Hibiskussommer

endlich eingerichtet und sich das alles glücklich aufgebaut, da komme ich, schmolle die meiste Zeit, knalle mit den Türen, rede wochenlang kaum ein Wort und dann schleppe ich noch eine streunende Katze an, die gerne auf den Fußboden pinkelt.
    Und da ich schon beim Thema bin (bei Tally, nicht bei der Katzenpisse), will ich noch hinzufügen, dass es mich ärgert, wie sich meine Eltern immer über sie lustig gemacht haben. Gut, sie ist vielleicht ein bisschen seltsam und in mancher Beziehung vielleicht sogar mehr als nur ein bisschen seltsam, aber ehrlich, was soll die Aufregung?
    Denn sie ist echt nett und großzügig und verständnisvoll und freundlich, ganz zu schweigen davon, dass ihre Tür offen stand, als meine Eltern mir ihre vor der Nase zugeknallt haben. Und vom ersten Tag an hat sie mir zu verstehen gegeben, dass sie für mich da ist, wenn ich sie brauche, dass sie mich aber nicht drängt, wenn ich es nicht will. Und die einzige Regel, die es in diesem Haus gibt, ist, dass wir uns gegenseitig respektieren.
    So ist es!
    Keine festen Zeiten, zu denen ich zu Hause sein muss.
    Keine Pflichten im Haushalt.
    Keine Regeln nur um der Regeln willen.
    Ja, vielleicht ist sie genau das Gegenteil von meinen Eltern, aber ich fange an zu glauben, dass das gar nicht mal so schlecht ist.
    Auf jeden Fall will mir Tassos morgen zeigen, wie man einen Tintenfisch mit bloßen Händen fängt. Offensichtlich ist das gar nicht so einfach, auch wenn es bei ihm so leicht aussieht.
    Aber ich glaube, ich bleibe lieber dabei, mit dem Netz hinterherzuschwimmen, denn darin bin ich mittlerweile ziemlich gut. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich in meinem Lebenslauf wirklich den Vermerk »Erfahrung im Tintenfischfangen« brauche.
    Cruel Summer
    4. Juli
    Also die Griechen feiern den 4. Juli scheinbar nicht. Und bevor ihr jetzt yeah! sagt, will ich euch erklärten, dass das immer mein Lieblingsfeiertag war, denn da grillt man und es gibt ein Feuerwerk und überhaupt war das immer ein so wichtiger, großer Bestandteil meiner Sommerferien, soweit ich mich zurückerinnern kann, dass es wirklich merkwürdig ist (und traurig), wenn ich dieses Jahr nicht auf dieselbe Art feiern kann.
    Aber bevor ihr jetzt auf die Idee kommt, ich sei ein hoffnungsloser Trottel, will ich nur anmerken, dass mir schon klar ist, dass den Griechen unsere Unabhängigkeit von den Briten relativ egal ist. Aber den Grund für ihre Gleichgültigkeit zu verstehen, ändert auch nichts an meinem heftigen Heimwehanfall. Denn ich muss ständig an die tollen Grillabende am Strand und im Garten denken, zu denen meine Freunde alle gehen und wo ich nicht dabei sein kann. Ganz zu schweigen davon, dass ich mir dafür immer einen neuen Bikini gekauft habe, Flip-Flops und so, die ich dann zu diesen Partys anziehen konnte. Aber nachdem ich mir die Läden hier angesehen habe, die nur total langweiligen Kram verkaufen, wird dieses Jahr wohl nichts daraus.
    Aber Tally und Tassos wollen früher von der Arbeit nach Hause kommen, damit sie eine große Party geben können. Ich muss zugeben, als sie mir davon erzählt haben, habe ich geglaubt, sie würden das für mich machen, und habe natürlich protestiert – nein, doch nicht extra meinetwegen, das wäre doch nicht nötig, blablabla … – aber sie haben nur gelacht und gesagt, dass sie das jedes Jahr machen, weil meine Tante nicht die einzige Amerikanerin hier ist (ja, es gibt noch so ein paar Spinner). Also werden sie ein paar Freunde zum Grillen einladen und feiern. Allerdings haben sie mir gesagt, dass es kein Feuerwerk geben wird.
    Also sollte ich zurückgehen und ihnen helfen, aber wenn das zu Hause tatsächlich jemand liest … Fröhlichen 4. Juli!
    Colby
    4. Juli
    An: AmandaStar
    Von: ColbyCat
    Betreff: 4. Juli!
    Hab ewig nichts von Dir gehört, hoffe, es geht Dir gut. Happy 4.! Du gehst bestimmt zum Strand oder Party, also viel Spaß!
    Mail mir (wenn Du kannst)
    Colby
    P. S. Was Neues von Levi? Sag Bescheid!

 
    Colbys Tagebuch für Tage, an denen sich die Dinge auf erstaunliche, überraschende und unerwartete Weise zum Besseren wenden
    5. Juli
    Nach anderthalb Gläsern selbstgemachtem griechischem Wein und mehreren Testschlucken Ouzo on the Rocks (wobei ich mich bei jedem Schluck nur davon überzeugt habe, dass das Zeug wirklich so schrecklich schmeckt, wie ich dachte), ist es zugegebenermaßen vielleicht nicht der beste Zeitpunkt, über dies hier oder auch über irgendetwas anderes zu schreiben, aber ich fürchte, wenn ich bis