurde.
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Heydrich spielt, wie Sherlock Holmes, Geige (aber besser). Und wie Sherlock Holmes befasst er sich mit kriminalistischer Spürarbeit. Im Gegensatz zum Meisterdetektiv möchte er dabei aber der Wahrheit nicht auf den Grund gehen, im Gegenteil, er erfindet seine eigene.
Seine Mission besteht darin, General von Fritsch, Oberbefehlshaber des Heeres, zu kompromittieren. Man braucht nicht Chef des Sicherheitsdienstes zu sein, um über Fritschs anti-nationalsozialistische Tendenzen Bescheid zu wissen, denn der hat nie ein Geheimnis daraus gemacht. 1935 hörte man ihn in Saarbrücken auf offener Tribüne sarkastisch über die SS, die NSDAP und mehrere ihrer ranghohen Mitglieder herziehen. Es dürfte ein Leichtes sein, sich eine Verschwörung auszudenken, die Fritsch angeblich angezettelt hat.
Doch Heydrich hat etwas weitaus Demütigenderes für den alten Freiherrn im Sinn. Er weiß, mit welcher Überheblichkeit sich die preußischen Aristokraten ihrer aufrechten Moral rühmen, und er weiß auch, wie empfindlich sie in diesem Punkt sind. Daher beschließt er, Fritsch nach dem Vorbild von Blomberg in einen Sittenskandal zu verwickeln.
Im Gegensatz zu Blomberg ist Fritsch anscheinend ein eingefleischter Junggeselle. Heydrich entscheidet, dort anzusetzen. Der Angriffspunkt bei einer solchen Lebensweise ist offensichtlich. Um ein Dossier zu erstellen, wendet sich Heydrich an den extra zu diesem Zweck eingerichteten Zweig der Gestapo, die «Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibungen».
So stößt er auf folgende Geschichte: Ein halbseidenes Männlein, das den Polizeikräften aufgrund seiner erpresserischen Aktionen gegenüber Homosexuellen wohl bekannt ist, behauptet, Fritsch in einer düsteren Gasse nahe dem Potsdamer Bahnhof gesehen zu haben, wo dieser angeblich mit einem gewissen «Bayernsepp» herumgefummelt habe. Unglaublicherweise scheint die Geschichte wahr zu sein, bis auf ein klitzekleines Detail: Besagter Fritsch ist eigentlich der pensionierte Rittmeister von Frisch, dessen Name allerdings falsch geschrieben wurde, doch das ist in Heydrichs Augen nicht von Bedeutung. Die Tatsache, dass es sich um einen Kavallerieoffizier handelt, also um einen Armeeangehörigen, begünstigt die Verwechslung, zumal der kleine Erpresser unter dem Druck der Gestapo sicherlich jeden
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